Geliebter Bodyguard
immer schwierig, aber heute …
Heute lief überhaupt nichts richtig.
An ihrem Filmpartner lag es nicht. Anfangs hatte sie sich Sorgen gemacht, er könnte vielleicht ein wandelndes männliches Ego sein, aber Chad hatte sich sogar als netter Kerl entpuppt. Als sie einander vor ein paar Tagen vorgestellt wurden, hatten sie sich mit Handschlag begrüßt, und Chad hatte sich entschuldigt, dass er erst später als jeder andere am Set erschienen war. Das hätte er nicht zu tun brauchen. Fünf Minuten hatten sie Small Talk gemacht, dann hatten sie noch einmal ihren Text geprobt und schließlich die erste gemeinsame Szene gedreht.
Heute sollte nun die erste Liebesszene aufgenommen werden. Eine Szene, das wusste Elle, die essenziell für den Film war.
Die Kulisse war schlicht – ein paar Decken im Sand vor einem großen Joshua-Kaktus. Elle trug ein trägerloses Top. Die Kamera würde sich auf ihr Gesicht und ihre bloßen Schultern beschränken, sodass es wirkte, als wäre sie nackt. Chad drehte mit bloßem Oberkörper und Jeans. Meilen von Kabel lagen um sie herum, überall standen Spots und Mikrofone, und natürlich waren sie von den Tausenden von Leuten umlagert, die nötig waren, um selbst die simpelste Filmszene zu drehen. Antonio Farinelli, der fanatischste aller Regisseure, hatte dem Team vorher verkündet, er hoffe, die Szene mit einem Take abzuhandeln.
Bisher waren es schon vier Klappen.
Die erste Einstellung hatte eine plötzliche Windbö ruiniert. Die anderen drei … Das war Elles Schuld. Jede einzelne. Zweimal hatte, sie sich beim Text verhaspelt, beim dritten Mal hatte sie über Chads Schulter gestarrt, anstatt ihm in die Augen zu sehen.
Jedes neuerliche „Cut“ von Farinelli hatte wütender geklungen.
Elle setzte sich auf, wartete, während der Regisseur mit dem Beleuchter redete. Ihr Filmpartner richtete sich ebenfalls auf und streckte sich. Chad hatte die Verzögerungen mit Engelsgeduld hingenommen. Er spürte wohl, dass sie Probleme hatte, und versuchte die Atmosphäre mit kleinen Scherzen auf seine eigenen Kosten zu entspannen. „Teufel noch eins“, hatte er gesagt, „dabei war ich sicher, dass ich mich heute anständig rasiert habe.“ Und: „Mach dir nichts draus, meine Frau hat mir letztens in einem ähnlichen Moment gesagt, dass die Decke gestrichen werden muss.“
Jeder, der es hörte, hatte gelacht. Elle hatte auch gelacht. Zumindest hatte sie ihr Bestes gegeben, um so zu tun. Schließlich war sie Schauspielerin. Illusion war alles.
Im realen Leben würde sie niemals in den Armen eines Mannes liegen und verliebt in seine Augen schauen. Aber die Realität war auch ein widerwärtiges Scheusal.
Die Realität war der Anruf, der sie um drei Uhr nachts aus dem Schlaf gerissen hatte.
„Hallo, meine süße Kleine“, hatte die männliche Stimme geflüstert. „Hast du mein Bild bekommen? Gefällt es dir? Hast du meinen Brief erhalten?“ Ein abstoßendes Lachen war durch die Leitung gedrungen. „Du wartest auf mich, nicht wahr, Süße?“
Das Herz hatte ihr bis zum Hals geschlagen. Sie hatte das Telefon von sich geschleudert, als wäre es ein giftiger Skorpion. Dann war sie ins Bad gerannt und hatte sich übergeben.
Jetzt hörte sie nur diese Stimme in ihrem Kopf. Nur ihr verstümmeltes Foto stand ihr vor Augen. Der Brief, von dem niemand wusste. Schlimm genug, dass Farinelli das Foto gesehen hatte. Weil er genau in dem Moment in ihren Wohnwagen gekommen war, als sie den harmlos wirkenden Umschlag, der gegen ihren Schminkspiegel gelehnt stand, geöffnet hatte.
„Elle, wegen morgen …“, hatte er angesetzt und gesehen, wie sie schlagartig erblasst war. „Elle?“ Er hatte ihr das Blatt aus den Fingern genommen. „Madre de Dio!“ Seine Worte hatten harsch und wütend geklungen. „Woher kommt das?“
Sie hatte nicht die geringste Ahnung. Was sie ihm auch sagte, sobald sie wieder atmen konnte. Von irgendeinem Verrückten. Sie hatte vorher schon anzügliche Briefe bekommen, vor allem nach der Werbekampagne für die Bon-Soir-Dessous, aber dieses besudelte Foto …
Sie sollte es ignorieren, das war es, worauf Farinelli und sie sich einigten. Sollte noch mehr von diesem Schmutz kommen, sollte sie es ihm sagen. Dann würden sie die Polizei benachrichtigen.
Elle beruhigte sich, dass nichts mehr nachkommen würde. Es war sicher eine Ein-Mal-Sache.
Falsch.
Ein paar Tage später kam ein Brief mit der Post. Ekelhaft. Obszön. Explizit. Und der Brief war signiert. Fassungslos hatte Elle
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