Geliebte Fälscherin (German Edition)
schlüpfen wollen, das sie aber verschlossen vorgefunden hatte. Sie hoffte, Sutton hätte es nicht vergessen.
Er versteckte seinen Zettel. Als sie wieder draußen waren, stand die Sonne im Westen schon sehr tief und war von einem rosafarbenen Dunst umgeben. Höflich bot Sutton ihr seinen Arm an, bevor sie die Treppe hinabstiegen. Claire hakte sich bei ihm unter und wünschte, sie könnte ihre Hand auf seinem Unterarm liegen lassen, als sie den Gehweg erreichten. Aber sie ließ sie nicht dort liegen.
Ihre Gedanken wanderten zu etwas zurück, das er vorher gesagt hatte. „Dein Vater … er ist Arzt?“
„Er war Arzt.“ Seine Stimme war sanft und leise wie die beginnende Nacht. „Er starb während des Krieges.“
„Oh, Sutton … das tut mir so leid.“ Sie blieb stehen. Aber als er unverändert weiterging, beeilte sie sich, sich wieder seinen Schritten anzupassen. „Fiel er auf dem Schlachtfeld?“, fragte sie nach einem Moment.
Er antwortete nicht sofort. „Nein“, flüsterte er. „Er fiel nicht auf dem Schlachtfeld.“
Sie wartete, ob er noch mehr sagen würde. „Und … darf ich nach deiner Mutter fragen? Lebt sie noch?“
In seinem Seufzen lag die Ähnlichkeit eines Lächelns. „Ja, meine Mutter lebt noch. Aber nicht hier in Nashville. Sie wohnt bei meiner Tante Lorena, ihrer älteren Schwester, in North Carolina. Sie zog nach dem Tod meines Vaters dorthin. In Nashville zu bleiben war zu schmerzlich für sie. Meine Mutter hatte schon immer eher eine … empfindlichere emotionale Natur. Und diese wurde schlimmer, nachdem mein Vater gestorben war.“
Claire nickte und fragte sich, was er mit „empfindlichere emotionale Natur“ meinte, ahnte aber, warum es seiner Mutter schwerfiel, nach dem Tod seines Vaters in Nashville zu bleiben. Sie konnte sich nicht vorstellen, immer noch in New Orleans zu wohnen, nachdem sowohl ihr Vater als auch ihre Mutter gestorben waren.
Als sie die Kunstgalerie vor sich erblickte, lächelte sie. Er hatte es nicht vergessen.
Das zweistöckige Ziegelgebäude sah sehr imposant aus, groß genug, um ein Hotel zu sein, und ganz gewiss eindrucksvoll in seinem Erscheinungsbild. Wenigstens von außen. Die Dunkelheit verbarg die Einzelheiten des Gebäudes, aber sie kannte sie bereits auswendig, da sie das Gebäude schon oft genug betrachtet hatte, seit sie auf Belmont war.
Luftige, elegante Balkone, die an europäische Architektur erinnerten, verzierten die Vorderseite des Gebäudes. Weiße Säulen umrahmten den Haupteingang und lenkten den Blick nach oben zu einem Observatorium, das das faszinierende Gebäude krönte. Sutton zog einen Schlüssel aus seiner Tasche und schob ihn ins Schloss.
„Dein bescheidenes Zuhause“, sagte sie leise.
„Wohl kaum. Das halbe Gebäude beherbergt die Kunstgalerie. Der Rest besteht aus fünf Gästewohnungen für Belmonts Besucher und aus Unterkünften für die Angestellten.“
„Die natürlich alle gern kegeln.“
„Aber nur mit Bären“, konterte er schlagfertig. Er schwang die Tür auf. „Nach Ihnen, Hauptmann.“
Claire trat hinein und blieb stehen, da sie in der Dunkelheit nichts sehen konnte. Fenster säumten die Vorderseite des Gebäudes, aber dicke Vorhänge sperrten das Tageslicht aus. Sie waren alle zugezogen, wie sie in dieser Woche festgestellt hatte. Zum Schutz der Gemälde nahm sie an.
Aber die Vorhänge dienten einem doppelten Zweck, da sie die Kunstgegenstände auch vor Neugierigen schützen, die hier nichts zu suchen hatten. Vor Leuten wie sie.
„Warte hier.“ Er berührte ihren Arm. „Ich hole eine Lampe.“
Das Echo seiner Schritte verlieh dem Raum eine Atmosphäre von Weite und Größe. „Es ist spät, deshalb gebe ich dir heute Abend nur eine kurze Führung, aber du kannst ein anderes Mal gern wiederkommen. Ich denke, du wirst es genießen, dich hier umzuschauen. Besonders da du … in der Kunstwelt so gut informiert bist.“
Seine Bemerkung lag in der Luft, und obwohl sie die Worte als etwas erkannte, das Mrs Acklen gesagt hatte, spürte sie in Suttons Unterton eine Bedeutung, die sie nicht interpretieren konnte, ohne sein Gesicht zu sehen. „Mrs Acklen war zu großzügig, als sie das sagte, Sutton. So gut kenne ich mich auch nicht aus. Das kannst du mir glauben.“
„Und du kannst mir glauben, Claire …“ Er entzündete ein Streichholz und hielt es an den Docht einer Öllampe. Der Lichtschein bewegte sich über die Wände, als er zu ihr zurückkam. „Mrs Acklen ist nie zu großzügig.“
Etwas
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