Geliebte Gefangene
Emotionen, heiß wie ein Sommersturm. Anne ballte die Hände zu Fäusten. „Und wenn ich mich weigere?“
Simon zuckte die Schultern. „Rebellenanführer werden gehängt, erschossen oder eingekerkert – ganz nach dem Ermessen des Siegers.“
„Ich bin keine Rebellin!“, antwortete Anne heftig. „Ihr seid derjenige, der gegen den rechtmäßigen König die Waffen erhoben hat!“
Simons Gesicht blieb weiterhin ausdruckslos, aber sein Tonfall war schneidend. „Ah, natürlich. Das hatte ich vergessen. Ihr würdet Euch lieber mit einem Mann wie Malvoisier verbünden, der Royalist war, aber Grafton mit eiserner Hand regiert und aller guten Dinge beraubt hat, der dem Ort das Leben ausgesaugt und Eure Leute als Staub unter seinen Füßen behandelt hat. Da liegt wohl Eure Loyalität!“
In blinder Wut wandte Anne sich ab, trat ans Fenster und legte ihre Finger auf die kalte Scheibe in dem Versuch, ruhig zu bleiben. Sie sah über das Land. Auch wenn das Feuer im Tempest Tower verloschen war, hing noch immer Asche und Rauch in der Luft. Selbst hier konnte sie es riechen. Der Geruch trieb im kalten Wind und vermischte sich mit dem frisch fallenden Schnee. Simons Männer arbeiteten sich vor ihren Augen durch den Schutt, und Anne schauderte, als sie ihrem methodischen Vorgehen zusah. Sie wusste, nach was sie suchten, und hoffte von ganzem Herzen, dass das Feuer gnädig genug gewesen war, um alle sterblichen Überreste des verstorbenen Earl of Grafton zu vernichten. Sie wollte nicht, dass irgendetwas übrig geblieben war, das man finden konnte.
Auf eine gewisse Weise hatte dieses Feuer, das so brutal einen Teil ihres Heims und ihres Lebens zerstört hatte, für sie auch eine neue Seite aufgeschlagen. Sie konnte nicht trauern. Stattdessen fühlte sie Wut. „Ihr wisst, dass ich Malvoisier gehasst habe“, sagte sie bitter. „Ich gebe es offen zu. Er war käuflich und korrupt und grausam, und ich habe es gehasst, zusehen zu müssen, wie er Grafton zerstört hat. Alles, was uns verbunden hat, war, dass wir auf derselben Seite standen.“ Sie wirbelte herum, und ihre Miene zeigte deutlich ihren inneren Aufruhr. „Aber ich bin die einzige Erbin meines Vaters, Lord Greville. Wir mögen uns im Bürgerkrieg befinden, aber Grafton ist mein rechtmäßiges Erbe, und wenn Ihr es mir wegnehmt, brecht Ihr das Gesetz.“
Simon straffte sich. „Ich habe es Euch schon weggenommen. Grafton war eine militärische Garnison. Daher gehört es nach dem Gesetz jetzt mir als Eroberer.“
Wut und Entrüstung erfüllten Anne, als sie ihre schlimmsten Befürchtungen auf so grausame Weise bestätigt sah. „Das könnt Ihr nicht machen! Ihr könnt nicht einfach einmarschieren und mir mein Land nehmen!“
Simons Kiefermuskeln spannten sich. „Meine Männer werden in Grafton bleiben, bis ich das Land für die Parlamentarier gesichert habe.“ Unter der seidenweichen Höflichkeit waren seine Worte hart wie Stein. Es machte Anne unglaublich wütend, ihm zuzuhören. „Diese Gegend ist bekannt für ihre Aufstände, und Grafton ist ein perfekter Standort für eine parlamentarische Machtbasis. Ich bedaure, Euch in dieser Angelegenheit keine Wahl lassen zu können, Mylady.“
Abrupt wandte Anne sich ab. Sie hatte Kopfschmerzen und wollte nur noch schlafen. Sie wünschte, sie hätte ihren Vater, um bei ihm Kraft und Weisheit zu finden, aber sie war ganz allein. Müde rieb sie sich über die Stirn. „Ihr könnt mir mein Erbe nicht so einfach stehlen!“, brach es aus ihr hervor. „Dazu habt Ihr kein Recht!“ Mit flehendem Blick sah sie ihn an. „Wenn die Gefahr vorbei ist, wird das Gut doch an mich zurückfallen, nicht wahr?“
Simon schüttelte den Kopf. „Ich habe Grafton eingenommen, und es gehört nun mir“, sagte er in grimmigem Tonfall. „Es ist an mich und an das Parlament gefallen. Ihr habt nichts mehr, Lady Anne. Kein Vermögen, kein Gut und keine Autorität. Es ist nun meine Entscheidung und die meiner Hauptmänner, was mit Euch geschehen wird.“
Erneut fühlte Anne blinde Wut. Sie hatte so lange und so hart gekämpft, hatte die Besetzung durch den verhassten Malvoisier ertragen, hatte zugesehen, wie er ihr Land zerstörte und Belagerung und Krieg in ihr Heim brachte, und sie hatte in dem Kampf auch ihren Vater verloren. In ihrem Zorn presste sie ihre Hände so fest gegeneinander, dass es wehtat. „Ihr sagt mir also, dass Grafton jetzt Euch gehört, Lord Greville?“ Ihre Stimme schwankte. „Genau wie ich selbst?“
„Grafton
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