Geliebter Lord
Euren Namen.«
»Hamish MacRae.«
Das überhebliche Grinsen verschwand aus Charles’ Gesicht, und Wut verdunkelte seine Augen. Einen Moment lang fixierten die beiden Männer einander feindselig. Dann drehte Hamish sich um und ging zu seinem Pferd. Er spürte den Blick des Mannes auf seinem Rücken und wusste, dass er sich einen Feind gemacht hatte. Sei’s drum, dachte er – ich mag ihn auch nicht.
Auf der Suche nach einem Quartier fand er in einer Querstraße das Rose and Crown. Während er mit dem Gastwirt die Modalitäten vereinbarte, beschäftigte ihn unablässig eine Frage.
Wo war Mary?
Er dankte dem Wirt, arrangierte die Unterbringung seines Pferdes und ging in sein Zimmer, stellte seine Reisetasche ab und trat an das auf die Straße hinausgehende Fenster.
Wenn Mary ihm nicht begegnen wollte, würde sie vielleicht nicht nach Hause zurückkehren. Wohin würde sie gehen?
Elspeth hörte das Gerücht zum ersten Mal in dem Laden, wo sie eine Spitzenborte für ihre Mutter abholen sollte. Zwei Kundinnen unterhielten sich so laut, dass sie sich nicht anstrengen musste, um zu verstehen, was sie sagten.
»Er ist sehr streng, aber gerecht, sagt mein Mann.«
»Männern wie ihm verdanken wir, dass nur so wenige Verbrechen in Inverness geschehen, sagt mein Harold.«
»Trotzdem … Eine Frau von so untadeligem Ruf … Kann das wirklich wahr sein?«
»Sie ist jetzt eine reiche Witwe, oder?«
Als die beiden Elspeth bemerkten, steckten sie die Köpfe zusammen.
»Über wen sprechen sie?«, fragte sie den Ladenbesitzer. Obwohl er sie seit Jahren kannte, schaute er sie an wie eine Fremde.
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte er schroff.
Elspeth machte sich auf den Weg zum Markt, und kurz vor der Brücke hörte sie die nächste irritierende Unterhaltung.
»Gordon war so ein vitaler Mann, und plötzlich welkte er förmlich dahin.«
»Er war nicht mehr der Jüngste, vergesst das nicht.«
»Also, mich würde es nicht überraschen, wenn da Gift im Spiel gewesen wäre.«
Inverness war keine kleine Stadt, aber manchmal wirkte es wie ein Dorf, und Elspeth schien, als redeten, wo immer sie hinkam, alle nur darüber, dass Mary ihren Ehemann vergiftet hatte.
Voller Entsetzen begab sie sich zum Haus ihrer Freundin. Ihre Mutter sagte oft, dass man die neuesten Nachrichten in Inverness nicht in den Tavernen erfuhr, sondern in Gordons Laden. Das Geschäft war ein beliebter Treffpunkt der wohlhabenderen Einwohner der Stadt. Nicht selten traf man dort nachmittags vier, fünf Gentlemen in lebhaftem Gespräch an, und dabei ging es nicht immer nur um den Goldpreis oder Schmuckstücke.
Der Vordereingang war verschlossen, und so ging Elspeth zur Hintertür.
»Ich habe Euch doch gesagt, dass sie nicht hier ist«, schnauzte Charles, der auf ihr Klopfen hin öffnete. »Oh, verzeiht mir, Miss Grant«, entschuldigte er sich. »Ich hatte jemand anders erwartet.«
Er trat beiseite, um sie einzulassen.
»Habt Ihr gehört, was die Leute über Mary sagen?«, fragte Elspeth.
Die Wände der Diele zierte eine französische Tapete mit schmalen braunen und beigefarbenen Streifen, der Holzboden war stets frisch gebohnert, und die beiden, einander gegenüberstehenden Sideboards wurden täglich abgestaubt. Der Raum wirkte jetzt unbenutzt. Vertrocknete Blumen standen in den Kristallvasen, die Mary so liebte, die Vorhänge waren zugezogen.
Die Atmosphäre war so kalt und leblos wie Charles’ Lächeln.
Er hatte sich am Ende der Diele aufgebaut, als wollte er Elspeth daran hindern, weiter ins Haus vorzudringen. So wie der Eingangsbereich aussah, stand Elspeth jedoch gar nicht der Sinn danach, sich anzusehen, was Charles in Marys Abwesenheit aus deren schönem Heim gemacht hatte.
»Habt Ihr gehört, was die Leute über Mary sagen?«, wiederholte sie. »Es scheint, als redete die ganze Stadt über sie und Gordon.«
Sein Ausdruck veränderte sich nicht. Offenbar hatte sie ihm nichts Neues erzählt.
Da Betty nirgends zu sehen und sie, Elspeth, ohne Begleitung war, sollte sie ihren Besuch schnellstens beenden. Sie wandte sich zum Gehen und hatte die Tür fast erreicht, als Charles sie von hinten bei der Schulter packte und zu sich herumdrehte. Als sie ihm ins Gesicht blickte, erstarb ihr Protest auf ihren Lippen. Sie hatte den Mann noch nie so erzürnt gesehen.
Bis zu Gordons Tod war er lediglich eine Schattengestalt für sie gewesen. Sie hatte kaum je mit ihm zu tun gehabt, und wenn Mary ihn erwähnte, dann nur nebenbei. Nach Gordons Tod
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