Geliebte Suenderin
Gelächter plötzlich alle anderen Geräusche übertönte. Er hob den Kopf und zuckte vor Schreck zusammen.
Bonnie Charlie stand maskiert und stumm hinter Lord Newleys Stuhl, die Pistole auf die versammelten Gäste gerichtet.
Allmählich hatten auch die anderen den Neuankömmling bemerkt und verstummten. Nur Lord Newley, der mit dem Rücken zur Pistole saß, lachte weiter, bis er plötzlich merkte, daß absolutes Schweigen im Raum herrschte. Er sprang auf, stieß sein Glas um, und eine Stimme sagte gefährlich nahe an seinem Ohr: »Sehr amüsant. Ich muß ihn mir merken, damit ich ihn meinen Freunden einmal abends bei einem Bier erzählen kann«, spottete sie.
Will und John kamen drohend in den Salon, und Bonnie Charlie stolzierte um die Gäste herum. »Schau, schau, ich fühle mich ja ganz wie zu Hause hier. Lauter alte Freunde versammelt.
Erinnert mich an einen anderen, sehr einträglichen Abend. Ich hoffe doch, dieser wird es auch.«
Lord Newley wurde puterrot vor Wut, und er stammelte, mit Augen, die ihm fast aus dem Kopf fielen: »Das ist ein Affront wider jeden Anstand!«
»Also, Gentlemen, Ihr wißt ja alle, weshalb ich gekommen bin, und ich wiederhole nur ungern eine Warnung«, sagte Bonnie Charlie, als sie beobachtete, wie Lord Newley versuchte, sich ein Messer zu greifen. Sie grinste zufrieden, als er langsam seine Hand wieder vom Tisch nahm und nach vorne gebeugt den Lauf der Pistole in seinem Rücken spürte.
»Seid gnädig und großzügig, Gentlemen, denn das hier wird das letzte Mal sein, daß ich uneingeladen Eure Häuser betrete.«
Ein erstauntes Raunen ging durch den Raum.
»Ich will mein Glück nicht ausreizen. Und nachdem Ihr alle so großzügig wart, kann ich mich auf meinen Landsitz zurückziehen und das Leben eines Gentleman führen. Vielleicht diniere ich sogar einmal mit den Herren, oder wir treffen uns bei einem Kartenspiel, aber Ihr werdet nie wissen, daß ich es bin, nicht wahr?« höhnte Bonnie Charlie mit heiserer Stimme.
»Eine Unverschämtheit!« rief Lord Malton. »Wir werden höchstens auf dein Wohl trinken, wenn du am Galgen hängst.«
Bonnie Charlie lachte. »Ach ja, das war wohl zuviel verlangt.
Dennoch werde ich von Euch noch etwas anderes verlangen.«
Will zielte mit seiner Pistole auf den Tisch, während John die Runde machte und alle Wertgegenstände einsammelte. Unter-dessen beschäftigte Bonnie Charlie die Herren mit Beleidigungen. Als John zu Lucien kam, sah er fragend zu Bonnie Charlie.
Sie kam lächelnd auf ihn zu und nahm Johns Platz ein.
»Gestattet mir«, sagte sie spöttisch. »Seine Gnaden ist schließ-
lich der Ehrengast, nicht wahr?«
Sie beugte sich zu Lucien und sah ihm direkt in die Augen.
Sabrina hatte mit seinem Zorn gerechnet, war aber doch von der Intensität seines wutenbrannten Blickes überrascht. Sie nahm seine Hand, zog ihm den Diamantring vom Finger, dann steckte sie die Hand in seinen Rock, holte seine Uhr aus der Westen-tasche, zusammen mit seiner Börse. Einen Augenblick lang erwiderte sie seinen Blick, und dann strich sie, zum Entsetzen der Gäste, mit dem Finger seine Narbe entlang.
»Gut gespielt«, flüsterte Lucien ihr zu, als sie sich wieder aufrichtete, »aber ich habe die besseren Karten, Charlie.«
Bonnie Charlies Augen blitzten, als sie sich mit einem Ruck von Lucien zu Colonel Fletcher drehte, der schweigend ein Stück weiter unten am Tisch saß.
»Ja, wen haben wir denn da? Den tapferen Führer der Männer des Königs! Schaut nur genau her, Colonel, denn näher werdet Ihr Bonnie Charlie nie sehen können«, sagte sie und lachte, mußte aber dann husten. Der Colonel schickte sich an, seinen Ring abzustreifen, aber sie gebot ihm mit erhobener Hand Einhalt. »Nein, Colonel, ich habe heute abend genug gestohlen. Es ist Strafe genug, wenn Ihr von Bonnie Charlie, dem Räuber, den ihr so entschlossen jagt, überfallen werdet.«
Mit einem heiseren Lachen drehte Bonnie Charlie sich auf dem Absatz um und schritt zum Fenster. Hinter ihr war plötzlich ein Gerangel zu hören. Sie drehte sich um, hob instinktiv die Pistole und sah, wie Lucien dem Gentleman neben sich eine Pistole entwand und sie zu Boden warf, wo sie mit ohrenbetäu-bendem Krach losging. Bonnie Charlies ängstlich aufgerissene Augen begegneten Luciens sherryfarbenen, dann floh sie, dicht gefolgt von Will und John. Die Vorhänge bauschten sich hinter ihnen, und zurück blieb eine Versammlung von Gentlemen, denen die Worte fehlten.
»Was, zum Teufel - ?« schrie
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