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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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wie sie unter Tränen lächelte, und hätte in dem Moment viel darum gegeben zu wissen, ob sie deshalb lächelte, weil sie von den anderen so heftig verteidigt wurde, oder ob sie mich einfach nur anlächelte. Jedenfalls lächelte ich vorsichtig zurück, und sobald das Geschrei etwas abgeebbt war, nahm ich ihr wortlos das Mikrophon aus der Hand, stand auf und drehte mich zu meinen Leuten um. Jetzt wurde es ebenso schlagartig still, wie es zuvor laut geworden war, und aller Augen richteten sich erwartungsvoll auf mich. Ich weiß nicht, ob sie sich erwarteten, daß ich die Familie Giftzwerg zur Schnecke mache oder so. Das tat ich nämlich nicht, sondern versuchte mich möglichst diplomatisch zu verhalten, indem ich darauf hinwies, daß unsere liebe Myriam keineswegs von den gesellschaftlichen Zuständen der altägyptischen Zeit erzählt habe; im Gegenteil: soviel ich wisse, sei damals die Frau rechtlich dem Mann ziemlich gleichgestellt gewesen, nicht wahr? Ich wandte mich fragend nach Myriam um, und sie nickte heftig.
    Nun wandte ich mich wieder meinen Leuten zu und fuhr fort: 'Nein, was uns unsere liebe Myriam eben geschildert hat, sind die Verhältnisse der Gegenwart, nicht des Altertums. Und da erhebt sich natürlich automatisch die Frage: Wie war sowas nur möglich? Was hat eine solche Veränderung der Dinge hervorgerufen? Oder - schließlich hat Myriam einmal den Koran erwähnt - man könnte auch direkter fragen: Ist es der Islam, der diese Veränderung mit sich gebracht hat?
    Nun, meine sehr sehr verehrten Damen und Herren. liebe Madeln und Buben, ich hab' einmal einen hochinteressanten Vortrag eines katholischen Theologen zum Thema „Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Christentum und Islam“ gehört. Er bezeichnet sie übrigens als Bruderreligionen, weil sie beide auf gemeinsame israelitisch-mosaische Quellen zurückgehen; und daraus folgt, nebenbei bemerkt, daß Allah mit dem jüdisch-christlichen Gott absolut identisch ist. Und in diesem Vortrag behandelte er unter anderem die Stellung der Frau in Christentum und Islam. Lassen Sie mich daraus einige Gedanken zitieren! Er erwähnte zunächst die unter den Christen weit verbreitete Ansicht, daß im Islam die Frau mehr oder weniger als Sklavin des Mannes gelte und sozusagen wie ein Stück Vieh käuflich erworben werde, und bestätigte, daß diese Ansicht durchaus mit Beispielen belegt werden kann, daß die gesellschaftliche Praxis der islamischen Länder der Frau Einschränkungen auferlegt, die uns als mit der Menschenwürde unvereinbar erscheinen. Hierauf meldete er jedoch Zweifel an, ob das - im angeblichen Gegensatz zum Christentum - ein spezifisch islamischer Zug sei, und wies darauf hin, daß ähnliche Beschränkungen der weiblichen Bewegungs- und Entfaltungsfreiheit lange Zeit auch in christlichen Ländern üblich gewesen sind und heute noch bei uns Nachwirkungen zeigen in Form von geringerer Entlohnung der Frau gegenüber dem Mann im Arbeitsprozeß, ihrer relativ unbedeutenden Rolle in der Politik, und so weiter.
    Im weiteren ging der Vortragende der Frage nach, ob diese unbestreitbare Benachteiligung der Frau in beiden Kulturkreisen religiös, also vom Glauben her, motiviert ist, und kommt zum Ergebnis, daß dem in der Tat so ist. Im Koran heißt es nämlich: „Die Männer sind den Frauen überlegen wegen dessen, was Allah den einen vor den anderen gegeben hat ... Die rechtschaffenen Frauen sind ihren Männern gehorsam ... Diejenigen aber, für deren Widerspenstigkeit ihr fürchtet - warnet sie, verbannt sie aus dem Schlafgemach und schlaget sie!“ Und ganz ähnlich heißt es im Neuen Testament: „Ich will, daß ihr wißt, daß Christus das Haupt jedes Mannes ist, der Mann das Haupt der Frau und Gott das Haupt Christi ... Der Mann darf sein Haupt nicht verhüllen, weil er Abbild und Abglanz Gottes ist; die Frau aber ist der Abglanz des Mannes. Denn der Mann stammt nicht von der Frau ab, sondern die Frau vom Mann. Auch wurde der Mann nicht für die Frau geschaffen, sondern die Frau für den Mann.“ Oder an einer anderen Stelle: „Die Frau soll sich stillschweigend in aller Unterwürfigkeit belehren lassen. Zu unterrichten erlaube ich der Frau nicht, auch nicht, über den Mann zu herrschen, sondern nur, sich still zu verhalten. Schließlich wurde Adam als erster erschaffen, danach erst Eva. Und nicht Adam ließ sich täuschen, sondern die Frau ließ sich täuschen und übertrat das Gebot.“ Oder wieder an einer anderen Stelle: „Ebenso (nämlich

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