Gelegenheitsverkehr
waren zugezogen. Es roch nach Bohnerwachs. Etwa fünfzehn Männer waren da, alle um die vierzig, alle in Uniform. Lange dunkelblaue Hose mit zwei breiten Streifen an den Außenseiten und kurzärmeliges Diensthemd in Weiß oder Dunkelblau. Individuelle schwarze Schuhe. Einige bevorzugten Einsatzstiefel. Keine Jacken. Manche saßen auf ihren Drehsesseln, ein paar standen in Gespräche vertieft herum. Die sich zu mir wandten, verstummten abrupt. Auf den Hemdtaschen trugen sie kleine Plastikschildchen mit verschiedenen Abkürzungen in Blockbuchstaben. Auf meinem stand nur »Besucher«.
An Fensterseite und Türseite des großen Raumes waren je fünf Tische hintereinander angeordnet. Jeder hatte ein Telefon, zwei Flachbildschirme mit Tastatur, ein Mikrofon mit biegsamem Hals und eine eigene Stellwand. Darauf waren Zettel mit der Bezeichnung der jeweiligen Station, passend zu den Plastikschildchen, säuberlich aufgepinnt. Darunter der Funkplan mit einer Liste der Rufnamen und der zugeteilten Kanäle.
Poldi stand mit dem Rücken zu mir an einem zusammengestellten Tischgeviert.
Ich ging zu ihm. »Alles klar mit der Befehlskette?«, sagte ich.
Poldi drehte sich um. »Servus, Kant«, sagte er gepresst. Sein Schild war rot und sagte »EK«.
Langsam kamen die Gespräche wieder in Gang.
Poldi hatte dunkle Schatten unter den Augen. Kein Lächeln. Auf einer großen Oberösterreichkarte an der Wand stand »Lagekarte Elster«.
»Topfit wirkst du«, sagte ich.
»Ja«, sagte er und räusperte sich trocken. »Genau so fühl ich mich auch.«
»Gibt’s was Neues?«
Poldi schüttelte den Kopf. »Die Website zu knacken, haben sie nicht hinbekommen«, sagte er. »Also haben sie es lieber gelassen, um niemand aufzuscheuchen.«
Poldi hatte am Freitagabend grünes Licht bekommen. Übers Wochenende hatte er die Einheiten organisiert, den Einsatzplan ausgearbeitet und die Beteiligten gebrieft.
»Der Oberst hätte mir auch ein Panzerbataillon verschafft, wenn ich eins verlangt hätte.« Er grinste kurz. »Der ist ein richtiger Strohhalmklammerer geworden. Deine Gavril ist am Vormittag eingetroffen. Wie du gesagt hast. Container und Schiff werden beobachtet.«
»Hast du die Hubschrauber gekriegt?«, fragte ich.
Er nickte. »Drei von uns und ein Blackhawk vom Bundesheer. Stehen in Hörsching herum und starten erst, sobald sich etwas tut. Standby sind s’ eh gewohnt beim Bundesheer.«
Flugbenzin war teuer.
»Ich habe ein Zeitfenster von zwölf Uhr bis Mitternacht«, sagte er. »Danach kann ich mir einen neuen Job suchen. Straßenkehrer vielleicht.«
Auf der Uhr über der Tür war es eins. Ich hatte kurz gegessen und meine eigenen Vorbereitungen getroffen.
»Der Parkettboden war schöner«, sagte ich und zeigte auf den hellblau marmorierten Bodenbelag.
Während der Fußballeuropameisterschaft war das Lagezentrum noch im Festsaal des Landespolizeikommandos einquartiert gewesen. Jetzt stand dieser Raum – immerhin extra renoviert – für alle Sonderlagen zur Verfügung.
Poldi sah mich ausdruckslos an. »Der Scheißfußboden ist mir wurscht. Echt.«
Ich saß an Poldis Tisch und wartete. Er sprang immer wieder auf und ging von einem seiner Kommandanten zum nächsten. Um halb drei gab es immer noch nichts Neues.
»Wenigstens können wir jederzeit aufs Klo gehen«, sagte er.
Die Observationstrupps und Zugriffsteams hatten am Vormittag ihre Stellungen im ganzen Bundesland bezogen und waren seit zwölf Uhr einsatzbereit. Das hieß, sie warteten eingepfercht in Bussen und Streifenwagen, die in Lagerhallen, Bauernhöfen und auf nicht einsehbaren Parkplätzen wohlgesonnener Unternehmen geparkt waren. Die Observanten hatten es besser, die konnten in ihren Zivilfahrzeugen patrouillieren. Da verging die Zeit schneller.
Poldi spielte mit seinem Mobiltelefon. Noch war Elster funkmäßig völlig unsichtbar. Bis der Einsatz begann, erfolgte die gesamte Koordination per Telefon. Das war seit Jahren gängige Praxis, weil der Funk in Oberösterreich noch immer nicht auf das neue Digitalsystem umgestellt und damit entsprechend abhörgefährdet war.
Ab und zu schauten Beamte vom oberen Management wortlos nach dem Rechten. Manche nickten mir kurz zu, andere ignorierten mich. Ich kannte die meisten. Spreu vom Weizen. Einmal stand der Landespolizeikommandant in der Tür und grüßte knapp, aber freundlich. Poldi sah zu ihm hin und schüttelte den Kopf, woraufhin er wieder verschwand.
Es passierte nicht das Geringste. Die Beamten drehten sich
Weitere Kostenlose Bücher