Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gelegenheitsverkehr

Gelegenheitsverkehr

Titel: Gelegenheitsverkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Sander
Vom Netzwerk:
Küchensessel knarrte und quietschte, als ich damit zu schaukeln begann.
    Das war ja schon direkt eine Informationsflut. Und bei Bloderer war etwas gewaltig faul.
    Woher bekam der das Geld für seinen Lebensstil? Von den Typen auf der Liste? Oder war er der Zahlmeister und entlohnte sie für bestimmte Leistungen, die mir noch nicht bekannt waren? Woher kamen die Banknotenbündel? Würde die Gavril für Lavallon und Jurcic Pässe bringen?
    Im hohen Gras schlich eine Katze ums Nachbarhaus. Unter einer Wäschespinne hatte jemand ein Klupperlkörbchen als Besetztzeichen deponiert.
    War Bloderer ein Dealer? Die Drogenmenge in der Jausendose entsprach unterstem Endkunden-Einzelhandel. Ein Gramm Koks kostete in Linz zurzeit je nach Qualität und Verkaufstalent gute fünfzig Euro. Ein Zweigrammtütchen Marihuana zwanzig. Geldbündel mit ausschließlich Fünfzigern und Hundertern passten nicht so recht ins Bild. Was hatte Richter für eine Rolle gespielt?
    Ich sah auf die Uhr. Kurz vor drei. Ich wählte Bettinas Nummer. Es läutete ein paarmal, dann meldete sich ihre Voicemailbox. Ich versuchte es noch einmal. Diesmal hob sie ab. Na endlich.
    »Hallo Bettina«, sagte ich hoffnungsfroh und vernahm nichts als Rauschen. Als würde sie das Telefon an einem Kleidungsstück reiben. »Hallo?« Ich hörte eine Frauenstimme in der Ferne kichern. Dann sagte ein Mann dumpf: » …  aus.« Anruf beendet.
    Mach das Licht aus? Zieh dich aus? Ich halte das nicht aus? Das hatte ich wieder nötig gehabt. Höchste Zeit, mich abzulenken.
    Mit einem Knall ließ ich die Sesselbeine wieder auf dem Boden landen. Kasberger. Vulgo Dackel Peter. Der würde mich erleuchten.
    Ich ließ mir vom Routenplaner den Weg zu seiner Adresse zeigen. Carpe diem.

    *

    Karolingerstraße 7 war eines von vier zehnstöckigen Wohnhäusern. Als ich läutete, schlüpfte ein griesgrämiger Pensionist aus der Haustür und ließ sie hinter sich zufallen. Essensgerüche waberten an mir vorbei und verloren sich auf dem Parkplatz vor dem Haus.
    Der Pensionist sah meinen Finger auf Kasbergers Klingelknopf und sagte ohne stehenzubleiben: »Der Peter ist mit seinen Hundsviechern spazieren. Ist noch nicht lange munter. Die Hunde sind genauso faul wie das Herrchen.«
    »Danke.« Ich sah ihm nach, wie er davonging.
    Leonding bot ein großes Einkaufszentrum, ein Geschäftsviertel mit Handwerksbetrieben und ein paar Gegenden mit Wohnungen. Hier war Wohnsilocountry. Mehr als die Hälfte des Gemeindegebiets war aber mit Einfamilienhäusern und Villen jeder Größe bebaut. Je näher an den Wäldern vor dem Donauufer, desto exklusiver die Lage. Wäre ich Hundebesitzer, würde ich lieber dorthin marschieren, statt mein eigenes Nest zu beschmutzen.
    Ich fuhr daher in Richtung Zaubertal und drehte große Suchkreise. Nach ein paar Minuten wurden die Grundstücke weitläufiger, die Häuser größer und die Hecken höher. Ich sah einen Mann mit zwei Dackeln an der Leine von der Straße in einen Feldweg einbiegen. Ich parkte ein Stück weiter vorn in der Bucht einer Postbushaltestelle, stieg aus und ging ihm nach.
    Der Mann war etwa einssiebzig und trug ein schwarzes T-Shirt und eine ärmellose Jeansjacke. Auf dem Rücken stand »Who dares wins«. Über einer Tarnhose mit schwarz-weißem Muster wölbte sich ein Bauch, als wäre er mit Zwillingen schwanger. Am breiten Gürtel waren Etuis für Leatherman und Handy befestigt. Ein Schlüsselbund mit Flaschenöffner hing an einer dicken Kette und klirrte bei jedem Schritt. Die Schnürsenkel seiner ausgetretenen Laufschuhe schleiften hinterher.
    Als mich die Dackel witterten, stürzten sie auf mich zu, bis die Leinen spannten und ihre Vorderpfoten in der Luft hingen. Ich blieb stehen. Die Dackel kläfften heiser. Sie hatten glänzendes Fell und wirkten wohlgepflegt.
    Dackel Peter packte sie am Halsband, hockte sich hin und sagte: »Pscht Herzi. Nicht fressen.«
    Er hatte ein rundes, gerötetes Gesicht. Spärliche Ansammlungen zentimeterkurzer Haarbüschel bedeckten seinen Kopf wie anspruchslose Sträucher einen Wüstenplaneten.
    Die Dackel kamen näher, schnupperten an meinen Beinen und verloren prompt das Interesse. Mit den Nasen am Boden verfolgten sie schwanzwedelnd andere Spuren.
    »Herr Kasberger? Ich möchte gerne mit Ihnen reden«, sagte ich. »Ich begleite Sie ein Stück.«
    Kasberger zupfte an den ledernen Leinen und sah mich an. Er war unrasiert und roch nach Bier und Schweiß. Zirka dreißig, schätzte ich. Die Hunde stemmten sich mit

Weitere Kostenlose Bücher