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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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ein liebenswertes Geschöpf!' ergänzte Lydia.
    Ich stutzte und warf ihr einen kurzen, prüfenden Blick zu, weil mir nicht ganz klar war, wie sie das meinte. Sollte das vielleicht eine kleine, boshafte Anspielung sein? Ihre Miene war aber vollkommen undurchsichtig und verriet mir nichts über ihre Absicht, und drum sagte ich mit geflissentlicher Arglosigkeit: 'Ja, liebenswert, bezaubernd und charmant!'
    'Ja!' hauchte Lydia ganz ernst und verstummte sogleich wieder. Und wieder ging ein Engel durchs Zimmer, und ich glaubte Myriams Geist zu spüren und ihre weiche, samtene Stimme zu hören und ihr hübsches, anziehendes Gesicht mit dem Pharaonenprofil zu sehen, und ich fröstelte, und Lydia sagte: 'Was hast du denn, Schatzilein? Du zitterst ja!' Und nach längerem Zögern flüsterte ich: 'Ich hab' gerade einen Tagtraum gehabt ... Es war, wie wenn mir ... die Myriam erschienen wäre ... Sie hat ausgesehen wie ... wie ein Engel ... Sag einmal, Schatzilein, glaubst du das eigentlich? Ich meine, daß unsere liebe Myriam Ehebruch begangen hat?'
    'Nein!' erwiderte sie, und es klang überraschend sicher. Aber im nächsten Moment hatte sie schon wieder Tränen in den Augen.
    'Hm, ich kann's ja auch nicht recht glauben', sagte ich etwas zögernd, 'obwohl ...'
    'Obwohl?' versuchte mir Lydia weiterzuhelfen.
    'Naja, obwohl man natürlich objektiverweise zugeben muß, daß die Indizien dagegen sprechen.'
    'Muß man das ... objektiverweise?'
    'Na, das ist selbstverständlich alles keine Entschuldigung für dieses ... dieses unmenschliche Verhalten ihrer ... ihrer Peiniger. Stell dir vor, alle Frauen, die ihre Ehe brechen, müßten sich ... Die halbe Menschheit würde ausgerottet!'
    'Die halbe?' warf Lydia ein und lächelte unter Tränen.
    'Na, vielleicht ein bisserl weniger als die halbe - seien wir großzügig und sagen wir: ein Drittel. Aber ich glaube, das reicht noch immer, hm? Ich bezweifle, ob's auf der Welt genügend Steine gibt.'
    'Siehst du, jetzt weißt du endlich, warum ich nicht heiraten will!' Und dazu lächelte sie wieder süß.
    'Ach, Schatzilein!' rief ich aus, richtete mich halb auf und küßte ihr gerührt die von Tränen feuchten Augen und Wangen. Hierauf legte ich meinen Kopf wieder auf den Polster, grübelte eine Zeitlang und sagte schließlich mit tonloser Stimme: 'O ja, wenn man objektiv sein will, muß man zugeben, daß die Indizien dagegen sprechen. Aber kann man's ihr verübeln? Bei dem Ehemann? Hast du ihn gesehen?'
    'Na freilich.'
    'Sag selber: sieht der nicht so aus wie einer, der überhaupt keine Ahnung davon hat, was man mit einer Ehefrau macht?'
    'Ich weiß nicht, wie solche Männer aussehen.'
    'Na klar sieht der so aus, dieses Riesenbaby! Oder bestenfalls läßt der sich auf die Frau fallen und tut ihr nur weh. Könnte man's ihr da verübeln, wenn ...? Und bei der Furie von Schwiegermutter!'
    'Na, das ist wohl wahr! Mit einer solchen Schwiegermutter im selben Haus zu wohnen, das allein muß schon Martyrium genug gewesen sein! Wo ich's schon bei deiner Mutter nicht aushalten würde! Drum hab' ich ihre ursprüngliche Behauptung, Myriam sei mit ihrem Baby ausgerissen, auch sofort geglaubt. Ich wäre nämlich an ihrer Stelle ausgerissen, und zwar rechtzeitig.'
    'Du meinst: bevor ...' Ich scheute mich, den Satz zu vollenden.
    'Genau: bevor's noch so weit gekommen wäre.'
    'Naja, das muß man erst einmal riechen, daß es innerhalb der eigenen Familie so weit kommen kann!'
    'Hm - das ist auch wieder wahr! Zumal wenn man keinerlei schlechtes Gewissen hat. Ich bin nämlich überzeugt, daß unsere liebe Myriam ihre Ehe nicht gebrochen hat.'
    'Ja? Wenn aber die Indizien ...'
    'Ach, die Indizien! Du meinst natürlich ihr blondes, blauäugiges Baby?'
    'Na klar.'
    'Indizien sind doch keine Beweise. Indizien können sich manchmal auf höchst überraschende Weise aufklären. Das weiß man doch aus den Krimis, oder nicht? Aber es gibt auch Beispiele aus dem wirklichen Leben. Da erinnere ich mich zum Beispiel an einen Zeitungsartikel, den ich einmal gelesen habe. Eine Münchnerin soll ein schwarzes Baby bekommen haben. Ihr Mann war aber ebenfalls Deutscher, genauso weiß wie sie. Natürlich hat er sie sofort der Untreue bezichtigt und sie zwar nicht gesteinigt - das nicht -, wohl aber die Scheidung eingereicht. Sie konnte aber - wie, das weiß ich nicht mehr - nicht nur nachweisen, daß sie vollkommen unschuldig ist, sondern vor allem, daß er der schuldige Teil ist.'
    'Ihr Ehemann? Wie geht das?'
    'Na, hör zu! Kurz,

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