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Geld im Mittelalter

Geld im Mittelalter

Titel: Geld im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Le Golf
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Zeit zu beobachten. Es kam die Vorstellung auf, Zeit sei Geld. Aber vor allem wurde im 13. Jahrhundert der ökonomische, ja, monetäre Wert der Arbeit, einschließlich der Handarbeit, immer stärker betont. Die Entwicklung einer städtischen Arbeiterschaft spielte dabei sicherlich eine wichtige Rolle. »Wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Lohn«, dieser Satz aus dem Lukasevangelium (10,7) wurde immer öfter zitiert. Ein Recht aber sollten die Stadtgemeinden so gut wie nie erhalten: das den Fürsten und Königen vorbehaltene Münzrecht. Dafür verlangten die Stadtbürger, um die Funktionstüchtigkeit der Wirtschaft zu gewährleisten und das eigene Vermögen zu sichern, im Laufe des 13. Jahrhunderts von den Fürsten immer wieder eine Stabilitätsgarantie für den Münzwert, wie wir bereits für Narbonne gesehen haben.
    Bevor wir die Stadt verlassen, wo das Geld in der Glanzzeit des langen 13. Jahrhunderts seinen Aufschwung nahm, sei außer dem Gegensatz zwischen Armen und Reichen als dem bedeutendsten sozialen Phänomen ein zweitrangiger, doch durchaus interessanter und überraschender Aspekt angesprochen. Es geht um Frauen, die Zugang zu Geld erhielten und sogar zu Reichtum gelangten. Dies geht aus überaus wertvollen Dokumenten aus dem frühen 14. Jahrhundert hervor, nämlich den Steuererhebungsbüchern der Stadt Paris, in denen die taille, die über einige Jahre die wichtigste städtische Steuer war, erfasst ist. Zum wirtschaftlichen Reichtum der Stadt trugen damals die Gipsminen bei, in denen das Mineral für die Bauwirtschaft abgebaut wurde. 20 Die Besitzerinnen der Gipsminen, die plâtrières genannt wurden, gehörten im ausgehenden 13. und im beginnenden 14. Jahrhundert zu den größten Steuerzahlern von Paris. So betrug die taille von Marie la Plâtrière und ihren beiden Kindern stolze 4 Livres und 12 Sous, 21 die von Houdée la Plâtrière wesentlich bescheidenere 4 Sous und die von Ysabel la Plâtrière und vielen anderen 3 Sous, was Jean Gimpel zu der – zweifellos etwas übertriebenen – Schlussfolgerung veranlasste: »Der Beitrag der Frau zum Erfolg des Kathedralenkreuzzugs war entscheidend und muss entsprechend gewürdigt werden.« 22

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Handelsverkehr, Silber und Münzgeld in der »Kommerziellen Revolution« des 13. Jahrhunderts 23
    D ie meisten Mediävisten teilen die Einschätzung, der lateinische Westen Europas habe im Laufe des 13. Jahrhunderts eine derartig beschleunigte Entwicklung des Binnen- und Außenhandels erfahren, dass man von einer »kommerziellen Revolution« sprechen könne. Ich deutete dies bereits an. Nun möchte ich auf die Verquickungen zwischen dieser Revolution und dem Silbergeld zu sprechen kommen, denn seine Bedeutung reicht weit über einen rein ökonomischen Aspekt hinaus. Markgraf Otto von Meißen, dessen Schatz 1189 in die Hände der Böhmen fiel, ist eine emblematische Figur dafür. Er wurde »der Reiche« genannt, was in seinem Fall ausnahmsweise der Ausdruck eines tatsächlichen Reichtums und weniger der Macht war. Annalen aus dieser Zeit beziffern sein Vermögen im Jahr 1189 auf mehr als 30000 Silbermark, vornehmlich in Form von Silberbarren. Es wird vermutet, dass daraus Pfennige geschlagen wurden, die meistverbreitete Münze jener Zeit in diesem Teil Deutschlands, 10 Millionen Pfennige sollen dabei entstanden sein. Die Art, wie Otto der Reiche einen Teil seiner Reichtümer verwendete, ist typisch für die unter reichen Leuten damals vorherrschende Einstellung zum Geld. Er erwarb Ländereien, subventionierte den Bau neuer Wehrmauern in Leipzig, Eisenberg, Oschatz, Weißenfels und Freiberg, wo sich die größte Silbermine befand, und hinterlegte 3000 Silbermark für sein Seelenheil im Kloster Zella, die nach seinem Tod an die umliegenden Kirchen verteilt werden sollten, ein beispielhaftes Verhalten, das die drei Hauptverwendungsarten von Geld im 13. Jahrhundert und die Mentalität derer deutlich macht, die viel davon beschafften und besaßen. Zunächst war der Reichtum an Grund und Boden in einer hauptsächlich durch die Landbewirtschaftung geprägten Gesellschaft vornehmstes Ziel, dann wurde mit der wachsenden Bedeutung der Städte die Gewährleistung ihrer Sicherheit ein immer wichtigeres Anliegen, und schließlich wurde Geld, das den Markgrafen unter Umständen zur Hölle verdammt hätte, wie wir später noch sehen werden, für fromme Werke verwendet, um zu seinem Seelenheil beizutragen.
    Die Ausbeutung der Silberbergwerke
    In den meisten Fällen wurde die

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