Geliebter des Windes - Croft, S: Geliebter des Windes - Unleashing the Storm - ACRO, Book 2
für Gewissensbisse ihrerseits.
Irgendwie fühlte sie sich jetzt besser. Sie wünschte den Wölfen eine gute Nacht und schlenderte zu den Gehegen mit den Raubkatzen.
Am Eingang des eingezäunten Areals, das fast fünfzig Tiere beherbergte, von Ozeloten bis zu Tigern, blieb sie stehen. Ihr Puls begann heftiger zu pochen. In wenigen Minuten würde sie Tom wieder brauchen. Sie senkte den Kopf und schloss die Augen. Verdammt, alles würde sie dafür geben, hätte sie jetzt einen anderen Mann an ihrer Seite - einen, der nicht so unheimlich war, dem das Leichenbegraben nicht so leichtfiel wie das Atmen. Vielleicht
hätte sie heute die Flucht wagen und mit den Touristen davonschleichen sollen.
Aber wenn er doch Recht hatte, wenn er ihre einzige Hoffnung war … Nein, sie durfte es nicht riskieren wegzulaufen. Nicht einmal, um einen anderen Sexpartner zu suchen.
Eins stand jedenfalls fest - dieser idiotischen Organisation würde sie sich nicht anschließen. Sobald die Gefahr überstanden war, konnte sie vielleicht hierher zurückkehren. Und wenn sie immer noch bedroht wurde, musste sie eben wieder einen neuen Namen annehmen und woanders Arbeit finden. Was Neuanfänge betraf, war sie Vollprofi - seit sie seinerzeit gezwungen worden war, ihr Hundetrainingscenter aufzugeben. Eines Tages hatten mehrere Männer versucht, sie in einen Van zu zerren. Ihre Hunde retteten sie - jedoch zu einem hohen Preis: Ein Dutzend von ihnen starb. Sie musste fliehen, als die Männer zwei Tage später wiederauftauchten, und die Polizei - bislang hellauf begeistert von Kiras hervorragendem Talent bei der Ausbildung von Polizeihunden - sich plötzlich zu ihrer Festnahme entschloss.
Sie war sich sicher, dass hinter den beiden Überfällen die Regierung steckte, genau wie hinter dem abrupten Sinneswandel der Polizei. Viel zu oft - auffallend oft - war sie wegen Ruhestörung festgenommen worden. Angeblich stand sie unter Verdacht mit kriminellen Tierschützerkreisen in Verbindung zu stehen. Aber jetzt - nach dem Gespräch mit Tom - war sie nicht mehr so sicher, wer sie damals attackiert hatte.
Der Freudenschrei eines Tigers holte sie in die Gegenwart zurück, wo ihr Körper sich nach Tom sehnte. Aber
wenn sie an diesem Abend ihre Babys zum letzten Mal sehen würde, musste sie vorher noch einige Zeit mit ihnen verbringen. Zudem würde er sie im Auge behalten und sie finden - wenn er nicht ohnehin schon in ihrer Nähe war. Sie hielt die Nase in die Brise, doch die verriet keine Spur von Tom. Was nicht viel bedeutete, er konnte sich ja in Windrichtung aufhalten.
»Na, meine Kleinen«, grüßte sie und betrat das Raubkatzengelände durch den Haupteingang. Sorgsam schloss sie das Gatter.
Direkt neben ihr streckte sich ein schwarzer Jaguar am Maschendrahtzaun, und sie schob eine Hand durch die Futterklappe, um ihm den Bauch zu kraulen. Lächelnd wanderte sie an den Luchs- und Pumagehegen vorbei, jedes Tier wurde liebevoll getätschelt. In den zwei Gehegen der Löwen und Löwen-Tiger-Hybriden hielt sie kurz inne, um mit ihnen zu spielen. Dann besuchte sie noch die drei sibirischen Tiger der Tierfarm.
Sobald die beiden Weibchen, Anya und Nika, ihre Hüften streiften, begannen sie zu schnurren. Mit sanftem Enthusiasmus schoben sie Kira im Käfig umher. Anya berührte Kiras Wade mit einer spielerischen Pfote und warf sie fast um. Auf der anderen Seite des Geheges tappte Pasha, das große weiße Männchen, rastlos hin und her. Den Kopf gesenkt, starrte er Kira an. Knurrend fletschte er die Zähne.
»Was machst du denn, mein Junge?«, fragte sie, und er antwortete nicht. Nur ganz selten verständigte er sich mit ihr. Hoch intelligent, war er schon immer schwer zu durchschauen gewesen, eines der wenigen Tiere, die Kiras mentale Invasion abblocken konnten.
Nun begannen Anya und Nika miteinander zu ringen, und Pasha brüllte. Dann machte er einen Schritt auf Kira zu. Im Licht der Deckenbeleuchtung blitzten seine scharfen Zähne.
»Offenbar hältst du dich für irre taff, was?« Sie bückte sich, fing seinen Blick auf und hielt ihn fest - was man bei einer Raubkatze niemals versuchen sollte.
Fauchend duckte er sich.
Langsam trat sie näher zu ihm, und er knurrte leise. Genauso sanft knurrte sie zurück. »Mit mir willst du dich nicht anlegen, Baby«, wisperte sie. Diesmal erhielt sie eine Antwort. Eine Vision. Ein Bild von ihr, wie sie unter ihm lag, wie sein Maul ihren Kopf umschloss.
Blitzschnell fuhr sie herum, entfernte sich um drei Schritte - und
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