Gelbe Rosen
Oxy-Kunde
mussten sie mit dem Fahrstuhl hinunterfahren in die Turnhalle, wo sie
Karate lernten.
Danach war Mittagspause.
Penelope stellte sich in
die Schlange an der Essensausgabe, wo sie ihr BioMeal abholte. Dieses
bestand aus mehreren BioTabs, die erwärmt worden waren. Sie
bestellte Kartoffelpüree, Hähnchen und Broccoli.
Penelope aß all diese unterschiedlichen
Geschmacksrichtungen schon ihr Leben lang. Niemals wäre sie auf
die Idee gekommen, dass sich hinter ihnen etwas anderes versteckte
als das, was sie für sie waren: der Geschmack der BioTabs, der
einzigen ihr bekannten Nahrungsform.
Nie hatte sie sich Gedanken
darüber gemacht, was ein Broccoli oder ein Hähnchen
wirklich war. Doch jetzt … sie dachte an die Erzählungen
ihrer Mutter. Konnte es sein, dass Broccoli, Kartoffelpüree und
Hähnchen auch Pflanzenarten waren?
Sie würde ihre Mommy
später danach fragen.
Wie sie so darüber nachdachte, fragte B133 sie:
„Hey, P327, was ist denn heute los mit dir? Worüber denkst
du nach?“
Obwohl sie wusste, dass sie eigentlich nichts
sagen durfte, war die Versuchung einfach zu groß. Und so
erzählte sie B133 von den unglaublichen Dingen. Sie sagte ihr,
sie dürfe auf keinen Fall etwas davon weitererzählen, es
sei ein Geheimnis. Aber sie wusste, sie konnte B133 vertrauen, sie
waren schließlich Freundinnen. Sie würde sie schon nicht
verraten.
Am Ende des Schultages wusste die ganze siebte Etage
Bescheid. Alle tuschelten hinter vorgehaltenen Händen. Miss
Bedingfield sah Penelope böse an, und als ihre Mommy sie abholen
kam, bat die Lehrerin sie um ein Gespräch unter vier Augen.
Als Jennifer aus dem Klassenzimmer kam, nahm sie
Penelopes Hand und sie gingen. Penelope machte sich Sorgen, denn ihre
Mommy sah gar nicht gut aus. Sie sah sogar ängstlich aus. B133
hatte doch hoffentlich nichts ausgeplaudert?
„ Mommy, ist
etwas passiert?“
Sie sah streng zu ihr runter. „Du
hast es mir versprochen, Penelope. Du durftest es nicht weitersagen,
und du hast es trotzdem getan!“
Oh je.
„Es tut mir
leid, Mommy. Ich habe es nur einer einzigen Freundin gesagt, und sie
hat mir versprochen, es nicht weiterzusagen.“
„Wie
kannst du denken, dass sie ihr Versprechen hält, wenn du deins
nicht einmal halten konntest?“
Jetzt fing Penelope an zu weinen.
„Ich hätte
es dir niemals anvertrauen dürfen. Ich hätte es besser
wissen müssen“, sprach Jennifer vor sich hin.
Während
der Fahrt in der Schwebebahn sowie dem weiteren Heimweg durch die
MetroSleeves redete sie kein Wort mehr mit ihrer Tochter. Sie machte
sich große Sorgen. Und sie konnte nur hoffen, dass Miss
Bedingfield ihre Drohung, den Vorfall zu melden, nicht wahr machte.
♣
Zu Hause setzte sich Penelope in ihr Kinderzimmer und
machte Mathe-Hausaufgaben. Jennifer saß steif am Küchentisch.
Wäre Penelope jetzt zu ihr gegangen, hätte sie gesehen, wie
ihr Tränen die Wangen hinunter rannen.
Es klingelte.
Normalerweise lief Penelope immer ganz
schnell zur Tür, um auf dem kleinen Bildschirm zu sehen, wer
draußen stand. Doch diesmal blieb sie still auf ihrem Platz
sitzen.
Sie hörte, wie ihre Mommy die Tür öffnete
und dann hörte sie Lärm. Mehrere Männerstimmen.
Weinen.
Sie ging langsam zur Tür und sah durch den
Türschlitz in den Flur. Drei Patrols hielten ihre Mommy fest,
die versuchte, sich zu wehren und ihnen zu entkommen.
Sie legten
ihr Handschellen an, einer schlug ihr ins Gesicht.
„ Mommy!“,
schrie Penelope.
Erst da entdeckten die Patrols Penelope.
Einer
von ihnen kam auf sie zu und kniete sich zu ihr nieder. „Wir
müssen deine Mutter mitnehmen.“
„ Aber warum
denn?“
„Weil sie verrückt ist. Wir müssen
sie wegsperren, damit sie keine Lügen mehr verbreitet. Egal, was
sie dir erzählt hat, sie hat es sich nur ausgedacht. Alles
erfunden. Glaube kein Wort davon, hast du verstanden?“
„ Sie hat nicht
gelogen! Sie hat mir Fotos gezeigt.“
Jennifer senkte den
Kopf. Jetzt war alles aus.
Der Patrol sah Penelope eindringlich
an.
„Wo sind diese Fotos? Weißt du das?“
Penelope sah hinüber zu Jennifer. Sollte sie ihn zu
der Schachtel unter dem Bett führen?
Der Patrol versperrte
ihre Sicht, so dass sie die Reaktion ihrer Mommy nicht sehen konnte.
„Zeig mir die Fotos, Kleine. Vielleicht kannst du die
Unschuld deiner Mutter beweisen.“
Das wollte Penelope auf jeden Fall versuchen.
Sie
ging ins Zimmer ihrer Mutter und zeigte mit dem Finger auf die Stelle
unter dem Bett. Der Patrol folgte ihr, bückte sich und nahm
Weitere Kostenlose Bücher