Geliebter des Windes - Croft, S: Geliebter des Windes - Unleashing the Storm - ACRO, Book 2
plötzlich lag sie am Boden, unter einem siebenhundert Pfund schweren Tiger begraben. Heiße, ranzige Atemzüge streiften ihr Gesicht, als Pasha sein Maul über ihrem Kopf öffnete. In ihren Skalp gruben sich harte Zähne - intensiv, aber nicht schmerzhaft.
Wieder einmal gewonnen, Pasha. Aber ich werde immer schneller. Heute Abend ist mir ein Schritt mehr gelungen.
Der große Tiger schnaufte und ließ ihren Kopf los. Doch er hielt sie immer noch fest - ganz einfach, weil er dazu fähig war. Um ihren Fuß schloss sich ein anderes Maul, ein drittes um ihren Arm. In ihrem ganzen Köper prickelten die Liebe, der Respekt und die Dankbarkeit, die ihr alle drei Raubkatzen entgegenbrachten. Ein beglückendes Gefühl - so wie immer, wenn die Tiere ihr zeigten, was sie empfanden.
Offenbar spürten die Tiere ihre Sorge und versuchten sie auf ihre Weise zu trösten.
All ihre Zuneigung und ihren Trost sandte sie zurück. Denn sie wusste nicht, was die Zukunft für die drei bereithielt. Und sie brauchten noch mehr Hilfe als Kira.
Da lag sie wie ein großes Kauspielzeug und schaute auf ihre Uhr - überrascht, weil sie sich schon seit zwei Stunden von ihren Babys verabschiedete. Ihre angespannten Nerven hätten sie darauf hinweisen müssen, dass die Zeit drängte. Die Augen zusammengekniffen, konzentrierte sie sich auf den Kampf gegen die brennenden Wünsche, die sie in wenigen Sekunden zwingen würden, Tom zu suchen. In ihren Adern staute sich die Glut, wilde Begierde durchströmte sie wie ein tiefes, sinnliches Stöhnen. Der Duft von sonnenwarmer Haut und Gras kitzelte ihre Nase, als ihr Körper sich an seinen Geruch erinnerte. Zwischen ihren Beinen entstand feuchte Hitze, bereitete sie auf die Paarung vor, rasender Hunger quälte sie.
Jetzt musste das Biest gefüttert werden.
10
Mittwoch, elf Uhr abends
Mountain Standard Time
F AST WAREN DIE EINUNDZWANZIG STUNDEN VORBEI. Ender lag flach auf dem Bett, in seinem überhitzten Zimmer im alten Farmhaus, und starrte zur Decke hinauf. Vor Mitternacht wollte er die Straße ansteuern. Um diese Zeit beschränkte sich die Bewachung des Rainbow Ridge Sanctuary auf ein Minimum. Nur zwei einsame Wachtposten patrouillierten an beiden Seiten des großen Anwesens. Offiziell wurde das Tierasyl um zehn Uhr abends geschlossen, manchmal auch später, je nachdem, in welchem Tempo sich die Besucher zu Fuß entfernten. Meistens hielten sich die Touristen etwas länger auf, fasziniert von den exotischen Tieren. Deshalb musste er nicht befürchten, die Itor-Agenten würden früher auftauchen. Viele Tiere zogen es ohnehin vor, ihre Beute im Schutz der Nacht zu jagen, und da bildete er keine Ausnahme.
Nein, er befasste sich mit anderen Sorgen. Zum Beispiel überlegte er, ob Kira ihre Entscheidung schon getroffen hatte. Tagsüber war es ihm nicht gelungen, das
herauszufinden, denn wenn er sie sah, wurde sein Gehirn zu Brei - und schaltete sich vollends aus, sobald er mit ihr verschmolz. In solchen Situationen konnte er nichts weiter tun, als sie mit allen Sinnen zu spüren.
Hatte er sich überhaupt entschieden? Das war die wichtigere Frage, und er verweigerte sich selbst die Antwort. Stattdessen stieg er aus dem Bett und warf seine Habseligkeiten in die Reisetasche, die er am Vortag mitgebracht hatte. Sekundenlang betrachtete er seine Waffe, bevor er sie lud, entsicherte und in ein Außenfach seitlich an der Tasche steckte. Dann verließ er das Haus.
Die Reisetasche hing an seiner Schulter und berührte die Hüfte, das Fach war leicht zu erreichen. Wenn seine Hand darauf lag, würde es nicht auffallen. Nun musste er nur noch Kira finden.
Seit der letzten »Paarung«, wie sie es zu nennen vorzog, waren über vier Stunden verstrichen, und er wunderte sich, warum sie nicht gekommen war um ihn zu holen? Er hatte ihr erklärt, wo er sie erwarten würde. Normalerweise stürzte sie sich schneller auf ihn, als er überhaupt nach ihr schauen konnte. Zwar läutete nicht gleich die Alarmglocke in seinem Innern, dennoch spannten sich seine Nerven an, und er beschleunigte seine Schritte. Im Schutz der Dunkelheit folgte er einem Waldweg, den nur die Arbeiter benutzen. Nach wenigen Sekunden erreichte er den abgeschiedenen Teil des Geländes, wo Kira ihre täglichen Pflichten stets beendete. Das hatte sie ihm erzählt.
Während er an den Wölfen vorbeirannte, sein Radar auf Kira eingestellt, heulten sie klagend und hoben die
Köpfe. Fast am Ende der Gehege, die von den großen Raubkatzen bewohnt wurden,
Weitere Kostenlose Bücher