Geliebte Suenderin
und sein Vermö-
gen sich seinem Zugriff entzogen hatten. Der arme Lucien, dachte er kichernd und lehnte sich zurück in die Polster für die lange Fahrt nach London.
Keine Liebe gibt es hier, Herr.
Miguel de Cervantes
KAPITEL 9
Sabrina befestigte gerade einen Perlohrring an ihrem Ohrläppchen, als Mary mit raschelnden Röcken ihr Zimmer betrat.
»Weißt du, Mary«, sagte Sabrina zu ihrem Spiegelbild. »Vielleicht liegt die Lösung unseres Problems direkt hier, unter diesem Dach.«
»Was soll das heißen, Sabrina?« fragte Mary besorgt. Der Einladung des Herzogs von Granston nachkommend, verbrachten sie das Wochenende auf seinem Besitz außerhalb Londons.
Sabrina drehte sich zu Mary um, und ihr Gesicht war trotzig.
»Warum soll ich den Herzog heiraten? Es würde all unsere Probleme lösen. Wir wären frei von Schulden und Sorgen. Der Marquis würde eine Abfindung kriegen. Es ist offensichtlich, daß der Herzog an uns interessiert ist. Du hast ja gesehen, wie er uns mit seinen Blicken verschlingt.«
»Das kannst du nicht machen, Rina«, rief Mary. »Der ist doch furchtbar. Ein widerlicher Säufer. Oh, Rina, bitte, du darfst nicht einmal im Traum daran denken«, flehte sie.
Sabrina kniff den Mund zusammen. »Ich glaube, wir haben wirklich keine andere Wahl. Ich habe versucht, eine Möglichkeit zu finden, den Marquis zufriedenzustellen, aber es ist hoffnungslos. Ich müßte wieder unter die Räuber gehen, aber das ist viel zu riskant, weil ich oft losziehen müßte, um den Erwartungen des Herzogs gerecht zu werden. Außerdem sind Will und John nicht mehr dabei, und ich will sie nicht in unsere Probleme mit hineinziehen. Nein, das ist die einfachste Lösung. Wie konnte ich nur so selbstsüchtig sein, wenn es um die Belange meiner Familie geht? Wenn es sein muß, opfere ich mich eben dem Herzog.«
Mary wußte, daß es keinen Sinn hatte, Sabrina in dieser Stimmung zu widersprechen, also erzählte sie ihr, was sie gerade erfahren hatte.
»Der Herzog von Camareigh ist vor kurzem hier eingetroffen, Rina.«
»Hier?« fragte Sabrina fassungslos.
Mary nickte. »Ich fürchte, ja.«
Sabrina spürte, wie sie errötete. Verdammter Lucien, sie hätte wissen müssen, daß er sie nicht in Ruhe lassen würde. Was hatte er vor? Er war gekommen, um Ärger zu machen. Bei Marys Nachricht hatte ihr Herz zuerst vor Freude einen Satz gemacht, aber sie wußte auch instinktiv, daß er versuchen würde, sie zu ruinieren. Er war hier, um sie zu schikanieren, zu demütigen, eine ständige Erinnerung an ihr Geheimnis. Er wollte Rache, weil sie ihn ausgetrickst hatte. Sein Stolz war verletzt, und das konnte er nicht verzeihen.
»Ich frage mich, was er wohl tun wird?« murmelte Sabrina.
»Ich mag ihn nicht«, sagte Mary unglücklich.
Mögen? Nein, dachte Sabrina, ihn mögen war nicht so einfach.
Aber sie konnte anscheinend seiner Anziehungskraft nicht widerstehen, und vergessen konnte sie ihn auch nicht. Sie verachtete sich selbst für diese Schwäche, konnte aber nichts dagegen tun. Aber sie würde vorsichtig sein und Lucien nicht merken lassen, daß er die Macht hatte, sie durcheinanderzubringen. Sie würde ihm zeigen, daß er ihr nur wenig oder gar nichts bedeutete. Granston würde ihr aus der Hand fressen, wenn dieses Wochenende vorbei war. Ihr war es egal, daß Lucien in einer Woche heiratete. Es ging sie nichts an. Aber trotzdem war sie sehr neugierig, was für eine Frau Lucien sich zur Gattin auser-koren hatte. Er mußte sie lieben, wenn er sie heiratete. Vielleicht war sie jetzt bei ihm. Sabrina verdrängte die plötzliche Eifersucht, die sie für diese unbekannte Frau fühlte, die Luciens Liebe besaß, und riß an einer seidigen Locke, bis es ihr weh tat.
Sie mochte Lucien nicht und er sie auch nicht. Er war lediglich die erste Liebe eines jungen Mädchens, und das würde sie bald überwunden haben.
Am Abend, als sie an der Seite des Herzogs an der Dinnerta-fel saß, setzte Sabrina ihren Plan in die Tat um. Sie vermied es, Lucien, der ihr gegenübersaß, in sein grimmiges Gesicht zu sehen, und kokettierte mit dem dafür sehr empfänglichen Herzog von Granston.
»Ihr seid so klug, Euer Gnaden«, schmeichelte ihm Sabrina.
»Bitte, erzählt mir die Geschichte noch einmal.« Sie beugte sich vor, und das tiefe Dekollete ihres rosenfarbenes Kleides erlaubte ihm, die verführerische Rundung ihrer Brüste zu sehen, die nur von einem zarten Hauch Spitze bedeckt waren. Sie lächelte Granston an, und ihr Grübchen lenkte
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