Gelbe Rosen
das schon eine Weile dauern. Damals konnte
man mit einem Auto in nur drei Stunden da sein. Doch ohne Sauerstoff
fuhren auch die Autos nicht mehr. Ein Fahrrad wäre hilfreich.
Hat einer von euch ein Fahrrad?“
Sie schüttelten beide
den Kopf.
„ Na,
wie auch immer, einige Wochen ist man schon unterwegs. Ich habe es
beim letzten Mal in drei geschafft. Und ich verbrauchte an die
zwanzig OxyBag-Füllungen hin und zurück. Doch auch hier
gilt: Wenn man genug Geld hat, kann man`s schaffen. Habt ihr
Geld?“
Sie schüttelten wieder die Köpfe.
„ Oh
je. Na, es wäre auch zu schön gewesen. Wartet halt noch ein
paar Jahre. Arbeitet, verdient genug Geld und dann … macht
euch auf und davon. Und vielleicht ist es dann in Mexiko schon fast
wieder wie früher.“
♣
„Wieso
hast du ihn so über Mexiko ausgefragt? Hast du etwa vor,
wirklich dahin abzuhauen?“, fragte Penelope Flynn auf dem
Heimweg durch die Grottengänge.
„Ich stelle mir Mexiko
einfach traumhaft vor. Hast du gehört, was Phil gesagt hat? Dort
scheint sogar die Sonne.“
„Aber du kannst nicht
einfach gehen. Was wird denn dann aus mir?“
„Na, dich
nehme ich mit.“
„Wirklich?“, fragte Penelope
gerührt.
„Na klar. Ohne dich gehe ich nirgendwo hin.“
„ Aber
woher sollen wir denn das Geld bekommen? Phil hat auch gesagt, dass
man unbedingt eine Menge Geld braucht. Sonst schafft man es
wahrscheinlich nicht mal aus der Stadt heraus. Und was ist, wenn sie
uns aufhalten? Wenn sie uns beim Abhauen erwischen und
einsperren?“
„Wir werden einfach Phil fragen, wie er
es geschafft hat. Wir werden uns alles notieren und gut planen. Aber,
Penelope, werden wir es uns jemals verzeihen können, nicht
gegangen zu sein? Hier wird es doch nur immer schlimmer.“
„ Und
du willst dahin für immer? Ich weiß nicht, ob ich das
kann. Was wird aus meinem Dad?“
„Denk einfach mal
darüber nach. Ich erkundige mich unauffällig über ein
paar Sachen. Und ich werde noch einmal mit Phil reden.“
„Gut,
ich werde es mir überlegen.“
Sie hatten die
MetroSleeves erreicht und durften nun nicht mehr über dieses
Thema sprechen.
Penelope umarmte Flynn zum Abschied ganz fest und
wusste jetzt schon, was ihre Antwort sein würde.
♣
Zwei Monate
später trafen sich Penelope und Flynn im Morgengrauen, beide
einen großen Rucksack auf dem Rücken.
Mit BioTabs und
mehreren OxyBag-Sauerstoffflaschen ausgerüstet waren sie bereit.
Phil und seine Leute hatten gesammelt und ihnen genug Geld
gegeben, um damit bis nach Mexiko zu kommen. Penelope hatte außerdem
einen wertvollen Ring ihrer Mutter verkauft – sie hätte es
bestimmt so gewollt – um in Mexiko über die Runden zu
kommen. Flynn hatte ebenfalls sein gesamtes Erspartes dabei.
Penelope hatte das
Lexikon vor ein paar Tagen heimlich in den Untergrund gebracht und
der kleinen Bibliothek dort gespendet. Ein letztes Mal hatte sie an
den gelben Rosen gerochen.
Ihrem Dad hatte sie einen Brief
hinterlassen. Sie hoffte, er würde es verstehen.
Hand in Hand standen
sie vor dem Ausgang nach draußen, setzten sich ihre
Sauerstoffmasken auf und traten einen Schritt hinaus.
Penelope
sah Flynn an, der mutig ihre Hand drückte und lächelte.
Sie wussten nicht,
was sie erwartete, doch sie erhofften sich eine heilere Welt, so wie
sie sie aus den Erzählungen von damals kannten. Sie erhofften
sich eine Welt, in der Blumen blühten und Obst an Bäumen
wuchs. Wo die Sonne schien. Und wo man irgendwann wieder frei atmen
konnte.
Penelope dachte an
das Foto ihrer Mutter, das, auf dem sie mit ihren Geschwistern und
ihrem Hund fröhlich auf einer Blumenwiese herumgetollt war.
Das
war es, was Penelope wollte, für sich und die Kinder, die sie
eines Tages haben würde.
Penelope drückte
Flynns Hand zurück und atmete tief durch. Und gemeinsam ließen
sie die Welt, die sie kannten, hinter sich und taten einen ersten
Schritt in die Zukunft und in eine neue Welt.
Ende
Lesen
Sie auch: Rosa Rosen
Deutschland, 1935. Das jüdische Mädchen
Abigail verlässt mit 13 Jahren seine Heimat, um mit seiner
Familie nach Amerika auszuwandern, das Land der großen
Hoffnung.
Schweren Herzens muss Abigail sich von ihrer besten
Freundin Rachel trennen, mit der sie so gerne in ihrem Rosengarten
saß.
Während Abigail in New York ein neues und besseres
Leben beginnt, geht Rachel im Nazi-Deutschland durch die Hölle.
Nur durch die Briefe, die die beiden Mädchen sich
schreiben, können sie weiterhin am Leben der anderen teilhaben,
während sie
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