Geliebter der Nacht
Dämonenkriege Mitte des zwölften Jahrhunderts.«
»Nein, wohl nicht«, pflichtete sie ihm bei. »Ich will nur nicht, dass du dich verirrst oder das Gefühl hast, du weißt nicht, was dich erwartet.«
»Ich find’s richtig niedlich, wie du dich um mich sorgst«, sagte er und trat näher an sie heran. »Mir gefällt der Gedanke, dass dir an mir liegt.«
Er beobachtete, wie sie den Mund öffnete, um ihm zu widersprechen, jedoch nichts sagte. Diese Frau war ein wandelnder Widerspruch. Einmal benahm sie sich, als wäre ihr vollkommen schnurz, ob er lebte oder starb, und einmal gebärdete sie sich wie eine überbesorgte Mutter, die unbedingt verhindern wollte, dass er in der fremden neuen Umgebung zu Schaden kam.
Sogar ihr Äußeres barg Widersprüche. Ihrer Kleidung nach hielt man sie für kalt und hart, aber in Darius’ Armen, wenn er sie küsste, wurde sie ganz weich und warm. Er wollte nicht darüber nachdenken, ob sie bei jedem Mann so war. Entscheidend blieb, dass sie es bei ihm war. Und er fragte sich, ob sie hier, am Flughafen, genauso empfänglich für seine Zärtlichkeiten wäre.
Als er ihr in die Augen sah, kam es ihm vor, als könnte er sich in der grauen Tiefe verlieren. Er beugte den Kopf, bis er so nah war, dass er sie fast schon schmecken konnte. Wie er bemerkte, wich sie nicht zurück.
Da nahm er seitlich etwas Neonpinkes wahr, unerwartet und zugleich seltsam vertraut. Er drehte sich um. Es war eine junge Frau mit einem grellrosa Hut, die an ihnen vorbeiging. Das Bild brachte ihm seine letzten fehlenden Erinnerungsfetzen zurück.
»Ich weiß, wo er ist!«, sagte er zu der verdutzten Lexi.
»Wer?«
Darius blickte der Frau in Pink nach, die in der Menge verschwand, dann wandte er sich wieder Lexi zu, die alles andere als glücklich aussah. Erst fragte er sich, was sie haben könnte, doch ihm fiel ein, dass er im Begriff gewesen war, sie zu küssen. Nun allerdings war der Moment vorbei, und es gab Wichtigeres, womit er sich befassen musste.
»Erinnerst du dich an meinen ersten Abend hier? Du gingst aus dem Club, nachdem wir getanzt hatten. Ich blieb dort. Ich weiß jetzt wieder, was dann passierte. Ich ging mit einer Frau in eines der Hinterzimmer, die leuchtend pinkfarbenes Haar hatte, so wie der Hut dieser Frau.« Er zeigte in die Richtung, in die die Frau verschwunden war. »Du kannst sie nicht mehr sehen, aber sie tut auch nichts zur Sache. Die Frau, mit der ich zusammen war, war ein Dämon.«
»Und?«, knurrte Lexi gereizt. »In solchen Nachtclubs gibt es mindestens so viele Dämonen wie Vampire, und fast alle von ihnen tummeln sich in den Hinterzimmern.«
Darius schüttelte den Kopf. »Ich weiß, welche Dämonen du meinst. Die sah ich auch dort, aber sie sind vergleichsweise harmlos. Sie ernähren sich von Lebensmagie, nehmen allerdings nie mehr, als sie auf einmal verdauen können. Die Frau in der Nacht hingegen war keine von dieser Sorte. Ich weiß nicht, wieso ich nicht sofort erkannt habe, was sie war, und kann es mir nur so erklären, dass meine Fähigkeit, magische Auren zu fühlen, genauso eingeschränkt ist wie der Rest meiner Magie.« Ihm war klar, dass seine Worte nicht allzu viel Sinn ergaben, dennoch sah er Lexi ernst an, damit sie verstand, was er ihr begreiflich zu machen versuchte. »Sie war ein Sukkubus.«
»Ein Sukkubus im ›Crypt‹?«, fragte Lexi ungläubig. »Ich dachte, die Inkuben und Sukkuben wären schon vor Ewigkeiten zerstört worden.«
»Waren sie auch«, sagte Darius. »Oder zumindest dachte ich es auch. Dieser muss irgendwie überlebt haben.«
»Und sie ist das große Böse, das du bekämpfen sollst?«
»Nein. Ich erinnere mich, dass Adrian sagte, der ewige Dämon sei männlich gewesen. Zwar können die meisten Dämonen das Geschlecht wechseln, aber die Inkuben und Sukkuben sind auf eines festgelegt und können es nicht verändern.«
Nun wirkte Lexi erschrocken. »Da hast du unglaubliches Glück gehabt, dass sie dich nicht umbrachte! Machen sie das sonst nicht immer, dass sie ihre Partner töten? Warum bist du nicht abgehauen, als du erkanntest, was sie war?«
Weil er in jenem Moment einen Orgasmus gehabt und Sekhmets bescheuerter Zauber gewirkt hatte, ging es ihm durch den Kopf. Doch die Tatsache, dass der Sukkubus ihn am Leben gelassen hatte, war nebensächlich, verglichen, mit dem, was er in jener Nacht noch erfahren hatte. »Weil sie sagte, dass ihrer Meinung nach der Nacken ein besserer Platz für das Pentagramm-Tattoo ist als die Wange.«
Lexi
Weitere Kostenlose Bücher