Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
Vom Netzwerk:
gestehen, nicht ganz ohne Häme. Aber dann bedachte ich die möglichen Folgen seiner Bedrängnis, und da stiegen mir nun doch die Grausbirnen auf, und mir wurde ganz schwummerlich. Und ich wandte mich zu Myriam um und fragte sie, wann's den nächsten Toilettenstopp gebe. Sie beriet sich kurz mit Machmut und meinte dann, in 20, höchstens 30 Minuten. Ich bedankte mich und sagte an, in 20 Minuten gebe es den nächsten Aufenthalt, und ob man's so lange noch aushalte? Statt einer Antwort verzog Herr Giftzwerg sein Gesicht zu einer leicht verzweifelten Grimasse und schaute auf die Uhr; dann lehnte er sich zurück und schloß die Augen. Offensichtlich gedachte er sich ins Unvermeidliche zu schicken.
    Bald danach fuhren wir an einer größeren Ansammlung von Ruinen vorbei, und Myriam - ich hatte mich inzwischen wieder an ihrer Seite niedergelassen - Myriam also flüsterte mir ins Ohr, das sei eine in der griechischen Epoche gegründete Stadt, und sie habe hier eigentlich einen kurzen Zwischenstopp vorgesehen, aber unter diesen Umständen sei das wahrscheinlich nicht sinnvoll.
    Klar. Kurz darauf erreichten wir eine Geländekante, und dahinter ging's nicht nur bergab, sondern wir erlebten eine tolle Fata Morgana: unser Blick fiel auf einmal auf ein unabsehbares und herrlich grünes Palmenmeer vor uns. Es war aber gar keine Fata Morgana, sondern eben die Oase Faijum, aber wenn man nach langer Wüstenfahrt plötzlich auf eine Oase stößt, ist man von dem Gegensatz zwischen absoluter Unfruchtbarkeit und überschäumender Üppigkeit einfach überwältigt.
    Es dauerte nicht lang, und dann konnte man in der Nähe schon den großen See erkennen. Einige Zeit fuhren wir nicht weit von dessen Ufer dahin, und dann war's endlich soweit, und ich glaubte deutlich zu hören, wie alle aufatmeten, und sogar, wie allen ein Stein vom Herzen herunterpurzelte: Machmut fuhr auf einen großen, leeren Parkplatz neben dem Seeufer ein, und hinter dem Parkplatz war ein schöner, blühender Garten zu erkennen und hinter diesem ein niedriges Gebäude: ein in totaler Einsamkeit gelegenes Hotel. Und nun zeigten sich meine Leute wirklich würdig, als Großfamilie angesprochen zu werden, denn sie blieben alle brav und geduldig sitzen, bis unsere zwei Giftzwerge ausgestiegen waren und sich im Laufschritt in Richtung Hotel abgesetzt hatten; erst dann erhoben sie sich von ihren Sitzen und begannen selber auszusteigen und dem Hotel zuzuströmen. Das heißt, nicht alle strömten, sondern unsere drei Kinderlein hatten blitzartig was viel Interessanteres entdeckt: am Seeufer schaukelten nämlich eine Reihe von Booten im Wasser, und daneben hockten mehrere braungebrannte Gestalten beisammen und palaverten eifrig und ließen sich die Sonne auf den Bauch scheinen. Und wie ich das nächste Mal hinschaute, schaukelte eines der Boote zwar immer noch auf dem Wasser, aber schon ein Stück vom Ufer entfernt, und in ihm, nämlich im Boot, saßen unsere Kinderlein und schaukelten mit, und die zwei Buben ruderten verbissen, aber etwas unkoordiniert, und Klein-Barbara saß nur und blickte bewundernd zum Clemens auf.
    Als wir dann nach einem gemütlichen und friedvollen Bummel durch den von den vielen Blüten herrlich duftenden Garten das Hotelgebäude betraten, erwartete uns leider schon die nächste Aufregung um die gute Familie Giftzwerg. Herr Giftzwerg kam uns nämlich entgegengestürmt, und seine Äuglein funkelten vor Empörung, und sein freundliches Gesicht war feuerrot angelaufen. Oje, oje, was war denn jetzt schon wieder los? War Frau Giftzwerg - sie war nämlich nirgends zu sehen - vielleicht ins Klo gefallen oder sowas? Aber wir sollten den Grund seiner Empörung sowieso gleich erfahren, denn er machte daraus natürlich kein Geheimnis. 'Was ist denn das für eine Scheißbude?' empörte er sich lautstark. 'Die haben nicht einmal einen Tee!' Ja, ob er denn nicht zum Frühstück einen Tee getrunken habe, wollten einige wissen. Nein, er habe ja keine Zeit gehabt - wenn wir auch so früh abfahren müßten! Aber als von der Rache des Pharao Betroffene sollten er und seine Frau doch möglichst viel Tee trinken, nicht?
    Mit der Zeit verloren die anderen ihr Interesse an dieser unfruchtbaren Diskussion und zerstreuten sich in alle Himmelsrichtungen; nur unsere liebe Lydia stand noch in der Nähe offenbar unschlüssig herum und schaute irgendwie frustriert zu uns her, und ich hatte einen Moment lang das zwingende Gefühl, daß sie viel lieber mit mir in einem Ruderboot

Weitere Kostenlose Bücher