Gelegenheitsverkehr
der Gemüselade schimmelige Karotten und ein verschrumpelter Salat. Benutztes Geschirr in der Spüle, diverse Flecken auf der Arbeitsplatte. Biohazard.
Im großen Bad geschmackvolle Fliesen und eine bis an die Decke verglaste Duschkabine mit einer Batterie kompliziert aussehender Brauseköpfe. Ein in die Fliesen eingelassener Spiegel bedeckte die Wand über dem Waschbecken und war voller eingetrockneter Wasserflecken. Haare auf dem Boden und in der Dusche, Zahnpastareste auf dem kleinen Fransenteppich.
Ich war froh um die Handschuhe und Schuhüberzieher. Wenn ich nicht aufpasste, war die Wohnung nach meinem Besuch sauberer als vorher.
Ein Raum mit nichts außer einer Hantelbank, Gewichten und einem Plastiksessel drin. Benutzte Sportkleidung und ein Handtuch darüberdrapiert. Abgestandener Schweißgeruch erinnerte mich an die Turnsäle meiner Schulzeit.
Ich schloss die Tür hinter mir und machte eine mentale Notiz, Atemschutzmasken in mein Inventar aufzunehmen.
Das Schlafzimmer mit zerwühltem Kingsize-Bett und hangargleichem Schrank. Teures Holz mit dezenten Chromleisten eingefasst, in der Mitte glänzende Kunststoffflächen. Ein riesiger Flach-TV-Schirm und DVDs. Action und Porno. Eine Schachtel Kondome. Genau das Richtige zur Resozialisierung. Die Türen des Schranks glitten lautlos zur Seite. Im Licht der automatischen Innenbeleuchtung griff ich in alle Taschen der Anzüge. Boss, gute Qualität, ein weißer und drei schwarze. Der Geruch nach einem scharfen Deodorant. Hemden, Wäsche, ein paar Jeans. Ich fummelte zwischen den Wäschestapeln nach Verstecktem. Nichts.
Im Wohnzimmer eine braune Ledercouch in Übergröße, die auch in ein Flughafengate gepasst hätte. Kissen und Kartoffelchipsbrösel. Ein niedriger Holztisch mit benutzten Gläsern. An der Wand gegenüber der gleiche Flach-TV-Schirm wie im Schlafzimmer. Ich durchsuchte das Designerschränkchen darunter und sah in alle DVD-Hüllen. Nochmal Action und Porno. Durch die dünnen Vorhänge drang helles Tageslicht. Nirgends Pflanzen. Lautsprecher einer teuren Surroundanlage. Am Fenster ein kleiner Schreibtisch mit Computerzeug, Tintendrucker und Notebook. Daneben Computerzeitschriften und ein schiefer Stapel mit Post. Ich blätterte alles durch.
Werbung. Kursangebote vom WIFI. Eine Rechnung und ein Gutschein vom Pacific Palace, einem Fitnesscenter. Bloderer zahlte sogar Fernsehgebühren. Keine Handyrechnung. Oder bekam er die per E-Mail?
Kontoauszüge und Lohnzettel sah ich mir näher an. Er war als Softwaretechniker eingestellt. Angesichts seines Gehalts musste es sich um Sklavenarbeit handeln. Verurteilte auf Bewährung können es sich eben nicht aussuchen. Vorprogrammierte Rückfallsquote. Auf dem Konto ebenfalls nur ernüchternde Beträge.
Wer finanzierte diese Wohnung? Das Auto? Hatte Bloderer vielleicht eine zahlungskräftige Großmutter?
Ich klappte das Notebook auf und schaltete es ein. Es fragte nach Benutzernamen und Kennwort. Pech gehabt. Ein paar meiner Exkollegen waren gut mit so was, die konnten das knacken. Ich nicht. Dafür hatte ich wenigstens vorgesorgt. Ich steckte einen mitgebrachten USB-Stick an und drückte den Schalter nochmals. Nach einer Weile intensiven Festplattengeraschels versank das Notebook wieder in Schlaf. Ich nahm den Stick wieder an mich. Hoffentlich waren die Server noch aktiv. War schon eine Weile her.
Nirgendwo ein Hinweis auf kriminelle Tätigkeiten. Kein Zusammenhang mit dem Besuch auf der Mihaela. Die ganze Wohnung passte mehr zu einem verwahrlosten Playboy als zu einem Exknacki mit Halbtagsjob. Trotz Computerkurs und erstklassiger Sozialprognose.
Ich trat in den Flur. In einer Nische stand ein schwerer Bauernschrank mit sechs Schubladen im Halbdunkel, an dem ich vorhin achtlos vorbeigegangen war. Ich überlegte, das Licht einzuschalten, hatte aber keine Lust, den Türspion abzukleben. Eine nach der anderen zog ich die Schubladen auf und leuchtete mit meiner kleinen LED-Lampe hinein. Zerknüllte Plastiksackerl von Billa und Spar, ausgetretene Schuhe und eine gefaltete Wolldecke.
Auf dem Bauernschrank stand ein weißer Holzkasten mit zwei Schiebetüren. Er reichte über die gesamte Breite der Nische bis zur Decke, war nur tief genug für Bücher und völlig leer. Dahinter müsste ein freier Raum sein, in dem man Dinge verbergen konnte. Doch dazu müsste man erst den Holzkasten herunterheben. Das wäre mir zu mühsam als Versteck.
Ich leuchtete die Ränder ab. Der Schrank passte genau, rundum waren
Weitere Kostenlose Bücher