Geliebte des Blitzes
und her gerissen, weil sie beiden Seiten gegenüber loyal sein wollte, versuchte sie so zu handeln, wie es für alle Beteiligten am besten war. In eine solche Situation möchte ich nicht geraten.«
»Hätte ich ihr bloß nicht vertraut! Das hätte ich besser wissen müssen.«
»Niemand von uns weiß irgendwas besser. Deshalb sind wir Menschen.«
Den Kopf in den Nacken gelegt, schaute Wyatt erschöpft und verwirrt zur Zimmerdecke hinauf. »Was soll ich tun?«
»Du brauchst Hilfe. Geh rüber ins Sanatorium. Dort wird man dir helfen, mit deinen beiden Talenten zurechtzukommen, und dir zeigen, wie du sie koordinieren musst.«
»Und wenn es nicht klappt?«
»Dann hast du keine Wahl, du musst Faith Black wiedersehen. «
NOCH NIE HATTE ES WYATT ETWAS AUSGEMACHT, wenn er den ein oder anderen beschissenen Befehl zu befolgen hatte. Er war die Art Typ, der die Dinge so nahm, wie sie kamen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Agenten bei ACRO, die sich zurückhalten mussten, um dem Boss nicht ab und zu zu empfehlen, er solle sich selber ins Knie ficken.
Trotzdem wäre ihm diese Redewendung beinahe herausgerutscht, und Devlin wusste es. Nach den letzten Ereignissen war Wyatt so genervt, dass er es kaum ertrug. Und er sah sich mit einem vertrauten Feind konfrontiert, nämlich dem, was in eigenen Kopf abging.
Diesmal musste er es schaffen.
Langsam wanderte er über das ACRO-Gelände, eine Sonnenbrille auf der Nase. Aus seinem iPod tönte AC/DC – »Black in Black«. Die Männer und Frauen, die im Sanatorium arbeiteten, erwarteten ihn, denn Dev hatte ihnen Bescheid gegeben. Dort würden sie gut für Wyatt sorgen, das wusste er. Trotzdem ärgerte ihn die halb freiwillige Gefangenschaft.
Es ist nicht dasselbe wie damals, als du ein Junge warst. Auch nicht so wie in Yorkshire.
Trotzdem konnte er sich kaum dazu durchringen, die Schwelle des großen viktorianischen Hauses zu überqueren und sich bei der Frau am Empfang zu melden. Sie schenkte ihm ein breites, offenherziges Lächeln und beschrieb ihm den Weg zu seinem Zimmer. Drei Treppenfluchten nach oben.
Er hatte gehört, die Räume im Sanatorium wären groß und komfortabel, und das sah er in seinem Zimmer
bestätigt. Beinahe fühlte er sich wie in einem luxuriösen Hotel. Nun verstand er, warum es vielen Agenten so leichtfiel, in diesem Institut neue Kräfte zu sammeln.
Nachdem er die Tür geöffnet hatte, ließ er die Klinke hastig los. Unwillkürlich hatte er sie mit seinen Gedanken verbogen.
»Glauben Sie mir, es ist keine Schande, hierherzukommen. «
Wyatt folgte dem Flur entlang in Richtung der heiseren Stimme, die zu Amitola gehörte, einem indianischen Heiler, der schon ebenso lange für ACRO arbeitete wie Creeds Eltern. Diesen hochgewachsenen, weißhaarigen Mann hatte er immer freundlich gegrüßt, aber keinen näheren Kontakt gesucht, eben weil Amitola im Sanatorium arbeitete.
»Ja, ich weiß«, antwortete Wyatt, obwohl er das bezweifelte.
Amitolas Blick ruhte starr auf einem Punkt zwischen der Klinke und Wyatts Gesicht. »Nein, das wissen Sie noch nicht. Aber Sie werden es erkennen.«
»Tut mir leid, ich repariere die Klinke.«
Schweigend schaute Amitola zu, wie Wyatt das verbogene Metall wieder in die richtige Form brachte.
»Sehr eindrucksvoll. Und jetzt machen Sie sich’s bitte bequem.«
Wyatt betrat den Raum und zog seine Schuhe aus. Mit gekreuzten Beinen setzte er sich auf das Bett und befolgte die Anweisungen des Mannes. Wahrscheinlich gab es keine andere Möglichkeit, eine Begegnung mit Faith zu vermeiden.
ZU FAITHS VERBLÜFFUNG HATTE ANNIKA sie drei bewaffneten Sicherheitsbeamten in schwarzen Kampfanzügen anvertraut. Aber sie protestierte nicht. Ihr Gesicht schmerzte immer noch vom Fußtritt der Blondine. Und das erinnerte sie daran, dass sie sich trotz einiger Gemeinsamkeiten wohl nie anfreunden würden.
Die Sicherheitstypen führten sie durch ein Gebäude, das wie eine alte, aber gut erhaltene Militärbasis aussah – offenbar das ACRO-Hauptquartier. Schließlich kamen sie in ein plüschiges Büro mit Ledersesseln und einem Schreibtisch aus Eichenholz. Dahinter saß ein attraktiver, dunkelhaariger Mann, vermutlich Mitte dreißig, viel jünger, als sie es erwartet hatte.
Er stand auf und streckte ihr die Hand zum Gruß entgegen. Ein kurzes Händeschütteln, dann nahm sie vor seinem Schreibtisch Platz.
»Faith Black«, murmelte er und setzte sich wieder. »Wieso haben wir nie von Ihrer Firma gehört?«
»Vielleicht, weil die Briten
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