Geliebter Fremder
errötete, als Hunter aufmerksam ihren nackten Körper betrachtete. »Ich kann nichts dafür. Ohne meine Kleider fühle ich mich einfach nicht wohl.«
»Doch, das tust du.« Mit seinem leicht öligen Finger strich er in kreisförmigen Bewegungen über ihren Bauch, bis sich ihre Muskeln zusammenzogen. »Ich kenne zufällig ein Mittel gegen Schüchternheit.«
»Und was ist das?« Mit aufgerissenen Augen lauschte sie, als er ihr etwas ins Ohr murmelte. Noch bevor er mit der Beschreibung seines Mittels fertig war, kicherte sie ungläubig. »Hast du das schon jemals gemacht?«, fragte sie.
»Ich habe nur davon gehört.«
»Ich bin sicher, das ist unmöglich.«
Hunter grinste. »Das werden wir herausfinden!« Bevor sie antworten konnte, küsste er sie auf den Mund und drückte sie an seinen erregten Körper.
In einer Stadt wie Market Hill verbreiteten sich Gerüchte rasch. Geheimnisse, Krankheiten, Kümmernisse aller Art wurden entdeckt, besprochen und entweder gelöst oder wieder vergessen … So dauerte es auch nicht lange, bis die jüngsten Neuigkeiten über Captain Tyler und seine Frau die Bewohner von Hawksworth Hall erreichten.
Offensichtlich hatte Mrs. Tyler, die ihr erstes Kind erwartete, kürzlich Schmerzen bekommen, die Dr. Slade bewogen hatten, ihr für den Rest der Schwangerschaft Bettruhe zu verordnen.
Lara reagierte auf diese Nachricht mit Mitgefühl und Sorge. Die Vorstellung, vier oder fünf Monate lang ans Bett gefesselt zu sein, war ihr entsetzlich. Vom körperlichen Unbehagen einmal ganz abgesehen, reichte die Langeweile sicher aus, um jede Frau in den Wahnsinn zu treiben. Sie musste etwas für die arme Mrs. Tyler tun, und wenn sie ihr nur einige Romane vorbeibrachte, mit denen sie sich die Zeit vertreiben konnte.
Es gab jedoch ein Problem. Lara erinnerte sich noch sehr gut an die Reaktion ihres Mannes auf das unerwartete Erscheinen der Tylers bei dem Abendessen, das sie nach seiner Heimkehr gegeben hatte. Er war so kalt und zornig gewesen. Und es hatte jenen seltsamen Augenblick gegeben, in dem Lara hätte schwören können, dass Hunter und Captain Tyler sich sehr wohl kannten, obwohl sie vorgaben, sich noch nie zuvor begegnet zu sein. Seitdem hatte Lara die Tylers gemieden, da sie spürte, dass es sonst zu Schwierigkeiten zwischen Hunter und ihr kommen würde.
Andererseits waren ihre Verpflichtungen gegenüber ihrem Mann zweitrangig, wenn es um ihr eigenes Gewissen ging. Die Frau des Captains war gezwungen, monatelang hilflos im Bett zu liegen, und das konnte Lara nicht ignorieren. Sie beschloss, Mrs. Tyler im Geheimen zu besuchen, und sollte Hunter davon erfahren, musste sie eben die Konsequenzen tragen.
An einem Tag, als Hunter geschäftlich nach London fuhr, machte Lara sich auf den Weg nach Morland Manor. Sie nahm einen Korb mit Pfirsichen aus dem Obstgarten und einen Pudding mit sowie eine Auswahl von Romanen, mit denen Mrs. Tyler sich die Zeit vertreiben konnte. Während der langen Fahrt über Land blickte Lara durch das Fenster der Kutsche auf fruchtbare, grüne Weiden. Fette Schafe und braun gescheckte Kühe grasten friedlich und hoben kaum den Kopf, als die Kutsche vorbeirumpelte.
Obwohl die Kutsche überaus luxuriös war, fühlte Lara sich nicht wohl. Sie rutschte hin und her, ordnete ständig ihre Röcke und verspürte den Drang, zur Toilette zu gehen. Verlegen verzog sie das Gesicht, als sie an ihre bevorstehende Ankunft in Morland Manor dachte. Es zeugte nicht von gutem Benehmen, unangemeldet aufzutauchen und gleich das stille Örtchen aufzusuchen, aber genau das würde wohl der Fall sein. Seltsam, dass sie sich in letzter Zeit so wenig auf ihre Blase verlassen konnte.
Laras Lächeln verschwand, als sie weiter über ihren Gesundheitszustand nachdachte, etwas, das sie in ihrer Sorge um Rachel ganz vernachlässigt hatte. Ihr Körper war in der letzten Zeit unberechenbar geworden, etwas schwerer, obwohl sie sich viel bewegte, und anfälliger für kleinere Beschwerden … und hätte sie nicht eigentlich schon längst ihre Menses bekommen müssen? Sie war noch nie unregelmäßig gewesen.
Die Feststellung verblüffte sie. Ja, sie war überfällig … zwei Wochen zu spät. Zum ersten Mal in ihrem Leben war der Monatsfluss ausgeblieben. Bei jeder anderen Frau hätte sie das als offensichtliches Zeichen für eine Schwangerschaft gedeutet. Aber nicht bei mir, dachte sie bekümmert, bei mir niemals.
Lara griff nach dem Bücherstapel, um sich abzulenken. Es gelang ihr jetzt
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