Geliebte Nanny
passt es mir ganz und gar nicht in den Kram, dass David auf Melissa fixiert ist, wie ein sabbernder Köter auf einen Tennisball. Dabei kennt er mich nicht einmal. Ich könnte die blödeste Ziege oder die dümmste Nuss auf der Welt sein – Hauptsache blond und langbeinig oder was? Das ist mal wieder typisch Kerl!
In mürrische Gedanken vertieft, springt mir ganz unvorbereitet ein Funke in den Sinn, der sich innerhalb von Sekunden zu einem großartigen Begeisterungsfeuer entfacht. »Ach, das ist doch idiotisch! Bestimmt habe ich einfach nur zu viel getrunken.«, hole ich mich schleunigst auf den Boden der Tatsachen zurück. Oder…?
Wer weiß…, wäre es eventuell tatsächlich möglich, David dazu zu kriegen, sich in Melek mit ihrem Kopftuch und der alles verhüllenden Kleidung zu verlieben, ohne dass er weiß, wer sie wirklich ist? Diese Idee lässt mich nicht mehr los. Er soll doch einfach nur feststellen, dass Melek tolle Charaktereigenschaften hat und liebenswert ist. Anscheinend denkt er ja automatisch, Melissa besäße diese Vorzüge.
Hin und wieder blinzle ich kurz in Davids Richtung. Er schlürft verkrampft sein Bier. Ich muss ja zugeben, dass ich mich ein klitze - klitze - kleines bisschen in David verguckt habe. Aber so einfach ist das nicht. Ich kann ja schlecht » Überraschung, ich bin’s übrigens, Melek!« rufen und schon ist die Sache geklärt. Klodia würde höchstwahrscheinlich im Dreieck springen. Oje, ziemlich paradoxe Angelegenheit das Ganze.
Cengiz und Yasemin labern indessen ununterbrochen. An Yasis strahlenden Gesichtszügen erkenne ich, dass sich das Versöhnungsgespräch genau nach ihren Vorstellungen entwickelt.
Ich spüre, wie David mich immer wieder ansieht. Einmal treffen sich unsere Blicke zufällig und er schenkt mir ein fesches Lächeln. Ich bemühe mich, es möglichst leidenschaftslos zu erwidern. So ganz kapiert er meine Absicht, ihn (hier und heute) abblitzen zu lassen scheinbar nicht. Ich glaube es wird Zeit, andere, weitaus wirkungsvollere Maßnahmen zu ergreifen, um ihn loszuwerden. Ich erhebe mich von meinem Hocker, ohne ihn zu beachten und schreite elegant zur Bar. Dabei werfe ich meine Haare kokett über meine Schultern.
Dass prompt die regsamen Blicke sämtlicher männlicher Clubbesucher an mir kleben bleiben, dürfte David dabei nicht entgangen sein. Mit verdrießlicher Miene nimmt er es zur Kenntnis.
Ich stelle mich lasziv an den Bar - Tresen. Der Oben - ohne - Barkeeper erfasst kurzerhand seine Chance bei mir zu landen und startet unverzüglich einen kühnen Annäherungsversuch. Ich proste ihm zu und schenke ihm mein sinnlichstes Lächeln. Der Barkeeper nimmt das als Flirt auf und freut sich wie ein Schneekönig, während David sich insgeheim vermutlich in den Arsch beißt. Ich spüre genau, wie er jede meiner Bewegungen beobachtet.
Spätestens als ich mich mit dem Barkeeper, heftig turtelnd auf die Tanzfläche schwinge, müsste sich Davids Gefallen an Melissa doch endgültig verabschieden (was ja meine Absicht bei der ganzen Sache ist).
»Vergiss Melissa!« , beschwöre ich ihn im Geiste. Wenn er mich erobern will, dann bleibt ihm wohl nichts anderes übrig, als seine Aufmerksamkeit auf das türkische Kindermädchen, Melek, zu lenken.
Zu Hause falle ich todmüde in mein Bett, das lange nicht so gemütlich ist, wie mein Himmelbett in meiner Luxussuite . Die ganze Nacht schwirrt David in meinen Träumen herum.
Nachdem ich mir den Barkeeper, der mich am liebsten mit nach Hause genommen hätte, wieder vom Hals geschafft hatte, war mir nicht länger zum Feiern zumute. Den Rest des Abends vermied David jegliche Tuchfühlung und hielt sich tunlichst von mir fern, obwohl Schmalzlocke ihn mehrfach hartnäckig dazu angestachelt hatte, es weiterhin bei mir zu versuchen.
Davids Abschiedsgruß glich einem plötzlichen Wintereinbruch und sein frostiger Händedruck verursachte mir eine Gänsehaut.
»Auf nimmer Wiedersehen, Melissa« , schien er mir am liebsten vor den Latz knallen zu wollen. Doch er sagte nichts und ging.
Im Gegensatz dazu, hielten Cengiz und Yasi ein sentimentales, Abschiedszeremoniell (in Überlänge) ab, welches selbst Sissi und Franzl nicht besser zu Stande gebracht hätten. Dabei fiel mir auf, dass Cengiz Yasi nicht, wie üblich, von oben bis unten begrapschte. Stattdessen ruhten seine Hände ausgesprochen sittsam, oberhalb ihrer Gürtellinie. Es sah aus, als wollten die beiden diesen zweiten Anlauf wesentlich gezügelter
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