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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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Fahrkartenkontrolle erfolgte, war das weiter nicht schlimm. Wir beschlossen, sofort ein Taxi zu nehmen und zur Wohnung von Myriams Papa zu fahren. Das, nämlich die Eile und die Taxifahrt, hätten wir uns allerdings ersparen können, denn als wir hinkamen, war keiner zu Hause; jedenfalls antwortete niemand auf unser Klingeln. Das verdroß uns zwar fürchterlich, aber was war da zu machen? Gar nichts war da zu machen außer geduldig warten. Mit sowas hätten wir genau genommen sogar rechnen müssen; schließlich war Feiertag und ideales Ausflugswetter, und es war noch nicht einmal halb fünf.
    Also warteten wir eben und gingen ruhelos die Straße auf und ab und waren beide recht einsilbig. Und nachdem wir mindestens anderthalb Stunden so gewartet hatten, fuhr endlich ein kleines, schäbiges Auto vor, und diesem entstiegen tatsächlich Myriams Brüderlein und Schwägerin mit ihrem Kleinen. Das Brüderlein sah uns offenbar schon an der Nasenspitze an, daß da irgendwas nicht in Ordnung war, und fragte gleich ganz besorgt, was denn los sei. Ich erklärte ihm lediglich, daß wir seine sofortige Hilfe bräuchten, und hielt ihm im übrigen wortlos den Schreibblock mit den Mitteilungen seines Vaters unter die Nase. Die las er und wurde augenblicklich käsebleich. Ich könnte nicht sagen, wie oft er diese Mitteilungen las, aber es dauerte für mein Gefühl irrsinnig lang, bis er seinen Blick von ihnen wieder löste, zu mir aufblickte und uns nach einigem Zögern aufforderte, mit hinauf in die Wohnung zu kommen. Während wir gemeinsam die Treppe hinaufstiegen, flüsterte er mit seiner Frau, und die stieß immer wieder unterdrückte spitze Schreie aus und warf mir erschrockene Blicke zu. Oben angelangt, begann ich, um irgendwelchen emotionalen Szenen zuvorzukommen, sofort davon zu reden, daß man den Freund seines Vaters, den Rechtsanwalt, ohne Aufschub anrufen sollte und ob er selber anrufen wolle oder ich einmal probieren solle, und Lydia leistete mir dabei eifrig Schützenhilfe. Und unser Zureden blieb nicht ohne Erfolg: er raffte sich schließlich auf, selber anzurufen, und das war vermutlich die mit Abstand sinnvollste Lösung. Es meldete sich auch gleich jemand, und jetzt folgte ein längeres aufgeregtes Geschnatter, und sobald dieses beendet war und er den Hörer aufgelegt hatte, wandte er sich an uns und fragte uns, ob wir bereit seien, zu diesem Rechtsanwalt mitzukommen, und zwar jetzt gleich; seine Wohnung sei nur ein paar Schritte von hier entfernt. Na, selbstverständlich war waren wir dazu bereit. Also verabschiedete er sich rasch von Frau und Kind, und dann machten wir uns unverzüglich auf die Socken - Myriams Brüderlein, Lydia und ich. Unterwegs wollte ich ihn schon fast darauf hin ansprechen, daß er ja, soviel ich wüßte, seine ersten sexuellen Erfahrungen mit seiner eigenen Schwester gesammelt habe, aber dann traute ich mich doch nicht recht, und als ich gerade tatsächlich damit anfangen wollte, waren wir auch schon da.
    Der Rechtsanwalt, ein äußerst distinguiert wirkender älterer Herr, empfing uns mit großer Bestürzung, ließ sich von Myriams Brüderlein, soweit ich's beurteilen konnte, alles noch einmal ausführlich berichten, wandte sich dann in durchaus akzeptablem Englisch an mich und ließ sich von mir berichten, was ich zu berichten hatte, und zuletzt überreichte ich ihm die handschriftliche Mitteilung von Myriams Papa. Nachdem er diese aufmerksam studiert hatte, versank er in längeres angespanntes Grübeln und erklärte schließlich mit großer Bestimmtheit, Herrn Girgis werde er innerhalb weniger Tage wieder heraußen haben, und anschließend werde er unverzüglich eine Klage zumindest gegen Myriams Ehemann einbringen; ob auch noch gegen andere Mitglieder von dessen Familie, bedürfe erst noch eingehender Prüfung. Jedenfalls sei er, was eine Verurteilung anlangt, recht optimistisch; sehr interessant und wichtig sei in diesem Zusammenhang das, was ich über den behinderten Bruder von Myriams Ehemann berichtet hätte. Abschließend drückte er mir eine Visitenkarte in die Hand und versicherte, ich könne ihn jederzeit anrufen, auch hier in seiner Wohnung, und mich nach dem jeweiligen Stand der Dinge erkundigen, und damit waren wir entlassen.
    Lydia und ich begleiteten Myriams Brüderlein noch bis zu seinem Haus, gingen aber dann trotz seiner Einladung nicht mehr mit hinauf in seine Wohnung, und mir kam sogar vor, daß er darüber direkt erleichtert war, und das konnte ich ihm auch gar nicht

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