Geliebte Diebin
losgegangen und hatte dabei Tränen in den Augen gehabt. Er hatte sogar sein Schwert gezogen, als wolle er Devlynn das Herz aus dem Leib schneiden, ehe er dann die Waffe fallen gelassen hatte und weinend auf die Knie gesunken war. Danach hatten sich die Gerüchte im Schloss verbreitet, in den Städten und Dörfern, dass Devlynn von Black Thorn in einem Wutanfall seine eigensinnige, wunderschöne Frau und sein ungeborenes Kind ermordet hatte.
Und jetzt betrachtete Miranda ihn mit einem wissenden Blick. »Ich denke, du solltest mir keinen Vortrag über Tugend und Anstand halten, Bruder, wo doch du eine Lady in deinem Schlafzimmer gefangen hältst. Eine Lady. Von edler Geburt. Eingesperrt als deine persönliche Dirne.«
Er fühlte, wie ein Muskel an seiner Schläfe zuckte. »Vorsichtig, Miranda«, warnte er sie. »Lady Apryll ist nicht...«
»Das will ich auch nicht hoffen«, unterbrach sie ihn. »Und jetzt erlaube mir in Gottes Namen, Devlynn, mit den anderen loszureiten.«
»Das kann ich nicht.«
»Du kannst alles, was du verdammt noch mal willst. Du bist der Baron.«
»Und was ich will, Schwester, ist, dass du im Schloss bleibst. Bei den Kindern. Die Suchmannschaft wird schon bald genug zurückkehren. Außerdem hat Clogwyn geschrieben und darum gebeten, dass du zurückkommst. Ich habe ihm noch nicht geantwortet, aber deine Pflicht gilt ihm und deinem Kind.« Sie holte Luft, um zu protestieren, doch er hob den Arm, um sie zum Schweigen zu bringen. »Keine Widerworte. Wie du so richtig bemerkt hast, bin ich der Baron, und du wirst tun, was ich sage.«
Widerstand blitzte in ihren grünen Augen auf, als sich der Morgenhimmel erhellte und der eisige Wind einen Hagelschauer erahnen ließ. »Du bist der Baron, weil du mit einem Schwanz geboren wurdest«, erklärte sie freiheraus. »Ich hatte dieses Glück nicht. Vergiss nicht, dass ich die Erstgeborene bin.«
»Und eine Frau.«
»Aye. Das ist der Grund, warum ich nicht Lord von Black Thorn bin und auch der Vorwand, warum ich nicht mit den Soldaten reiten kann.« Mit einem verächtlichen Schnaufen zog sie die Kapuze wieder über den Kopf und lief an der Hütte des Zimmermanns vorbei. Devlynn schob die Gedanken an sie beiseite. Er war ihre Klagen leid, er war es leid zu hören, dass sie die Herrschaft über dieses Schloss hätte, wäre da nicht ihr verdammtes Geschlecht. Es genü gte, ihm Kopfschmerzen zu verur sachen , und was ihre Bemerkung betraf, dass Apryll seine Dime war ... Der Gedanke lag ihm wie ein Stein im Magen. Wie nahe war sie der Wahrheit? Er hörte Schwerter klingen und begriff, dass er sich momentan um andere Dinge Sorgen machen sollte. Entgegen all des Klatsches, der innerhalb der dicken Mauern des Schlosses geflüstert wurde, würde Apryll bei ihm bleiben, sicher in seinem Zimmer eingeschlossen, mit Wachen vor der Tür.
Während sich der Wind legte, folgte er einem gewundenen Weg zu den Ställen, wo die Soldaten bereits auf den besten Pferden saßen. Ihre Satteltaschen waren gefüllt und knarrten, wenn die Tiere sich bewegten, die Waffen klirrten - die Männer waren bereit.
Von seinem kastanienbraunen nervösen Hengst herunter griente Collin Devlynn an. Dampf kam aus den Nüstern des Pferdes. Bereits jetzt machte Schweiß sein Fell dunkel. "Auch die anderen Pferde waren nervös. Sie tänzelten rückwärts, zerrten an den Gebissstangen und man konnte die ungezügelte Energie spüren, die sie ausströmten.
»Es ist Zeit«, erklärte Collin. Etwas lag in seinem Blick, das eigenartig war, ein selbstgefälliges Leuchten, und das Lächeln, das er Devlynn schenkte, war falsch, als verberge er ein großes Geheimnis. Doch fast umgehend verbarg er seine Arroganz wieder - oder hatte Devlynn sich das nur eingebildet? Machten bereits Schatten auf Gesichtern Devlynn nervös? Suchte er sogar jetzt schon unter den Unschuldigen nach Verrätern? Aye, Collin hatte Devlynns Frau geliebt, aber das war lange her. »Ich werde ohne den Rest der Soldaten nicht zurückkehren«, versprach Collin ihm. »Sag Miranda, sie soll sich keine Sorgen machen. Ich werde Spencer schon finden.«
Devlynn nickte. »Gottes Segen sei mit euch allen.«
Collins Gesicht wurde unvermittelt ernst, als er die Zügel seines Hengstes anzog. Der Kastanienbraune stieg hoch, seine Vorderbeine schlugen in die Luft.
Collin gab dem Tier die Zügel frei.
So schnell wie ein Blitz schoss der Hengst nach vorn, galoppierte über das nasse Gras des Schlosshofes und flog gerade durch das Tor davon. Ein
Weitere Kostenlose Bücher