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Geld im Mittelalter

Geld im Mittelalter

Titel: Geld im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Le Golf
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insbesondere sich selbst zu verwalten, hatten ihre anderen Hauptanliegen mit dem Gebrauch von Geld zu tun. Dieser Bürger stand durchaus nicht außerhalb des Feudalsystems, denn insbesondere lieferte er dem Grundherrn und seinen leibeigenen Bauern auf dem städtischen Markt das nötige Geld – dem einen für Luxusgüter und Repräsentationszwecke, den anderen für die Zahlung eines Teils der Abgaben an den Grundherrn und für die Beschaffung lebensnotwendiger Güter, die auf dem Lande nicht zu bekommen waren –, aber er begann, des eigenen Komforts und Ansehens wegen, seinem Wunsch nach Reichtum nachzugeben. Andererseits beschäftigte er häufig Diener und Untergebene, die er zunehmend in barer Münze entlohnen musste, wie Bronisław Geremek dies für Paris nachgewiesen hat. Diese Geldressourcen stammten, wie Roberto Lopez aufgezeigt hat, hauptsächlich aus Handel und Gewerbe. Freilich konnten im Verlauf jenes langen 13. Jahrhunderts nur die großen Städte, die Fernhandel trieben, immer mehr und unbeschränkter auf Geldmittel zurückgreifen. Fernhandelserzeugnisse waren Getreide, Wein, Salz, Pelze und Leder, hochwertige Tuche, Mineralien und Metalle. Aber selbst mittelgroße Städte wie Laon, gelegentlich als ein »Zentrum des Weins« bezeichnet, oder Rouen, kraft eines Privilegs, das die englischen Könige in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gewährten und das von den französischen Königen im 13. Jahrhundert nicht angetastet wurde, ein großer Exporthafen, oder Limoges mit einer eigenen Gasse der Münzwechsler, genannt Rue des Taules (was tables bedeutet, also Bank), waren von der Expansion des Geldes berührt.
    Die sozialen Folgen des monetären Wachstums
    Eine weitere Ursache für den zunehmenden Geldumlauf in den Städten hängt mit dem Konsum zusammen. Ich übernehme die alte Definition des großen deutschen Historikers Werner Sombart, dem zufolge die Stadt »eine Ansiedlung von Menschen [ist], die für ihren Unterhalt auf die Erzeugnisse fremder landwirtschaftlicher Arbeit angewiesen ist« – und die Städter erwarben diese Erzeugnisse immer mehr gegen Bezahlung von Geld. Ein jüngerer Historiker, David Nicolas, der die wichtige Rolle des Konsums für den Aufschwung der flämischen Städte deutlich gemacht hat, stellt zunächst fest, dass Flandern »nicht in der Lage war, die Grundversorgung der eigenen Städte zu sichern«, und dass für die großen Städte, um sich zu ernähren, die Sicherung der Kontrolle über die Quellen der Getreideversorgung wichtiger war als der Schutz vor den aufgrund häufiger Knappheit auftretenden Preiserhöhungen des Getreides, das die kleineren Siedlungen des Umlandes lieferten. Diese Situation zeigt, dass eine Gegenüberstellung von ländlicher Ökonomie, die angeblich außerhalb des Geldkreislaufs funktioniert, und städtischer Ökonomie, die angeblich von der bäuerlichen Ökonomie (definiert als eine nichtmonetäre feudale Ökonomie) abgekoppelt ist, für das Mittelalter, ich wiederhole es hier noch einmal, nicht zutreffend ist. Daraus folgten Preisschwankungen, auf die ich weiter unten noch eingehen werde, die die mittelalterliche Ökonomie und besonders die Stadtökonomie noch stärker in ein für die Geldwirtschaft charakteristisches Preissystem einbanden, selbst wenn das in unseren Quellen genannte Geld nicht konkretem Geld entspricht, sondern nur ein fiskalischer Referenzwert war. Der Geldgebrauch in den Städten beschränkte sich nicht nur auf die Oberschicht der Stadtbewohner, die Bürgerschaft. Es wird geschätzt, dass viele arme Bewohner Gents um 1350 etwa die Hälfte ihres Lohns allein für den Getreidekauf und insgesamt 60 bis 80 Prozent ihres Etats für Nahrungsmittel aufwendeten. Zu beobachten ist auch – und das wird in den Städten besonders deutlich –, dass die Menschen im Mittelalter verhältnismäßig viel Fleisch konsumierten. Dieses kulturelle und auch ökonomische Phänomen, dessen Gründe bisher noch nicht genügend erforscht wurden, bedingte in mittelalterlichen Städten die große Anzahl und Macht der Schlachter, die zugleich wohlhabende, einflussreiche und geschmähte Leute waren. So gab es 1322 in Toulouse 177 Schlachter für höchstens 40000 Einwohner, was einem Verhältnis von 1 : 226 entspricht; im Vergleich dazu waren es im Jahr 1953 480 auf 2 8 5000 Einwohner, das entspricht einem Verhältnis von 1 : 594.
    Vom Geldumlauf und Geldgebrauch hing wesentlich die Sozialstruktur der Städte ab. Vor allem innerhalb ihrer Mauern trat die

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