Geliebte Fälscherin (German Edition)
Wasserturm und versteckten sie im Bärenzwinger, wo der Schwarzbär, der hinter seinen Gittern schlief, sich nicht einmal rührte. Sie steckten Zettel in das Eisengitter der Lauben, in die dürren Arme von alten Magnolienbäumen; einen steckten sie ins Maul einer steinernen Kobra, die sich auf einem Springbrunnen im Gewächshaus zusammengerollt hatte.
Im kalten Eishaus kletterte Sutton eine Felswand hinauf und ließ den Hinweis der Jungen aus einer Spalte herausschauen, wo sie den Zettel leicht sehen konnten. Claire versteckte den Zettel für die Mädchen zuerst hinter einem großen Eisblock in der Ecke. Dann überlegte sie es sich aber anders und stellte sich mit Suttons Hilfe auf einen Eisblock und stopfte den Zettel in eine Spalte zwischen zwei Steinen, wo er auch gut zu sehen war.
Sie lutschten an Eisstückchen, die er mit einem Pickel abgebrochen hatte, und verließen das Eishaus mit den zwei letzten Hinweisen, die sie noch verstecken mussten. Claire ging neben Sutton her, als sie über das Gelände zu ihrem letzten Ziel zurückmarschierten.
Von der Eleganz und Größe des Geländes und der Vielzahl an Gebäuden und architektonischen Meisterleistungen fast schwindelig, seufzte sie. „Wie konnte sich Mrs Acklen das alles nur ausdenken?“ Sie schaute den Hang hinab zum Gewächshaus. „Sie hat da drinnen Blumen und Bäume, von denen ich noch nie etwas gehört habe, geschweige denn, dass ich sie je zuvor gesehen hätte. Man kommt sich vor wie in einem fremden Land.“
Sutton nickte. „Sie liebt seltene Dinge. Und schöne Dinge.“
„Kanntest du Mrs Acklen schon, als sie das hier alles baute?“
„Als sie und ihr verstorbener Mann es bauten“, verbesserte er sie sanft. „Und ja, ich kannte sie. Natürlich nicht so gut wie jetzt. Das war vor ungefähr … dreizehn Jahren. Mein Vater war viele Jahre der Familienarzt der Acklens. Adelicias verstorbener Mann, Joseph, und mein Vater waren gute Freunde. Mr Acklen war auch mein Mentor, als ich anfing, Jura zu studieren.“
Sie gingen schweigend miteinander weiter, während Claire diese Informationen auf sich wirken ließ. Sie hatte geahnt, dass eine engere Beziehung zwischen Mrs Acklen und Sutton bestand. Das erklärte Suttons Hingabe für Mrs Acklen. Adelicia, wie er sie vorher genannt hatte, war nicht nur seine Arbeitgeberin. Sie war eine langjährige Freundin seiner Familie.
„Hier sind wir!“ Sutton stieg die Treppe zum Gebäude hinauf, in dem sie ihre letzten zwei Hinweise unterbringen würden. Claire war sicher, dass die Jungen und Mädchen von diesem Gebäude morgen begeistert wären.
Als Claire das Gelände das erste Mal erforscht hatte, hatte sie sich gefragt, was dieses lange, schmale Gebäude war. Jetzt lachte sie leise, als sie daran dachte, welchen Hinweis sie und Sutton gerade geschrieben und im Eishaus versteckt hatten. Sie hoffte, dass dieser Hinweis die Kinder hierherführen würde. Sutton hatte darauf bestanden, dass sich einige Hinweise reimen sollten, und gesagt, dass das interessanter klingen würde. Sie hatte widersprochen, weil die Hinweise dadurch nur schwerer zu schreiben wären. Aber man konnte sie sich leichter merken.
„Gehe langsam und vorsichtig heran“, zitierte sie die erste Zeile des Gedichts, das sie im Eishaus versteckt hatten. „Konzentriere deinen Blick auf die Bahn …“ Sie trat durch die offene Tür, die er für sie aufhielt.
„Behalte dein Ziel im Visier“, sprach er weiter und folgte ihr. „Dann tritt langsam näher und probier.“
„Im Dunkeln stehen und warten …“ Sie blieb einen Moment stehen und wartete, bis sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. „… zehn Figuren, ordentlich und ohne Grollen …“
„Bald wird der Angriff starten …“ Er trat neben sie. „... und polternd auf sie zurollen!“, beendete er das Gedicht mit dramatischer Stimme wie ein Schauspieler auf der Bühne.
Claire lachte über seinen grimmigen Gesichtsausdruck. „Eine Kegelbahn.“ Sie schaute sich kopfschüttelnd um. „Wer hätte das gedacht?“
„Wenn man einen Bärenzwinger hat, braucht man auch eine Kegelbahn.“
„Ja, natürlich. Denn wir beide wissen, wie gern Bären kegeln.“ Sie genoss es, ihn lachen zu hören, und versteckte ihren Hinweis in einem Fingerloch einer kleineren Kugel. Sie konnte es nicht erwarten, zum letzten Halt ihrer Runde zu kommen: zu dem Gebäude, das sie sehen wollte, seit sie das erste Mal davon gehört hatte. Das Gebäude, in das sie während der Woche hatte
Weitere Kostenlose Bücher