Geklont
des Alters in sich selbst bewußt zu sein, denn man wird innerlich älter, selbst wenn die Rejuvenilisierung das physische Alter mehr oder weniger konstant hält.
Die Veränderung, die die Rejuvenilisierung in der menschlichen Psyche bewirkt hat, ist insofern beträchtlich, als der Körper sich ohne sie im Alter von fünfzig Jahren zu verändern beginnt, sich bestimmte Verschleißerscheinungen bemerkbar machen und in den nächsten zwanzig oder dreißig Jahren so schwerwiegend werden, daß die Körperfunktionen gestört sind. Das ist der natürliche Altersprozeß, der zu einem natürlichen Tod im Alter zwischen sechzig und hundertzehn Jahren, abhängig von den Genen und dem Milieu, führen würde.
Bei Individuen ohne Rejuvenilisierung bewirkt die zwanzig bis dreißig Jahre dauernde Periode des Nachlassens aller Körperfunktionen, gefolgt von einer Periode herabgesetzter Funktionstüchtigkeit und degenerativer Krankheiten beträchtliche psychologische Veränderungen. In Zeitaltern, als Rejuvenilisierung noch unmöglich war, oder an Orten wie Gehenna, wo keine Rejuvenilisierung zur Verfügung stand, fand eine soziologische Anpassung an den Umstand statt, daß ein großer Anteil der Bevölkerung diesen langsamen Verlust der körperlichen und in einigen Fällen auch geistigen Fähigkeiten durchmachte. Zuweilen gibt es Institutionen oder Sitten, die dieser Bevolkerungsschicht Unterstützung sichern, auch wenn solche Maßnahmen historisch gesehen für die Individuen, die sich mit der psychologischen Gewißheit konfrontiert sahen, daß dieser Prozeß begonnen hatte, nicht immer das Optimum darstellten oder Grund zur Zufriedenheit gaben. Mit Hilfe der Rejuvenilisierung haben wir unsere Lebenszeit ein wenig über den natürlichen Tod hinaus verlängert und in meiner Zeit im statistischen Mittel eine Lebenserwartung von hundert bis hundertvierzig Jahren erreicht - wobei zu bedenken ist, daß die Rejuvenilisierung noch immer eine verhältnismäßig junge Entwicklung darstellt und der Wert zunehmen könnte. Aber die Rejuvenilisierung war eine Entdeckung Cyteens und stand erstmals der Generation meiner Mutter zur Verfügung, und die soziologischen Umstellungen gingen während meiner Jugendzeit noch immer mit rasanter Schnelligkeit vor sich; Schlüsselwort: Altern, Schlüsselwort: Olga Emory, Schlüsselwort: These.
Zu der Zeit, da ich diese Notizen schreibe, besteht die Hauptveränderung nicht so sehr in der Verlängerung des Lebens, obwohl das grundlegende Auswirkungen auf Familienstrukturen und das Gesetz hatte, was sich der Tatsache verdankt, daß die meisten Menschen jetzt für ein Jahrhundert oder mehr in der Nähe ihrer Eltern leben und häufig zu finanziellen Teilhabern an ihrem Erbe werden, so daß eine direkte Erbfolge, wie das auf dich zutrifft, ziemlich selten vorkommt: Ein Erbe wird heute normalerweise allmählich übernommen, als unmittelbar von der einen an die andere Person zu fallen.
Die Hauptveränderung besteht im Zusammenfallen großer Lebenserfahrung mit einer ausgezeichneten Gesundheit und Vitalität. Die Phase des Verfalls ist normalerweise kurz, oft unter zwei Jahre, und häufig bleibt ein erkennbarer Verfall aus. Der Tod ist viel eher zu einem plötzlichen Ereignis geworden; ab hundertvierzig lebt man mit der Erwartung, bald zu sterben, weil man aber von den depressiven Auswirkungen einer degenerativen Krankheit verschont bleibt, sondern das Ende einer begrenzten Zeitspanne vor sich sieht, betrachtet man den Tod als eine schreckliche Katastrophe oder, was sehr verbreitet ist, mit einer › Mich-betrifft-das-nicht ‹ -Haltung, die früher einmal für viel jüngere Menschen typisch war.
Ich schweife nicht ohne Grund ab. Ich kann nicht Vorhersagen, in welchem Alter man in deiner Zeit und deiner Epoche als alt gilt. Ich weiß aber, daß dieses Gefühl der Beschränktheit seit der Anfangszeit Reseunes besteht, was an der besonderen Natur unserer Arbeit liegt, die so langsam vorangeht und menschliche Lebensspannen umfaßt. In meinen Siebzigern erlebte ich, wie ein Experiment gestartet wurde, dessen Ausgang ich, wie ich wußte, vielleicht nicht erleben würde. Und du vielleicht auch nicht. Aber dieses Wissen ist etwas Fremdes für dich, in deinem Alter.
Denk daran, wenn du deine Lektüre über das Jahr 2345 hinaus fortsetzt.
Veränderungen treten ein. Deshalb habe ich dafür gesorgt, daß bestimmte Schlüsselwort-Bereiche in meinem Tagebuch von dem Jahr 2362 an langsamer zugänglich sind, was von einer
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