Geliebte Suenderin
entlang, zu den Klängen der Glocken, die alle zum Jahrmarkt riefen. Sie stellten den Wagen auf einem holprigen Feld ab, von wo aus die kleine Zeltstadt zu sehen war, die für sechs Tage Frohsinn und Handel aufgebaut worden war. Bauernwägen und Kutschen, Karren und Pferde drängten sich und versuchten, ihre Passagiere näher an das abge-grenzte Gebiet zu bringen.
Richard führte sie zuerst zum Bäcker. Man brauchte kein Schild, um sein Zelt zu finden, der aromatische Duft von Kuchen und Plätzchen war den Hungrigen Wegweiser genug. Richards Augen funkelten, und er leckte sich erwartungsvoll die Lippen angesichts der herrlichen Dinge, die da angeboten wurden.
»Und was möchte der junge Herr an diesem wunderschönen Sommertag haben?« fragte ihn jemand mit fröhlichem Gesicht hinter dem Tresen.
Richard runzelte die Stirn und musterte die ausgestellten Nä-
schereien. »Ich nehme ein paar von den mit Zimt und Zucker bestreuten Kuchen, das Mandelplätzchen in Form eines Löwen und den Adler«, sagte Richard entschlossen, sah aber auch noch gierig auf ein mit Creme gefülltes Stück Kuchen.
Der Bäcker grinste und warf einen Blick zu den hübschen Damen, die hinter dem jungen Herrn standen. Sie nickten, und er wickelte Richards Auswahl in Papier und tauschte sie dann gegen die Münzen, die Richard ihm auf der ausgestreckten Handfläche hinhielt. »Eine Freude, mit Euch Geschäfte zu machen«, strahlte er, als Richard sofort einen herzhaften Biß aus einem der Kuchen nahm.
Sie wanderten durch die Menge, drängten sich mit Bauers-frauen, die ihre ungezogenen Kinder von Vergnügen zu Vergnü-
gen zerrten, die Gesichter strahlend vor Aufregung. Fröhlich gekleidete Jongleure und Barden, die ihre Geschichten sangen, schlenderten durch die wogende Menge und lockten und führten künftige Kunden zu den verschiedenen Buden. Über glühenden Kohlen schmolzen die Messingschmiede ihr Metall und stellten die fertigen Waren auf vollgeladenen Regalen aus. Zinn glänzte stumpf aus der Zinngießergasse, und eine Tuchbörse, mit bunten Stoffen von jeder nur erdenklichen Art, zog sich über mehrere Buden. Feiner französischer Batist, indische Baumwolle, Damast und Drillich, Tuch, Florentiner Seide und Gaze, weiches Mohair, Baumwollzeug und Popeline erfreuten das Auge. Silberbänder und bunte Samtschleifen flatterten im Wind, und junge Mädchen vom Land bestaunten hingerissen die schönen Farben, ihre Münzen fest umklammernd, mit denen sie sich ein Stück Band für ihr Haar oder ein seidenes Taschentuch für Sonntagmorgen kaufen wollten.
Mary strich über ein Tuch aus blaugrüner, indischer Seide.
»Ich wollte mir schon lange ein Tuch zu diesem Kleid kaufen.
Findest du, daß es paßt?« fragte sie Sabrina, die gerade zwischen einem gelb-und violettgestreiften und einem einfarbig türkisen Tuch wählen wollte. Richard hampelte um die beiden herum, den Blick auf ein Puppenspiel auf der anderen Seite der Gasse gerichtet.
»Hmmm, ich glaube, es ist etwas zu grün. Versuch das.«
Mary hielt sich das Stück himmelblaue Seide ans Kleid, es paßte perfekt zum Farbton. Sie hatte eine lange Zierschürze um die Taille gebunden, die mit grünen und blauen Blumen bestickt war, passend zu der Spitze, mit der ihre Corsage umfaßt war, und ein blauer Seidenhut bedeckte ihre roten Locken.
Auf Richards Drängen hin gingen sie mit ihren Einkäufen weiter zum Puppentheater, wo ein Puppenspieler eine wachsende Zuschauermenge unterhielt, während seine kostümierten Helfer die Spenden der Leute einsammelten.
Nachdem sie sich einige Zeit über ihre Possen amüsiert hatten, schlenderten Sabrina und Mary weiter und zogen Richard an klebrigen Fingern hinter sich her. Ein kleines Äffchen an einer Kette tanzte für Leckerbissen, und vor einem großen Zelt standen die Leute Schlange, um die unglücklichen Mißgeburten anzusehen.
Sie mußten anhalten, weil zwei Plätzchenverkäuferinnen den Weg versperrten, die sich mit hochroten Gesichtern um Kunden stritten. Während sie so dastanden, entdeckte Sabrina zwei unverkennbare Blondschöpfe, die die Menge überragten. Einen Augenblick später hatte man ihnen Platz gemacht. Sabrina schaute hoch zu den breiten Schultern, die die Sonne blockierten.
»Jetzt siehst du mal, was wir kleinen Leute mitmachen, Will«, scherzte Sabrina. »Ich dachte, ihr seid im Faire Maiden, wenn so viele durstige Leute unterwegs sind?«
Will schüttelte den Kopf. »Das dauert noch, bis die dahin kommen. Hier gibt’s reichlich
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