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Geliebter Fremder

Geliebter Fremder

Titel: Geliebter Fremder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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jedoch nicht mehr, den Gedanken zu verdrängen. Wie oft hatte sie sich in ihrer Ehe mit Hunter schon danach gesehnt zu empfangen? Das Schuldgefühl, die Unzulänglichkeit, die Sehnsucht … es war unerträglich gewesen. Schließlich hatte sie akzeptiert, dass sie eine kinderlose Frau bleiben würde. Es war seltsam, dass gerade Hunter ihr geholfen hatte, mit ihrer Unfruchtbarkeit fertig zu werden und ihren Wert darüber hinaus zu erkennen.
    Aber wenn nun doch …? Sie hatte Angst vor der Hoffnung. Wenn es doch nur wahr sein könnte, wenn doch nur …
    Lara schloss die Augen, legte die Hand auf den Bauch und murmelte rasch ein Gebet. Sie wollte Hunters Kind austragen. Es schien ihr ein unglaubliches Wunder, dass sie mit etwas beschenkt worden sein könnte, das der übrigen Welt so normal vorkam. Lara stiegen die Tränen in die Augen. Sie war beinahe krank vor Sehnsucht.
    Als die Kutsche Morland Manor erreichte, hatte sie sich wieder gefasst. Halb verborgen in einem Wäldchen stand das weiß gekalkte Tudorschlösschen mit der Ziegelverblendung, die ihm einen ländlichen Charme verlieh.
    Äußerlich gelassen wies Lara einen Lakaien an, den Korb und die Bücher in der Eingangshalle abzugeben. Sie wartete noch keine Minute vor der Tür, als Captain Tyler auftauchte, um sie zu begrüßen.
    »Lady Hawksworth!«, rief der Captain, offensichtlich mehr überrascht als erfreut. »Das ist eine völlig unerwartete Ehre …«
    »Verzeihen Sie mir, wenn ich ungelegen komme«, erwiderte Lara und reichte ihm ihre behandschuhte Hand. »Ich wollte Sie beide nur begrüßen und etwas für Mrs. Tyler abgeben.«
    »Wie freundlich von Ihnen!« Seine Verwirrung verwandelte sich in Dankbarkeit. »Bitte, kommen Sie doch herein und nehmen Sie eine Erfrischung zu sich.
    Ich schicke einen Diener hinauf, um nachzusehen, ob Mrs. Tyler gerade schläft. Vielleicht kann sie Sie ja empfangen.«
    »Sie dürfen Sie wegen mir nicht stören. Ich werde nicht lange bleiben.« Lara trat mit ihm ins Haus und legte ihre Handschuhe und ihre Haube ab. Es war ein warmer Tag und sie zog ein spitzengesäumtes Taschentuch hervor, um ihre feuchte Stirn und ihre Wangen abzutupfen.
    Der Captain führte Lara in einen kleinen Empfangssalon und wies auf ein mit geblümtem Chintz bezogenes Sofa.
    Lara ordnete ihre Röcke und sah ihn lächelnd an, als er sich auf einen Mahagonistuhl setzte. Ihr ursprünglicher Eindruck von ihm hatte sich nicht gewandelt; er schien ein angenehmer, ernsthafter Mann zu sein. Etwas in seinem Blick jedoch irritierte sie, als würde er unbehaglich über eine Angelegenheit schweigen, die sie anging.
    »Lady Hawksworth«, sagte er vorsichtig, »ich hoffe, es beleidigt Sie nicht, wenn ich mich nach der Gesundheit Ihrer Schwester erkundige?«
    »Es geht ihr wieder gut, danke. Und natürlich beleidigt mich Ihre Anteilnahme nicht. Warum sollte sie das?«
    Tyler senkte den Blick. »Die Umstände der Krankheit Ihrer Schwester sind recht unangenehm …«
    »Ja, es ist ein Skandal«, sagte Lara leise. »Wahrscheinlich hat sich jeder in Market Hill eine eigene Meinung dazu gebildet. Aber an allem trägt allein Lord Lonsdale die Schuld.«
    Tyler legte die Fingerspitzen zusammen. »Leider höre ich nicht zum ersten Mal von so einem schlimmen Verhalten eines Mannes seiner Frau gegenüber und ich fürchte, es wird auch nicht das letzte Mal sein.« Er zögerte, bevor er taktvoll hinzufügte: »Ich hoffe nur, dass Lady Lonsdale von nun an unter glücklicheren Umständen leben wird.«
    »Ich auch«, erwiderte Lara. Sie plauderten einige Minuten über allgemeine Themen, bis sie zu dem persönlicheren Gespräch über Mrs. Tylers Befinden kamen.
    »Dr. Slade hat uns versichert, dass meine Frau und das Baby eine hervorragende Chance haben, wenn wir nur seine Anweisungen befolgen«, bemerkte Captain Tyler. »Und einem Mann von seiner Erfahrung und Klugheit muss man einfach glauben. Trotzdem mache ich mir Sorgen. Ich liebe Mrs. Tyler sehr. Sie war mir eine treue Gefährtin in allen Gefahren, in die ich sie gebracht habe, vor allem in den Jahren in Indien.«
    Gerührt über seine Zuneigung zu seiner Frau, wagte es Lara, die Frage zu stellen, die sie seit einiger Zeit beschäftigte. »Captain Tyler«, sagte sie vorsichtig, »dass Sie Indien erwähnen, erinnert mich an etwas, das ich mich gefragt habe.«
    »Ja?« Er war sofort wachsam. Die Spitzen seines Schnurrbarts zuckten wie bei einer nervösen Katze.
    Lara fuhr bedächtig fort: »Als Sie vor ein paar Monaten

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