Geliebte des Sturms - Croft, S: Geliebte des Sturms - Riding the Storm - ACRO Series, Book 1
die Augen, weil Marlena in der Tür stand. Er überlegte, wie sie sich unter seiner Berührung anfühlen würde - groß, schlank, mit langem Haar, das bis zur Hälfte ihres Rückens hinabfiel. In seinen Fingern juckte es, und er umklammerte die weichen, ledernen Armstützen seines Sessels, bevor er ihr mit einem Nicken bedeutete, einzutreten.
»Du bist angespannt«, flüsterte sie und strich mit einer kühlen Hand über seinen Nacken. Da neigte er sich vor, legte sein Gesicht an ihre Brüste, damit ihre Hände seine Schultern und seinen Rücken besser erreichten.
Seit dem Unfall vor zehn Jahren waren alle seine anderen Sinne empfindsamer, fast schon zu sensitiv. Die Grenze zwischen Freude und Schmerz schien dabei zu verschwimmen - vor allem, wenn er berührt wurde.
»Der Herr nimmt, der Herr gibt«, hatte der alte Kaplan ihm erklärt. Stand vor seinem Bett im Krankenhaus und mühte sich eifrig, diesen ganzen Unfug von »in allem liegt ein Sinn« an den Mann zu bringen. Bis Dev betonte, er habe zwar seine Sehkraft verloren, aber seine Faust würde immer noch funktionieren.
Danach war der Kaplan nie wieder in die Klinik gekommen.
»Hör auf nachzudenken, Dev«, drängte Marlena. Die Lider gesenkt, lehnte er sich zurück und erlaubte ihr, seine Hose aufzuknöpfen.
Nicht mehr denken - dazu musste er sich zwingen. Neuerdings fiel es ihm immer schwerer, das Gehirn auszuschalten,
einfach nur zu genießen. In seinem Fall traf die alte Weisheit, der Verlust eines Sinnesorgans würde die anderen schärfen, eindeutig zu. Und die Intensität seiner sogenannten Fähigkeiten wuchs. Sie verlagerte oder verdoppelte sich. Mit der Hilfe des Luftdrucks, den er auf seiner Haut spürte, konnte er Wind und Wetter voraussagen. Wenn er einen Raum betrat, entnahm er dem Geruch der Luft die Gefühle aller Anwesenden, sobald sie in seine Nähe gerieten. Er hörte Dinge, die er nicht hören sollte. Und sein Bedürfnis, alles zu berühren, verstärkte sich fast bis zur Besessenheit - was er unter seinen Fingerspitzen spürte, glich einer Brücke zwischen Himmel und Hölle.
Marlenas Mund glitt über seine Männlichkeit, forderte seine ungeteilte Konzentration auf das, was sie tat, und er stöhnte. Manchmal verlangte sie zu viel. Sie wusste, er würde sie niemals lieben, weil sein Herz jemand anderem gehörte - jemandem, der mit ihm sprach, wie es sonst niemand vermochte.
Nun gruben sich ihre Finger in seine Hüften. Orgasmen lagen ihm so fern wie die Möglichkeit, jemals wieder einen Flieger zu steuern. Das akzeptierte er, aber er fand sich nicht damit ab. Alles würde er dafür geben, könnte er sein Zweites Gesicht durch die Art und Weise ersetzen, wie er ursprünglich die Welt wahrgenommen hatte. Unentwegt betrauerte er den Verlust seiner Sehkraft, und der Schmerz ließ niemals nach.
Hör auf nachzudenken, Dev. Verdammt, hör zu denken auf.
8
R EMY GLAUBTE ZU WISSEN, was Haley von ihm wollte. Und das würde sie nicht bekommen. Vielleicht konnte sie ihre meteorologischen Theorien anhand erotischer Praktiken entwickeln - er aber würde sich nicht zu einem Sexspielzeug im Dienste der Wissenschaft erniedrigen lassen.
Da gab es ein Problem - er wusste nicht, wie er auf ihre Anwesenheit reagieren sollte, selbst wenn er es wollte. Seine Verbindung mit dem Wetter existierte schon so lange, dass er nicht sicher war, wo das Wetter aufhörte und wo er selber begann.
Fluchend fuhr er mit allen Fingern durch sein Haar. Verdammt, er musste hier raus. Und ein Bier würde auch nicht schaden.
»Wie lange bist du schon da?«, fragte er über die Schulter, als er zur Küche ging, obwohl er die Antwort kannte.
»Seit vorgestern.«
Also seit achtundvierzig Stunden. Einen Tag, nachdem sein Vater ihn angerufen und um Hilfe gebeten hatte, war sie hier eingezogen. Und vor achtundvierzig Stunden hatte sein Trieb ihn zu quälen begonnen, stärker denn je, zog ihn machtvoll zu einer Frau hin, die sein wildes Verlangen anscheinend nicht fürchtete.
Gewiss kein Zufall - das hatte er beim Anblick von Haleys Tattoo sofort erkannt. Er nahm ein Bier aus dem Kühlschrank und knallte die Tür so vehement zu, dass alle Küchenschränke ratterten. Mit einem Zischen löste sich der Verschluss, den er zwischen Daumen und Zeigefinger umfasst hatte, von der Flasche. Durstig trank er sie halbleer.
Als er sich zu Haley umdrehte, saß sie immer noch auf dem Sofa, in einem nicht ganz zugeknöpften, knielangen Denimhemd. Sie hatte geduscht, ihr Haar war trocken. Von
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