Geliebter Krieger
ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
„Schon gut. Ich werde dir nichts tun.“ Noch nicht.
Der Satyr beruhigte sich ein klein wenig und fing an zu erzählen. „Sie kamen nicht zurück. Ich wollte nachsehen gehen. Ich wollte nur, dass eure Befehle sorgfältig ausgeführt werden, Meister. Ich wollte nur, dass alles zu eurem Wohlwollen geschieht.“
„Was hast du gesehen?“
„Sie waren da“, sagte der Satyr und wappnete sich gegen den Zorn seines Meisters.
„Wer?“
„Der Clan.“ Nun duckte er sich und schaute zu Boden.
„Sprich weiter.“
„Ich habe einen von ihnen gesehen. Eine Frau. Sie sprach mit einem Polizisten, aber ich konnte das Blut in dem Hinterhof riechen. Es roch nicht gut. Ich denke , es kam von unseren Soldaten.“
Wie konnten sie das wissen? Wie konnte der Drachenclan ihm wieder einen Schritt voraus sein? Er hasste diese widerlichen Bastarde. Egal , was er vorhatte, sie waren bereits dort. Und nun hatten sie das Orakel, das er wollte. Sie war seine Beute. Seit zwei Jahren schon verfolgte er diese Schlampe quer durch das ganze Land. Immer entkam sie ihm. Zorn kroch in ihm hoch. Ein alter Zorn. Ein Zorn, der wie ein Krebsgeschwür in ihm wucherte, und das schon seit vielen Jahren. „Wieso hast du nichts unternommen?“, blaffte er den Satyr an.
„Es war schon zu spät , Meister“, winselte dieser und fiel auf die Knie.
„Sie war nicht mehr dort. Und da war eine Kriegerin. Sie hätte mich getötet!“
Wütend packte er den Satyr erneut an der Kehle und zog ihn in sein Blickfeld. „Und? Bist du nicht bereit , für unsere Sache zu sterben?“
„Doch, doch. Meister. Bitte!“
Er schleuderte den winselnden Satyr quer durch die Lagerhalle. Dieser schlug hart gegen einen Betonpfeiler , und noch bevor er den Boden berührte, stand sein Meister neben ihm. Er riss ihn an den Haaren zurück und schlug ihm mit seinem Schwert den Kopf ab. Seit mehr als einhundertfünfzig Jahren hauste er nun schon in schäbigen Hallen oder verfallen Wohnhäusern. Er teilte sein Bett mit Ratten und Kakerlaken, verzichtete auf alles, was ihm eigentlich von Geburt an zustand. Doch er war nicht faul. Ließ sich nicht unterkriegen. Sorgfältig hatte er sich einen Plan zurechtgelegt und entgegen allen Widrigkeiten schließlich seinen Weg gefunden.
Verächtlich betrachtete er den bereits verwesenden Kadaver zu seinen Füßen. Satyrn waren das schwächste Glied der gesellschaftlichen Kette und somit leicht zu überzeugen. Ihre Intelligenz und ihre tatsächlichen kämpferischen Fähigkeiten ließen zu wünschen übrig, aber es gab sie zu Hunderten. Es war ein L eichtes für ihn, sie zu rekrutieren. Für jeden , der vom Feind getötet wurde, oder von ihm selbst, hatte er am Tag darauf drei neue.
Und doch war ihm der Clan einen Schritt voraus. Er brauchte dieses Orakel. Mit ihm könnte er das Blatt vor der Zeit wenden und der Clan würde seine längst überfällige Strafe erhalten. Er würde sie alle töten. Jeden E inzelnen. In ihrem Blut baden und ihre Köpfe aufspießen. So wie sie es verdienten. Und dann würde er sich endlich aus der Dunkelheit erheben können. Bald sagte er sich. Bald.
*
Darian wanderte rastlos auf der Galerie umher. Lillian war nun schon über eine Stunde in seinem Zimmer und kümmerte sich um sein … das Orakel. Innerlich ruhelos bewachte er das Zimmer, äußerlich nicht imstande, sich zu bewegen. Warum, wusste er selbst nicht. Er hatte ihr Gesicht vor seinem inneren Auge und ihren Duft in der Nase, in seinem ganzen Körper spürte er diesen Duft. Gleichzeitig war er sich ihrer Angst bewusst, sah den gehetzten Gesichtsausdruck, hörte die rasselnden Atemzüge. Alles an ihr schrie in wilder Panik auf. Sie sollte keine Angst haben, schon gar nicht vor ihm.
Seufzend ließ er sich am Glasgeländer nach unten rutschen und legte den Kopf in die Hände. Als trockene, rote Krümel in seinen Schoß fielen, betrachtete er seine Finger. Schmutz und getrocknetes Blut klebten immer noch daran. Er fluchte, stand auf und ging nach unten ins Erdgeschoss. Kühle Nachtluft wehte ihm entgegen, als er die Balkontür aufschob. Ohne auf die kleinen Kunstwerke zu achten, die sich am Wegesrand befanden, durchquerte er den Garten. Das Nebengebäude war sein Ziel. Hier gab es alles , um sich ordentlich abzureagieren. Schießstand, Schwimmbad, Sauna, Trainingsräume. Vielleicht würde das kalte Wasser einer Dusche seine Gedanken ordnen. So zog er rasch seine schmutzigen Kleider aus und legte seine Waffen
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