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Geliebter Boss

Geliebter Boss

Titel: Geliebter Boss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Hanns Roesler
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zurückkommt.«
    »Ein Graßmanntyp also?«
    »Graßmann gibt es nicht mehr. Die Kasse stimmte nicht.«
    »Man hat ihn verhaftet?«
    »Nein. Die Sache ist noch nicht völlig geklärt. Der Fall ereignete sich, kurz nachdem du in Urlaub gefahren warst. Ungedeckte Entnahmen und ähnliches.«
    »Woher weißt du das so genau?«
    »Ich war das Wochenende darauf mit ihm in Paris. Er suchte eine neue Privatsekretärin«, muß die Kollegin gestehen. Aber es macht ihr nicht viel aus. Eine Parisreise ist schon einen Graßmann wert.
    Sie fährt fort:
    »Das rote Haar steht dir gut!«
    »Findest du?«
    »Bißchen viel Tizian!«
    Dann läßt sie Birke stehen. Das erste, was Birke tut: Sie öffnet das linke Fach ihres Schreibtisches und zieht die Mappen mit den Privatkonten heraus. Sie schlägt die Mappe Peter Zanders auf. Auf der Sollseite liest sie: »Privatentnahme 60 000 in bar«, von ihrer eigenen Hand geschrieben. Dann folgt auf der Habenseite unter dem Datum des 22. Juni: »Gutschrift Postanweisung 60 000 DM.«
    Ihre Kollegin hat die Eintragung vorgenommen. Dem Konto sieht man äußerlich nicht an, daß es durch hundert Hände gegangen ist. Die Mappe ist sauber und ohne Fingerabdrücke wie damals, als sie sie angelegt hat.
    Birke versteht das Ganze nicht. Als mittags die Bank ihre Schalter schließt und alle zu Tisch gehen, ist nur von dem neuen Präsidenten die Rede, nichts von ihr und dem Vorfall vor drei Wochen.
    Birke hat die Bank verlassen, um zu ihrem gewohnten Mittagstisch zu gehen. Es regnet noch immer in Strömen. Birke empfindet die Straßen der Stadt fast als feindselig. Wenn ein Wagen hinter ihr hupt, wenn ein Streifenwagen der Polizei langsam an ihr vorüberfährt, erschrickt sie und nimmt an, daß er plötzlich hinter ihr halten und sie nach ihrem Ausweis gefragt werden wird. Wenn ein Mann ihr nachgeht, noch dazu im Regen, wo man selten ein junges Mädchen auf der Straße verfolgt, fürchtet sie, daß es einer ist, den man auf sie angesetzt hat. Als sie gedankenlos bei Rot eine Kreuzung überquert und ein Schutzmann sie anruft, erschrickt sie mehr, als der Anlaß wert ist.
    Sie wagt keinem, der ihr begegnet, ins Gesicht zu sehen. Dabei hat sie das Gefühl, daß Peter in der Stadt ist oder daß sonst etwas mit ihm passiert sein muß. Sie hat Angst um ihn. Sicher hat er das gewonnene Geld längst verspielt und sich auf seine Art neues Geld verschafft. Vielleicht hätte sie doch nicht wegfahren sollen, nicht nach dieser Nacht. Sei hat ihre eigene Haut gerettet, sie hat die Hälfte des Geldes genommen und ist weggefahren. Aber sie gehört doch zu ihm, ganz gleich, was daraus wird. Er hatte sich so über ihren Gewinn gefreut, sie hätten zusammen eine herrliche Reise machen können, nach Madrid, wie er vorhatte, nach Lissabon, nach Paris, sie Würde jetzt neben ihm sitzen und seine Nähe spüren, sie hat diese Wochen und Monate verschenkt, von denen sie keine Stunde zurückholen kann. Warum hat sie aufgegeben? Warum hat sie nicht versucht, ihn zu ändern? Es immer wieder von neuem versucht? Sie wird nie wieder einen anderen Mann lieben, sie ist seine Frau gewesen, wenn auch nur eine Nacht lang.
    Birke ist so sehr in ihre Gedanken versunken, daß sie den Regen in ihrem Gesicht nicht spürt, im Regen weitergeht und an der kleinen Straße, in der ihr Gasthaus liegt, vorübergegangen ist. Erst an dem großen Platz, wo sich sieben Straßenbahnlinien kreuzen und trennen, bemerkt sie ihren Irrtum. Sie steht vor einem kleinen Restaurant mit einer handgeschriebenen Speisekarte, mit nur drei Tagesgerichten. »Rindfleisch nach Wiener Art mit Schnittlauchsoße und Bratkartoffeln heute besonders zu empfehlen!« steht in ungelenker Schrift obenauf. Ihr erstes gemeinsames Mittagessen, damals im Hotel Imperial in Wien, in seinem Zimmer im vierten Stock, wo Peter ihr zum erstenmal bei Tisch gegenübersaß, völlig verändert; im eleganten Anzug, rasiert, ein Herr, kein Einbrecher mehr in Blue jeans und mit einem roten Bart, wie sie ihn in der Bank kennengelernt hatte.
    Birke geht durch die schmale Tür in das kleine Restaurant und bestellt sich Rindfleisch mit Schnittlauchsoße. Die Schnittlauchsoße schmeckt ganz anders, sie schmeckt überhaupt nicht, und das Rindfleisch ist zäh, und die Bratkartoffeln sind kalt. Birke bringt keinen Bissen hinunter, ihre Kehle ist ihr wie zugeschnürt. Erst jetzt, wo sie wieder allein in der großen Stadt ist, spürt sie ihre Einsamkeit wie nie zuvor.
    »Schmeckt es dem Fräulein nicht?« fragt

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