Geliebter Bodyguard
ich schwöre – ich bringe dich um.“
Der Gesichtsausdruck seines Vaters durchlief eine unmerkliche Veränderung. Es war nicht Angst, es war auch keine Wut, sondern etwas, das in den Augen eines mächtigen Mannes stand, der soeben eine Schlacht verloren hatte, körperlich wie auch symbolisch.
Seine Mutter und seine Schwestern gaben sich am nächsten Tag mit der Lüge zufrieden, er sei angeblich in der Dusche ausgerutscht. Die Brüder waren zwar nicht so leicht zu täuschen gewesen, aber Falco hatte nie die Wahrheit über das blaue Auge und die geschwollene Lippe gesagt.
Weil es zu erniedrigend war? Sein Jähzorn zu beängstigend?
Irgendwann verstand er, was sich abgespielt hatte.
Die Macht hatte sich in jener Nacht verlagert, war von Cesare auf ihn übergegangen und wieder zurück zu Cesare. Was er an jenem Abend erkannte, war, dass es trotz der brutalen Drohung er, Falco, gewesen war, der die Schlacht verloren hatte. Weil er durchgedreht war. Auch wenn er es nicht erklären konnte, ihm war klar geworden, dass es einer anderen Person Macht verlieh, wenn man die Kontrolle über sich verlor.
Und heute stand er hier, fünfzehn Jahre später, und hatte erneut denselben Fehler gemacht.
Sehr bedacht öffnete er die Finger, die sich in den gestärkten Hemdskragen gekrallt hatten. Cesare sank auf den Stuhl zurück, mit hochrotem Gesicht.
„Wärst du nicht mein Sohn …“
„Ich bin nicht dein Sohn. Es reicht nicht aus, ein Kind zu zeugen, um Vater zu sein.“
Ein Muskel zuckte in Cesares Wange. „Bist du jetzt unter die Philosophen gegangen? Glaube mir, Falco, in vieler Hinsicht bist du mehr mein Sohn als deine Brüder.“
„Was soll das heißen?“
„Das heißt, dass das, was du angeblich so sehr an mir verabscheust, auch in dir steckt. Die Gier nach absoluter Macht. Der Drang, alles zu kontrollieren. Die Bereitschaft, Blut zu vergießen, wenn es nötig ist.“
„Ist es das, worüber du reden wolltest, alter Mann? Willst du eine Art Absolution von mir, weil deine Gene angeblich mein Schicksal sind? Das wird nicht funktionieren. Ich bin nicht wie du. Dieses Gespräch ist hiermit beend…“
Cesare nahm ein Blatt aus dem Ordner, offensichtlich eine aus irgendeinem Glamourmagazin gerissene Seite.
„Kennst du diese Frau?“
Falco schaute nicht hin. „Ich kenne viele Frauen. Das müssen dir deine Spione doch berichtet haben.“
„Tu mir den Gefallen und schau sie dir an.“
Was soll’s, dachte er und nahm die Seite zur Hand. Es war eine Anzeige für irgendetwas Teures – Parfüm, Schmuck, Dessous, schwer zu bestimmen.
Die Frau saß in einem Sessel, ein langes Bein auf den Boden gestellt, das andere lässig über die Armlehne gelegt. Sie trug Schuhe, für die ein Waffenschein nötig war, und scharlachrote Spitze.
Ein großartiger Körper. Ein ebenso faszinierendes Gesicht. Oval, fein geschnittene Züge, die pure Weiblichkeit. Hohe Wangenknochen, bernsteinfarbene Katzenaugen mit langen dunklen Wimpern, schimmerndes dunkles Haar, lang und glatt. Sie lächelte den Betrachter an.
Er wusste, es war eine optische Illusion, erreicht durch minutiöse Kameraeinstellung. Aber verdammt wirkungsvoll. Dieses Lächeln, diese Kopfhaltung, ihr Körper … alles forderte einen Mann heraus, sie zu begehren. Sich einzubilden, sie haben zu können. Dieses Lächeln versprach die sexuelle Befriedigung, von der ein Mann sein Leben lang träumte.
Sein Magen zog sich zusammen.
„Und? Kennst du sie?“
Falco warf das Blatt auf die Schreibtischplatte. „Nein. Sind wir dann fertig?“
„Sie heißt Elle. Elle Bissette. Sie hat als Model gearbeitet. Jetzt ist sie Schauspielerin.“
„Freut mich für sie.“
Cesare nahm ein weiteres Blatt aus dem Ordner und hielt es Falco hin. Der aber rührte sich nicht.
„Was wird das hier? Prominenten-Raten?“
„ Per favore , Falco. Bitte, schau es dir an.“
Falco zog die Augenbrauen hoch. Eine Bitte? Das war er von seinem Vater überhaupt nicht gewohnt. Er griff nach dem Blatt.
Übelkeit stieg in ihm auf. Es war die gleiche Anzeige, doch jemand hatte mit einem roten Filzstift ein X in ihre Augen gesetzt. Eine Reihe von X waren über ihre Lippen gezogen, rote Punkte an ihre Kehle und um ihre Brüste gemalt.
„Miss Bissette hat das in ihrem Briefkasten gefunden.“
„Was meinen die Cops dazu?“
„Nichts. Sie hat sie nicht verständigt.“
„Dann ist sie eine Närrin“, sagte Falco offen heraus.
„Die Eltern des türkischen Jungen sind auch nicht zur Polizei
Weitere Kostenlose Bücher