Geliebter Lord
die Köchin werden sich sorgen.«
Was hatte er denn geglaubt, wen sie ihm nennen würde? Einen Verehrer, den sie bisher nicht erwähnt hatte? Er war nicht eifersüchtig gewesen seit … Seine Gedanken kamen abrupt zum Stillstand. Hamish konnte sich nicht erinnern,
jemals
eifersüchtig gewesen zu sein. Er hatte sich sogar über seinen ältesten Bruder lustig gemacht, als dieser sich erregte, weil einer der Steinmetze auf Gilmuir Iseabal mit, wie Alisdair meinte, unziemlicher Sympathie angesehen hatte.
»Du siehst aus, als würdest du dem Mann am liebsten an die Gurgel gehen, Alisdair. Er hat deine Frau nur angelächelt.«
»Er soll gefälligst eine andere Frau anlächeln«, hatte Alisdair geknurrt, und Hamish hatte den Kopf über ihn geschüttelt, als sein Bruder zu seiner Ehefrau ging und sie von der Baustelle wegholte. Iseabal hatte herzlich gelacht über ihren Mann.
Würde Mary ihn, Hamish, ebenfalls auslachen? Bisher hatte ihn nie gekümmert, was andere von ihm hielten, aber jetzt stellte er fest, dass es ihm sehr wichtig war, was
Mary
von ihm hielt.
Als er in Inverness ankam, stand die Sonne hoch am Himmel. Die Stadt war größer, als er sie in Erinnerung gehabt hatte, und der ungewohnte Verkehrslärm und die vielen Menschen auf der Straße weckten Sehnsucht nach seinem Leben auf See oder der Ruhe von Castle Gloom in ihm.
Gordon Gillys Geschäft zu finden bereitete Hamish keine Probleme. Als er sah, dass sich in dem großen Laden mehrere Kunden aufhielten, ging er ums Haus herum, band sein Pferd an und klopfte an die Tür des Privateingangs.
Ein zierliches junges Mädchen in einer butterblumengelben Schürze und unter dessen schwarzem Wollhäubchen blonde Haare hervorlugten, öffnete ihm.
»Kunden werden gebeten, den Vordereingang zu benutzen, Sir«, sagte sie mit einem Knicks.
»Ich bin kein Kunde«, erklärte er, um Liebenswürdigkeit bemüht, obwohl er Mary im Moment nicht ausgesprochen freundlich gesinnt war. »Ich möchte Mrs. Gilly besuchen.«
»Sie ist nicht da«, erwiderte das Mädchen höflich. »Es ist schon fast einen Monat her, dass sie Inverness verlassen hat, Sir.«
»Ich weiß, dass sie zurückgekommen ist«, sagte er in scharfem Ton.
Ihre Überraschung wirkte echt. »Ihr müsst Euch irren, Sir. Sie ist nicht zu Hause.«
Hamish musterte das Mädchen eingehend und kam zu dem Schluss, dass es die Wahrheit sagte. Nicht ob des unschuldigen Ausdrucks, sondern Marys wegen: Sie würde sich nicht verleugnen lassen. Nein – sie wäre schon längst an die Tür gekommen und hätte von ihm zu wissen verlangt, wie er dazu käme, sie nach Inverness zu verfolgen.
»Sie ist außerhalb bei einem Patienten, Sir«, setzte das Mädchen hinzu. »Mrs. Gilly ist eine großartige Heilerin.«
Plötzlich nahm Hamish einen Schatten hinter ihr wahr, und im nächsten Augenblick stand ein Mann da. Mary hatte ihn nie beschrieben, aber Hamish wusste sofort, dass er Charles vor sich hatte. Er war klein, hatte blassblaue Augen und war Hamish auf den ersten Blick von Herzen unsympathisch.
»Was wollt Ihr?«
»Der Gentleman hat nach Mrs. Gilly gefragt«, erklärte das Dienstmädchen.
Charles legte die Hand auf die Schulter des Mädchens und schob es unsanft beiseite. Hamish trat einen Schritt vor, aber bevor er etwas tun konnte, hatte sich das junge Mädchen losgemacht und war nach vorn ins Haus verschwunden.
»Warum wollt Ihr mit ihr sprechen?«, fragte Charles. »Ihr seht nicht krank aus.«
»Der Grund geht Euch nichts an.«
Im Laufe seiner Reisen als Kommandant seines eigenen Schiffs hatte Hamish lernen müssen, mit Männern verschiedener Professionen und verschiedenen Standes umzugehen. Es hatte ihn überrascht, wie vielen unangenehmen Menschen er begegnete, aber die netten waren in der Überzahl gewesen. Mit wachsender Erfahrung hatte er gelernt, seine Zunge im Zaum zu halten, doch in diesem Moment fiel es ihm ungeheuer schwer.
»Wo ist Mrs. Gilly?«, fragte er.
Charles antwortete nicht.
Hamish begriff, dass er keine Auskunft von ihm bekommen würde – und dass seine Abneigung gegen den Mann auf Eifersucht gründete. Charles kannte Mary seit vielen Jahren, hatte sie nach Gordons Tod getröstet.
»Ich komme morgen wieder«, kündigte Hamish an.
»Ich bezweifle, dass Ihr sie antreffen werdet«, erwiderte Charles.
Die Formulierung und der Ton weckten den Verdacht bei Hamish, dass Charles wusste, wo Mary sich befand.
»Richtet Ihr aus, dass ich in Inverness bin.«
»Ich kenne ja nicht einmal
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