Geliebter Fremder
rollte auf sie zu und sie fiel in einen dunklen Abgrund, der sich lockend unter ihr auftat.
Hunter fing sie auf, als sie zu Boden sank. Ihr Körper fühlte sich leicht und warm in seinen Armen an. Er trug sie zu dem schmalen Bett und setzte sich mit ihr auf die quietschende Matratze. Ihr Kopf fiel zurück und enthüllte die elfenbeinweiße Haut über dem Kragen ihres Trauerkleides. Er starrte sie unablässig an, entzückt von der Zartheit ihres Gesichts. Er hatte ganz vergessen, dass die Haut einer Frau so zart und frisch sein konnte.
Ihr Mund war weich und ein wenig traurig und ihr Gesicht so verletzlich wie das eines Kindes. Wie seltsam für eine Witwe, so jungfräulich auszusehen. Sie gefiel ihm ungemein. Er begehrte diese kleine, adrette Person mit ihren tüchtigen Händen und ihrem sehnsüchtigen Mund. Er beschloss, sie zu nehmen, sie und alles, was zu ihr gehörte.
Lara schlug die Augen auf und blickte ihn ernst an. Er erwiderte ihren fragenden Blick und verzog seine Mundwinkel zu einem beruhigenden Lächeln.
Sie schien das Lächeln nicht zu bemerken und starrte ihn weiter ernst an. Und dann wurden ihre grünen Augen auf einmal seltsam weich … als ob er eine verlorene Seele sei, die gerettet werden müsse. Sie hob die Hand an seinen Hals und berührte die Kante einer dicken Narbe, die bis zu seinem Haaransatz reichte.
Die Berührung ihrer Fingerspitzen ließ ihn erschauern. Er atmete tief aus und saß ganz still. Wie, zum Teufel, konnte sie ihn nur so ansehen? Für sie war er entweder ein Fremder oder der Ehemann, den sie hasste.
Verwirrt und erregt von dem Mitgefühl in ihrem Gesicht, musste er das Verlangen unterdrücken, seinen Kopf zwischen ihren Brüsten zu bergen. Hastig schob er sie von seinem Schoß.
Zum ersten Mal in seinem Leben fürchtete er sich vor seinen eigenen Gefühlen – er, der sich immer eiserner Selbstbeherrschung gerühmt hatte.
»Wer bist du?«, fragte sie leise.
»Du weißt, wer ich bin«, murmelte er.
Sie schüttelte verwirrt den Kopf und wandte den Blick ab. Dann erhob sie sich und trat zu einem Regal, auf dem Geschirr und eine kleine Teekanne standen. »Ich … ich mache Tee«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Dann können wir uns unterhalten. Vielleicht kann ich dir helfen.«
Ihre Hände zitterten jedoch viel zu sehr und die Tassen und Teller klapperten heftig, als sie diese aus dem Regal nahm.
Sie hielt ihn also für einen armen, verzweifelten Abenteurer, der ihre Hilfe brauchte. Er lächelte freudlos, trat zu ihr und nahm ihre kalten Hände in seine warmen. Wieder durchströmte ihn unerwartet ein Glücksgefühl, als er sie berührte. Ihr zarter Körper, ihre weiche Haut – all das war ihm deutlich bewusst. Er wollte freundlich zu ihr sein.
Irgendetwas an ihr schien sein Innerstes bloßzulegen. Für sie wollte er der Mann sein, den sie brauchte.
»Ich bin dein Mann«, sagte er. »Ich bin heimgekommen.«
Lara sah ihn verständnislos an. Sie bebte am ganzen Körper.
»Ich bin Hunter.« Seine Stimme wurde ganz sanft. »Hab keine Angst.«
Lara hörte ihr eigenes keuchendes, ungläubiges Lachen, während sie in sein Gesicht starrte, das eine seltsame Mischung aus Vertrautem und Unbekanntem war. Er sah zu sehr wie Hunter aus, um ihn einfach ignorieren zu können, aber es war zugleich auch eine Fremdheit an ihm, die sie nicht einordnen konnte.
»Mein Mann ist tot«, sagte sie gepresst.
Ein Muskel zuckte in seiner Wange. »Ich werde dich dazu bringen, dass du mir glaubst.«
Rasch ergriff er mit beiden Händen ihren Kopf und zog ihren Mund zu sich heran. Ohne auf ihren Aufschrei zu achten, küsste er sie, wie sie noch nie geküsst worden war. Vergeblich versuchte sie, sich aus seinem Griff zu lösen. Das Gefühl, das seine Lippen bei ihr auslösten, erstaunte sie. Er gebrauchte seine Zähne, seine Lippen und seine Zunge, um sie in einen sinnlichen Taumel zu versetzen. Schließlich löste er sich von ihrem Mund und schloss sie in die Arme. Fest und sicher wurde sie in seiner Umarmung gehalten – sie gehörte ihm und er begehrte sie. Sie sog seinen Geruch ein: Erde, Luft und der milde, angenehme Duft von Sandelholz.
Seine Lippen glitten tiefer und suchten die empfindliche Stelle an ihrem Hals. Er holte tief Luft und blies über ihre Haut. Er drückte sein Gesicht an ihres, bis sie seine Wimpern wie Schmetterlingsflügel an ihrer Wange spürte.
Noch nie hatte jemand sie so gehalten, berührt und geschmeckt, als sei sie ein kostbares Gewürz.
»Oh, bitte!«,
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