Geliebte Suenderin
seinen blutun-terlaufenen Blick auf ihren weichen Mund.
Er nahm ihre kleine Hand in seine fleischige und strich mit dem Daumen über ihr Handgelenk. »Wie konnte es Wrainton wagen, Euch all die Jahre auf dem Land zu verstecken«, flü-
sterte er heiser in ihr kleines rosa Ohr und küßte eine ihrer Locken.
Sabrina wich zurück, und es gelang ihr, ihren Abscheu vor ihm mit einem schmollenden Lächeln zu kaschieren. »Papa hat immer gesagt, die Früchte wären am süßesten, wenn man sie der Liebkosung der Sommersonne überläßt.«
Der Herzog brüllte vor Lachen, und Sabrina schaute hoch, direkt in die giftig blitzenden Augen Luciens. Aber dann verzog sich sein grausamer Mund zu einem Lächeln, das Sabrina Kälteschauer über den Rücken jagte.
»Natürlich darf man die Früchte nicht zu lange am Baum lassen«, bemerkte Lucien trocken, »sonst ist vielleicht jemand versucht, ein Stück zu stehlen oder davon abzubeißen.«
Der Herzog von Granston lachte anerkennend. »Du bist nie um Worte verlegen, was, Lucien? Ich wünschte, du wärst öfter mein Gast.«
Sabrina schaute auf ihren Teller. Sie alleine erkannte die Drohung hinter dieser beiläufigen Bemerkung. Sie sah hinüber zum Marquis und der Contessa, die zufriedene Blicke tauschten, weil Sabrina sich so offensichtlich bemühte, dem Gastgeber zu gefallen. Sie zählen bereits ihr Geld, dachte sie angewidert. Sabrina versuchte, Marys Blick zu erhaschen, aber sie starrte fasziniert Lucien an.
Wie es der Brauch war, überließen die Frauen die Männer ihrem Portwein und zogen sich zum Klatsch in den Salon zu-rück.
»Ich bin froh, daß du vernünftig geworden bist, Sabrina«, bemerkte die Contessa. »Der Herzog ist in dich verliebt, das ist offensichtlich«, sie überlegte kurz, »trotzdem ist es der andere, der mit der Narbe, der mir zu denken gibt. Er ist natürlich an dir interessiert, er ist von dir angezogen, aber er scheint zornig zu sein, und er starrt dich mit Haß in seinen Augen an, Kleines.
Warum könnte das sein?«
Sabrinas Gesicht wurde blaß. »Ich kenne den Gentleman kaum. Und ich habe nicht die leiseste Ahnung, warum er mich nicht mag.«
»Ah, ich habe nicht gesagt, nicht mögen, ich habe gesagt, Haß, etwas viel Stärkeres, eine Sache des Herzens. Man sagt, man müßte ein bißchen hassen, um das stärkste Gefühl der Liebe empfinden zu können.«
»Das ist ja lächerlich«, wehrte Sabrina wenig überzeugend ab.
»Außerdem wird er nächste Woche heiraten. Er liebt diese Frau doch sicherlich.«
Das Lächeln der Contessa war zynisch. »Ich bezweifle es. Du mußt wissen, er muß eine Frau heiraten, die seine nonna, die Herzoginwitwe, ausgesucht hat, wenn er seinen Besitz erben will. Sie streiten seit Jahren deshalb, sagt man, und er gibt jetzt endlich nach.«
Sabrina sah die Contessa fassungslos an. »Also, er liebt diese Frau nicht und wird gegen seinen Willen zu dieser Ehe gezwungen.« Sabrina konnte sich ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Sie war froh, daß sie in ihrem Elend nicht alleine war, froh, daß sie nicht die einzige war, die gegen ihren Willen zu etwas gezwungen wurde.
Mary kam in Sabrinas Schlafzimmer, als sie sich, später an diesem Abend, fürs Bett zurechtmachte, von Zweifeln geplagt.
Sie nahm Sabrina die Bürste aus ihrer schlanken Hand und begann, das lange schwarze Haar mit gleichmäßigen Strichen zu bürsten.
»Ich glaube, du forderst das Unglück heraus, Rina«, sagte Mary nach kurzem Schweigen. Sie sah, wie Sabrinas Rücken steif wurde, fuhr aber mit dem Bürsten fort. »Ich werde dir nicht dreinreden, Rina, weil du es aus Sorge für uns machst, aber ich glaube nicht, daß es funktionieren wird. Ich möchte nicht, daß du enttäuscht wirst, oder«, sie hielt inne und fuhr dann langsam mit erstickter Stimme fort, »dich mit jemandem einläßt, den du verachtest. Ich weiß, daß du es nicht ertragen kannst, daß der Herzog dich anfaßt. Er ist zwar unser Gastgeber, aber ich finde ihn widerwärtig.«
Sabrina erhob sich. Sie sah rührend jung aus, in ihrem langen weißen Nachthemd und den offenen Haaren, die ihr bis zur Hüfte hingen.
»Ich habe bemerkt, wie du heute abend Lucien ganz seltsam beobachtet hast, und ich habe mich gefragt, ob du etwas gesehen hast, Mary? Bitte, sag es mir«, flehte Sabrina geradezu verzweifelt. »Ich brauche so viel Hilfe bei dem, was ich vorhabe, ich muß wissen, ob er sich einmischen wird.«
»Weißt du, was ich gesehen habe? Ich habe dich zusammen mit Lucien unter einem
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