Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
Vom Netzwerk:
dieses Botschaftszeugs mit über den Fluss genommen. Er hat doch ein Dutzend Leute da drüben. Was machen die denn den ganzen Tag lang?«
    »Köder ist was ganz anderes. Ravenscroft weiß nichts davon.«
    »Heißt das, dass Ravenscroft und seine Leute versetzt wurden, weil sie kompromittiert waren?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Kann ich nicht sagen.
    Botschaftsinfiltrierung ist ein Geschäft, bei dem man sich leicht kompromittieren kann. Das weißt du doch selbst. Ein

    - 214 -
    Überläufer geht, und die Sicherheitsvorkehrungen werden verschärft, und für einige Zeit wird Ravenscroft das Leben ein bisschen schwerer gemacht.« Er sah mich an. »Aber Köder ist über Ravenscrofts Niveau. Da geht es um wirklich große Summen. Köder ist für die ganz großen Fische.«
    »Von dir erfahre ich in fünf Minuten mehr, als ich im Büro herauskriege, wenn ich ein Jahr lang Fragen stelle.«
    »Weil ich will, dass du aufhörst, Fragen zu stellen«, sagte Bret. Seine Stimme war jetzt fester und nicht mehr so freundlich. »Du stocherst da in Sachen herum, die dich nichts angehen, Bernard. Und du drohst die ganze Operation zu ruinieren.« Er war zornig, und seine zornigen Worte endeten mit einem Husten, so dass er sich auf die Brust klopfen und warten musste, bis er wieder zu Atem kam.
    »Ist das der Grund, weshalb ich hierher geschickt worden bin?«
    »In gewissem Sinn«, sagte Bret. Er räusperte sich.
    »Sag mir nur, ob ich die Sache soweit richtig verstehe«, sagte ich. »Ihr habt eine Menge Firmen und Bankkonten gegründet und angelegt für diese Köder-Geschichte, damit ihr Bargeld herumschicken könnt, ohne dass es bei der Hauptkasse irgendwo auftaucht, nicht?«
    »Botschaften«, sagte Bret. »Osteuropäische Botschaften.
    Nicht viele Leute. Nicht einmal ich weiß alle Einzelheiten. So läuft das. Und so ist es auch sinnvoll. Denn wenn jemand in der Hauptkasse die Akten hätte, würde das alle unsere Quellen in Gefahr bringen.« Ich sah ihn an. »Große Fische, Bernard …«
    »Und Prettyman wusste das alles?«
    »Prettyman wusste nur, was er wissen musste und natürlich was er erraten konnte.«
    »Und wieviel war das?«
    »Darauf kann nur Prettyman selbst dir die Antwort geben.«
    »Und Prettyman ist tot.«
    »Das stimmt«, sagte Bret. »Er ist tot.«

    - 215 -
    »Und du willst, dass ich mir die ganze Sache aus dem Kopf schlage?«
    »Irgendein idiotischer Buchhalter hat seine Zahlen durcheinandergebracht. Panik. Und plötzlich meinte man, wenn Prettyman nach London zurückkäme, könnte er das Durcheinander vielleicht aufklären.«
    »Und nun ist es auch ohne seine Hilfe aufgeklärt?«
    »Ein Fehler in der Buchhaltung. So was kommt gelegentlich vor.«
    »Okay, Bret. Kann ich jetzt gehen?«
    »Trotz ist hier nicht am Platz«, warnte mich Bret. »Diese Geschichte geht dich einfach nichts an. Ich will nicht, dass du darin herumschnüffelst. Ich bitte dich, die Finger davon zu lassen, weil da Menschenleben auf dem Spiel stehen. Wenn du zu blöde bist, das einzusehen …«
    »Was dann?«
    »Das hier ist offiziell«, erwiderte er. »Es ist nicht nur meine persönliche Bitte an dich, sondern eine dienstliche Anordnung.«
    »Also, so weit war ich auch schon«, sagte ich. »Mein Gepäck wurde nicht durchsucht, weil man hoffte, irgendwas zu finden. Dafür bin ich zu lange im Geschäft. Der aufgegebene Koffer wurde durchsucht, um mir klarzumachen, dass die himmlischen Heerscharen auf deiner Seite sind, stimmt’s? War das deine Idee, Bret? Hast du die Londoner Zentrale gebeten, mich zu filzen? War es Harry Strang? Harry ist doch geeignet für so was. Zäh, tüchtig und erfahren genug, um eine solche Kleinigkeit zu arrangieren. Und außerdem kurz vor der Pensionierung, so dass er kaum in die Versuchung kommen kann, mir einen Tip zu geben. Stimmt’s?«
    »Du bist dir selbst dein schlimmster Feind, Bernard.«
    »Nicht, solange du in der Nähe bist, Bret.«

    - 216 -
    »Überleg’s dir gut. Überschlafe es. Aber vergiss dabei nicht, was auf dem Spiel steht.« Er wandte die Augen von mir ab und begann abermals, an seinem Übungsfahrrad herumzuspielen.
    »Unschuldige Menschenleben, meinst du?« fragte ich sarkastisch. »Oder meine Stellung?«
    »Beides, Bernard.« Jetzt war er stur. Die Maske des wohlmeinenden Ehrenpräsidenten des Unterstützungsfonds war gefallen. Der wahre Bret kam zum Vorschein und fixierte mich mit stählernem, verächtlichem Blick.
    »Hast du Jim Prettyman auch so ein Ultimatum gestellt?«
    fragte ich. »War er

Weitere Kostenlose Bücher