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Geliebter Lord

Geliebter Lord

Titel: Geliebter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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der letzten Zeit ihrer Ehe hatte sie gelernt, die Stimmungen eines Mannes einzuschätzen. War Gordon früher die Liebenswürdigkeit in Person gewesen, so hatte die Krankheit ihn launisch werden lassen. Schon bald konnte sie unterscheiden, ob seine Verstimmung sich legen oder zur Wut steigern würde. Nicht selten ließ er seinen Unmut an ihr aus. Sie erduldete seine Ausbrüche und akzeptierte die nachfolgenden Entschuldigungen, denn sie hatte Verständnis dafür, dass er sich Luft machen musste über den Kunden, der ihn geärgert hatte, den Goldpreis oder ein Dutzend anderer Dinge. Bei aller Ungerechtigkeit, die er dabei an den Tag legte, wusste sie, dass Gordon es nie böse meinte.
    Hamish MacRaes Stimmungen hingegen vermochte sie nicht einzuschätzen. Sie trat zu ihm. Er legte die Hand auf ihre Hüften, und sie fuhr sanft an seiner Kinnlinie entlang, drückte dann drei Finger auf seine Unterlippe, beugte sich zu ihm vor und flüsterte: »Hamish.« Sonst nichts. Nur seinen Namen.
    Er wurde ernst. »Ich hätte dich mit Brendan gehen lassen sollen.«
    »Da es für Bedauern zu spät ist, könnten wir es nicht einfach vergessen?« Reue, erkannte sie, vertrug sich nicht mit Freude. Sie konnte nicht aufhören zu lächeln, und es war ihr ganz leicht ums Herz.
    »Dann werde ich dafür sorgen, dass du deinen Entschluss nicht irgendwann bedauerst.« Ein Versprechen, das er mit einem Kuss besiegelte.
     
    Bei einem Gasthaus außerhalb von Inverness nahm Brendan Abschied von Micah und Hester.
    »Solltet Ihr jemals Arbeit brauchen, geht nach Gilmuir und sagt meinem Bruder, Ihr kämt auf meine Empfehlung hin.«
    »Werdet Ihr denn nicht dort sein, Sir?«, fragte Micah.
    »Schiffe sind zum Segeln gemacht«, erwiderte Brendan mit einem Lächeln. »Ich bin sicher, dass meine Mannschaft die unverhoffte Freizeit genießt, aber irgendwann werden die Männer unruhig.«
    Als Brendan zum Klimperklang der Ladenglocke das Geschäft des Goldschmieds betrat, kam Charles von hinten aus der Werkstatt und mit ihm eine Wolke fauligen Gestanks.
    »Eine Lösung zur Reinigung von Gold«, erklärte er, als er Brendans gerümpfte Nase sah, und schaute stirnrunzelnd an ihm vorbei. »Wo ist sie?«
    »Mrs. Gilly ist noch dortgeblieben«, antwortete Brendan und reichte dem Mann Marys Brief. Charles nahm ihn ohne ein Wort, erbrach das Siegel und überflog die Zeilen. Dann drehte er das Pergament um, als erwartete er auf der Rückseite eine Fortsetzung.
    Charles Talbot war ein junger Mann mit einem schmalen Gesicht und blassblauen Augen. Seine Brauen waren buschig und die Lippen dünn. Irgendwie erinnerte er Brendan an einen Fuchs.
    »Ist das alles?«
    Der Mann schien nicht erfreut über Marys Nachricht, dachte Brendan. Er sah sogar aus, als würde er ihm lieber einen Kinnhaken versetzen, als sich ein Lächeln abzuringen. Brendan hatte ihn auf den ersten Blick nicht gemocht. Iseabal hatte ihm erklärt, wo er den Laden finden würde, und ihm ein Schreiben mitgegeben. Charles war erst freundlich geworden, als ihm klarwurde, dass Brendan Alisdair MacRaes Bruder war. Offensichtlich bestand ein Zusammenhang zwischen dem Benehmen des Mannes und der Brieftasche eines Kunden.
    »Ja«, antwortete er. »Ich habe keine weitere Nachricht für Euch, falls Ihr das meint.«
    »Dann geht es Eurem Bruder noch nicht gut?« Sein freundlicher Ton kostete Charles viel Kraft: Brendan bemerkte, dass Talbots eine Hand zur Faust geballt war und die andere, in der er den Brief hielt, stark zitterte.
    »Nicht so gut, wie ich es mir wünschen würde«, erwiderte Brendan.
    »Welcher Art ist sein Leiden denn?«
    Brendan überlegte. Es ärgerte ihn, dass die Situation ihn zu lügen zwang. Er würde es tun – aber nur einem Außenstehenden gegenüber. Einem Familienmitglied würde er die Wahrheit sagen.
    »Er wurde verwundet.« Hoffentlich gäbe sich der Mann damit zufrieden.
    »Offenbar nicht schwer«, sagte Charles. »Sonst hättet Ihr ihn doch nicht verlassen.«
    »Da Mrs. Gilly ihn behandelt, braucht er mich nicht.«
    »Aber er kann nicht an der Schwelle des Todes stehen«, insistierte Charles. »Sonst hättet Ihr ihn nicht in der Obhut einer Fremden zurückgelassen.«
    Fremde waren die beiden nun ja nicht mehr, dachte Brendan, aber das würde er dem Fuchsgesicht natürlich nicht offenbaren.
    »Ich habe noch einen Brief abzuliefern«, wechselte er das Thema. »An eine Elspeth Grant. Könnt Ihr mir sagen, wie ich zu ihr komme?«
    Charles streckte die Hand aus. »Gebt ihn mir. Ich

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