Geliebte Nanny
Geschäftsreisen und Termine an, sodass er ohnehin selten daheim sein wird.
Abgesehen davon, wächst mir diese Sache mit David langsam über den Kopf. Besser ich vergesse das mit ihm. War sowieso eine blöde Idee. Als ob er sich in die Kopftuchträgerin Melek vergucken würde. Wo er sich nun auch noch als Integrationsverfechter entpuppt hat. Absurder geht’s doch gar nicht.
Also gut! Ich werde David aus meinen Gedanken verbannen. Ich brauche keinen Mann und schon gar keinen, der mich nicht so akzeptiert wie ich bin. Ich muss bei klarem Verstand sein, um eine professionelle Nanny abzugeben. Das ist jetzt das Allerwichtigste. Meine Mission. Wenn ich die Kinder nicht lieben darf, dann muss es eben ihre Mutter tun. Es wäre doch gelacht, wenn es mir nicht gelingen würde, aus dieser Rabenmutter eine Glucke zu machen.
Liebe Frau Supernanny von RTL, zieh’ dich warm an. Hier kommt die Neue!
***
Ich liege in meinem Zimmer auf dem Bett. Ich brauche dringend ein Konzept, um meinen Plan umzusetzen. Wie kriege ich Klodia dazu, eine liebende, alltagstaugliche Mutter zu werden?
Ich zähle im Geiste die Möglichkeiten auf.
Vielleicht a) mit Gehirnwäsche oder b) mit Bestechung – jeden Tag eine hübsche, goldene Überraschungstüte von Chanel. Oder doch lieber c) mit roher Gewalt; vielleicht bringe ich sie ja unter Einsatz von rostfreiem Fleischerwerkzeug endlich zur Vernunft. Klodia ist wirklich eine harte Nuss.
Mein Handy piepst. Eine Sms von Yasi. Im Hinblick auf ihre Wortwahl erkenne ich sofort, dass sie wütend ist.
SMS an Mel B.
Von Yasi
Na toll. Der Kackvogel kann mich mal!
Und wir sprechen uns auch noch Mel!!!
Y.
Was soll das denn jetzt, bitteschön?
Im nächsten Augenblick klingelt mein Handy. Reflexartig nehme ich das Gespräch an. Schließlich kann es sich nur um Yasi handeln.
»Hallo?«
»Ich fass’ es nicht, Mel. Dass ich dich ans Telefon kriege...«, Sörens überhebliche Stimme trifft mich wie ein Schlag mit einer Bratpfanne. Der hat mir gerade noch gefehlt.
»Was willst du Sören?«
»Was glaubst du denn?«
»Ich hab keine Lust auf Ratespielchen«, kontere ich patzig, »…hab Wichtigeres zu tun. Ich bin schließlich bei der Arbeit.«
»Ach, ja, stimmt. Deine Mutter war so freundlich, mir erstaunlich viel Auskunft über dich und deine neue Arbeitsstelle zu geben«, prahlt Sören. »Hach ja, ich hatte schon immer einen Stein bei ihr im Brett. Hab ich Recht?«
Ich bin stinksauer und könnte auf der Stelle losschreien. Dafür werde ich meine geschwätzige Mutter mit dem Arsch nicht mehr angucken. Mindestens zwei Wochen lang nicht. Danach hat sie Geburtstag, leider ist es ihr Fünfzigster. Das ist ja wohl die mit Abstand dämlichste Aktion, die sie seit langem gebracht hat. Okay, so lange auch wieder nicht. Wenn ich an das zwölfteilige Topfset im Wert eines Kleinwagens denke, das meine Mutter Anfang des Jahres bei einer illegalen Kaffeefahrt erworben hat. Na gut, dass die Fahrt illegal war, wussten wir natürlich erst, nachdem das LKA das Topfset beschlagnahmte und den Kaufbetrag nicht zurück erstatten wollte.
Wie kommt meine Mutter bloß dazu, über solche Dinge mit meinem Ex zu sprechen? Wieso redet sie überhaupt mit meinem Ex?
Wenn ich nicht mit ihm rede, dann ist es doch streng genommen ein Naturgesetz, dass meine Mutter erst recht nicht mit ihm zu reden hat. Oder etwa nicht? Er hat ihrer Tochter immerhin die Zukunftspläne zunichte gemacht, und ihr obendrein die Aussichten auf Enkelkinder. Wenn das nicht Grund genug ist.
»Du bist also in Kaiserswerth? Nettes Pflaster.«
Wütend stoße ich Luft durch Nase und Mund aus, sodass ein lautes Geräusch im Hörer ertönt.
»Ja, und?«
»Ich hab mir gedacht, ich komm’ dich mal besuchen. Wie sind denn die Bonzen so?«
»Das wagst du nicht, Sören!«
Er gluckst: »Und wenn ich schon da war?«
Jetzt keimt Panik in mir auf.
»Melissa?«
Ich konzentriere mich darauf, ruhig zu atmen. Vielleicht hat er nur geblufft? Auf so was ist er spezialisiert.
»Und, was hältst du von meinem schicken Arbeitsplatz?« Ha, was er kann, kann ich schon lange. Ich glaube, meine Gelassenheit stürzt ihn gerade in arge Zweifel, denn er schweigt. Dann folgt ein leises Räuspern. Das hat er schon immer so gemacht, wenn er unsicher war oder mich anlog.
»Mehr, als die schöne, hohe Mauer und den Blick auf die Kirschlorbeerhecke, wirst du sowieso nicht zu sehen bekommen«, lasse ich durchblicken. »Die haben
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