Geliebte des Blitzes
Faith reden und herausfinden, auf welcher Seite sie steht«, erklärte Creed in ruhigem Ton, und Wyatt verzog den Mund.
»Dazu wünsche ich ihm viel Glück.«
»Hat sie dich verletzt?«
»Sie hat mich verraten. Und das ist ein himmelweiter Unterschied.« Eine Zeit lang schaute Wyatt aus dem Fenster, bevor er den Blick seiner dunklen Augen auf Creed richtete. »Sie hat mich voll verarscht.«
»Kann ich dir nachfühlen.«
»Ja, das glaub ich dir.«
»Liebst du diese Frau denn?« Die Frage konnte Creed sich nicht verkneifen.
Wyatt nickte. »Aber ich hoffe, das Gefühl wird bald nachlassen. Sogar eine Gehirnwäsche würde ich akzeptieren, wenn’s was hilft.«
Unglücklicherweise wussten sie beide ganz genau, dass Gehirnwäschen nur Erinnerungen ausschalteten – Gefühle dagegen nicht.
»Wollen wir über was anderes reden?«, schlug Wyatt vor. »Irgendwas. Erzähl mir, was daheim los ist.«
Nun war es wieder an Creed, tief aufzuseufzen. Dann erzählte er Wyatt von Oz’ Selbstmord.
NUR MÄSSIG INTERESSIERT BEOBACHTETE ANNIKA, wie Faith sich bewegte und ihre Besinnung wiedererlangte, während der Jet über der Landebahn auf dem ACRO-Gelände an Höhe verlor, wobei sich die Nachwehen des Hurrikans bemerkbar machten. Dass es jemand gelingen konnte sie bewusstlos zu schlagen, hatte Faith einen gewaltigen Schock versetzt, doch dank der Sedativa, die Annika ihr gleich darauf injiziert hatte, war sie brav und ruhig geblieben. Und die Psychopharmaka würden sie daran hindern, irgendwelche Dummheiten zu machen.
Bei Annika würde die Biokinese zwar ohnehin nicht greifen. Aber sie wollte nichts riskieren was die Kollegen betraf, sobald sie mit Faith landete.
Jetzt streckte sich Faith, warf Annika einen frostigen Blick zu und richtete sich auf. Zusammengesunken hatte sie in ihrem Sitz gedöst. Ohne das Schweigen zu brechen, schaute sie aus dem Fenster.
»Weißt du, dass du im Schlaf sabberst?«, fragte Annika. »Ich wette, Wyatt war begeistert.«
Faith wischte ihr dunkles Haar aus dem Gesicht. »Zwischen Gedanken und Mund gibt’s bei dir keinen Filter, was?«
Annika ignorierte den Kommentar und nahm eine Cola aus dem kleinen Kühlschrank an ihrer Seite. »Durstig? Brennt der Mund wie nach einem Elektroschock? «
»Schon ein Wahnsinnstalent, muss ich sagen.« Faith nahm ihren Drink.
»Cool, nicht wahr? Die Evolution hat schon was für sich.«
Auf diese Weise erklärten einige ACRO-Wissenschaftler den spirituell unbegabten Leuten die speziellen Talente einiger ihrer Agenten – als Evolutionsprozess, der die Menschen allmählich in Einklang mit der Tierwelt brachte. Annikas Begabung wies auf eine Verwandtschaft mit Zitteraalen und gewissen Fischsorten hin. Wie diese Theorie mit den apokalyptischen Prophezeiungen in Einklang gebracht werden konnte, über die Dev und Creed öfters diskutiert hatten, spielte keine Rolle. Ihr persönlich war die Wissenschaft, die hinter ihrer Begabung steckte, scheißegal. Klar, die Unfähigkeit, Sex zu genießen, war ein Nachteil gewesen. Aber jetzt hatte sie Creed, und sie würde ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten für nichts auf der Welt aufgeben.
Grinsend öffnete Annika den Verschluss ihrer eigenen Diät-Cola. »Außerdem verschafft es mir eine fabelhafte Barriere gegen telekinetische Attacken. Also streng dich erst gar nicht an.«
»Ist das der Grund, warum ich nicht gefesselt bin?«
»Nein, darauf verzichten wir nur, weil Dev glaubt, dass du unseren Respekt verdienst. Immerhin leitest du eine freundlich gesinnte Organisation, meint er – und lauter so Mist.«
Faith legte ein Bein hoch auf den Sitz ihr gegenüber. Grässliche Stiefel mit Metallringen und Ketten. Andererseits waren sie mit rasiermesserscharfen Klingen, einer Mikropistole und sogar winzigen Drogenpfeilen vollgepackt gewesen. Während Faiths Bewusstlosigkeit hatte Annika alle Waffen entfernt, nicht ohne eine gewisse Bewunderung.
»Ich nehme an, du bringst mich zu ACRO.«
»Vor dir kann man aber auch gar nichts verheimlichen«, höhnte Annika gedehnt.
»Was wird passieren, wenn wir am Ziel sind?«
»Wahrscheinlich wird man dich ein paar Tage lang foltern.« Annika musterte Faiths Hände und zuckte die Achseln. »Um diese Fingernägel ist es jedenfalls nicht schade. Grauenhafter Lack. Schwarz steht dir nicht.« Das musste sie der Britin zugestehen – das Mädchen zuckte mit keiner Wimper, erbleichte nicht und machte sich auch nicht in die Hose. Nun, vermutlich hatte der erwähnte Respekt den
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