Geliebte Suenderin
an ihnen vorbei ins Leere, das Grau verwandelte sich vor ihren erstaunten Augen zu Silber.
Sie packte die Lehnen ihres Stuhls so heftig, daß ihre Knöchel weiß wurden. »Ich sehe . . . Dunst und Leute . . . und Schreie . . .
ich sehe Sabrina dort . . . und Bonnie Charlie. O Gott, sie liegt auf dem Boden . . . und ich sehe Pistolen . . . und das vernarbte Gesicht des Herzogs. Aber es ist alles so trüb. Ich kann die Kälte spüren . . . Rina braucht Hilfe . . . der Herzog kämpft mit Bonnie Charlie . . . doppelt . . . doppelte Gesichter . . . ich bin so verwirrt«, schrie sie. »Sabrina!« Mary streckte ihre Arme einem unsichtbaren Bild entgegen.
Lucien liefen Kälteschauer über den Rücken. Er starrte fassungslos das angstverzerrte Gesicht vor sich an. Colonel Fletcher bückte sich, packte Mary an den Schultern und schüttelte sie heftig. Ihr Kopf kippte zur Seite, und ihre Augenlider flatterten, dann fiel ihr Kopf auf die Brust. Sie atmete schwer, kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn.
Lucien goß einen Sherry ein und reichte ihn dem Colonel, der Marys Kopf nach hinten bog und ihn ihr an ihre bläulich gefärbten Lippen hielt. Ein kleiner Tropfen sickerte in ihren Mund und ihren Hals hinunter. Nach einiger Zeit kam ihr Blut wieder in Schwung, und sie bekam wieder etwas Farbe im Gesicht.
Colonel Fletcher hob Mary aus dem Stuhl hoch und trug sie, ohne den Herzog eines Blickes zu würdigen, aus dem Zimmer.
Lucien nahm den vergessenen Sherry, kippte ihn hinunter und setzte sich dann, um ungeduldig auf Antworten zu warten.
Colonel Fletcher zog Mary ihren Spenzer aus, dann drehte er sie auf dem Bett um und lockerte die Schnürung ihres Korsetts.
Er machte es ihr in den Kissen bequem, nahm eine ihrer kalten Hände und begann sie sanft zu massieren.
Mary holte tief Luft, schlug die Augen auf und schaute direkt in das besorgte Gesicht des Colonels. Er strich mit seinen warmen Händen über ihre bloßen Arme, und Mary errötete beschämt, als sie merkte, daß nur ein dünnes Hemd ihre Brüste bedeckte.
»Warum ihr Frauen darauf besteht, euch so einzuschnüren, daß ihr kaum Luft kriegt, begreife ich einfach nicht. Kein Wunder, daß ihr die meiste Zeit so blaß seid«, tadelte der Colonel sie liebevoll. »Außerdem hast du das gar nicht nötig. Deine Taille ist ohnehin so schmal.« Seine Hände glitten von ihren Schultern über ihre Brüste, verweilten dort kurz, dann umfingen sie ihre Taille, er beugte den Kopf und bemächtigte sich ihrer zitternden Lippen, und sein Kuß raubte ihr erneut den Atem.
»Terence«, flüsterte Mary. »Das ist nicht recht.« Seine Lippen hörten nicht auf, die ihren zu liebkosen, sie versuchte sich zu wehren, ließ sich aber doch küssen. Ein wohliger Schauer durch-lief ihren Körper, als sein Mund den weichen Schwung ihrer Brüste am Rand des Korsetts berührte. Sie zog seinen Kopf wieder zu ihrem hinunter, fand mit gierigen Lippen seinen Mund und überraschte ihn mit dieser ersten Reaktion auf seine Avancen hin. Dann wich Mary plötzlich zurück und drehte ihren Kopf zur Seite. »Bitte, Terence.«
Colonel Fletcher setzte sich zögernd auf und gab ihr Zeit, sich wieder zu fangen. »Wirst du es mir erzählen, Mary?« fragte er und sah sie eindringlich an.
Marys roter Kopf nickte müde. »Ich möchte mich dir anver-trauen, ich möchte dir vertrauen«, sagte sie leise und sah ihn mit flehenden grauen Augen an.
Terence nahm sie in die Arme. »Ich würde dir nie weh tun, Mary. Vertraue mir, laß mich helfen.«
»Und du spielst mir nicht nur etwas vor?«
Colonel Fletcher packte ihr Kinn und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. »Ich werde dich nicht anlügen, Mary. Ist dir schon einmal jemand begegnet, bei dem du von Anfang an wußtest, daß er ein Freund sein wird? Als ich dich das erste Mal sah, wußte ich, daß ich dich zu meiner Frau machen will. Überrascht dich das, Mary? Ich werde nicht darauf warten, daß dir der Marquis einen reichen Mann sucht, wie er es für deine Schwester getan hat. Ich bin kein junger Bursche, der seiner ersten Liebe den Hof macht. Ich bin ein alter Junggeselle, bestimmt nicht der ideale Mann, von dem du geträumt hast und mit dem du deine Kinder aufziehen willst. Ich bin vierzig, Mary. Wie alt bist du, achtzehn oder neunzehn? Vielleicht ist der Altersunterschied zu groß, aber ich will verdammt sein, wenn ich kein guter Ehemann für dich werde. Ich werde für dich sorgen, dich beschützen und lieben so gut ich kann. Ich will eine Familie, ein
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