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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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erführe. Sie, Waline, musste ihre Zunge künftig besser im Zaum halten, sonst würde es zu einer Katastrophe kommen.
     
    Ein paar Tage später saßen Bosgard und seine Männer in der Halle beim Abendessen. Nachdem die Normannen mit Speisen und Krügen voller Ale versorgt waren, durften sich auch die Bediensteten, darunter Hayla, am unteren Ende an einen Holztisch setzen. Die meisten von ihnen griffen gierig nach der Schüssel mit dem dicken Haferbrei, denn für sie gab es weder Fleisch noch Ale oder gar etwas von dem Wein, den sich Bosgard aus Frankreich hat schicken lassen. Auch Hayla aß hungrig, als plötzlich Ralphs Stimme laut durch die Halle dröhnte.
    »He, mein Krug ist leer!« Sein Blick glitt über die Diener und blieb an einem schmächtigen Jungen hängen. »Du da, bring mir frisches Ale!«
    Der Junge, etwa zwölf oder dreizehn Jahre alt, erhob sich mit schlotternden Knien. Er nickte, nahm den leeren Krug von Ralph in Empfang und eilte in die Küche. Als er zurückkehrte, übersah er einen der grauen, zottigen Hunde, die sich unter dem Tisch an abgenagten Knochen gütlich taten, und trat dem Tier auf den Schwanz. Mit wütendem Gekläff fuhr der Hund zu dem Jungen herum, der derart erschrak, dass er den gefüllten Krug fallen ließ und sich das Ale nicht nur in die Binsen, sondern auch auf Sir Ralphs Wams ergoss. Blitzschnell fuhr Ralph hoch und gab dem Jungen eine Ohrfeige, dass dieser zu Boden stürzte und mit dem Hinterkopf hart gegen die Ecke einer Sitzbank prallte. Der Junge gab einen kurzen, keuchenden Laut von sich, dann war er still, und rotes Blut tränkte die Binsen. Ohne zu zögern, sprang Hayla auf und eilte zu dem Jungen. Auch Sir Bosgard hatte sich erhoben. Sein Blick ging zwischen dem Jungen und Ralph hin und her.
    »War das nötig, Ralph?« Seine Stimme war leise und beherrscht, aber es lag ein tadelnder Unterton darin.
    Ralph grinste mit entblößten gelblichen Zähnen.
    »So ein ungeschickter Trampel. Er hat das Wams verschmutzt, dafür hat er eine Tracht Prügel verdient.«
    »Er hat es nicht mit Absicht getan.« Bosgard schüttelte verwundert den Kopf. »Zudem ist er noch ein halbes Kind.«
    »Er ist ein Dienstbote«, entgegnete Ralph schroff. »Ein ungeschickter, nachlässiger Dienstbote …«
    »Sir, er … ist tot …«
    Hayla, die neben dem Jungen im Stroh kniete und dessen Kopf auf ihre Schenkel gebettet hatte, hob den Blick und sah Bosgard an. In ihre Augen trat ein feuchter Schimmer, aber es waren nicht Tränen der Trauer um den Jungen, sondern sie weinte aus hilflosem Zorn und über ihre Ohnmacht, gegen ein solches Unrecht nichts unternehmen zu können.
    Bosgard de Briscaut war ehrlich erschrocken. Er beugte sich zu dem leblosen Körper hinunter. Als er seine Hand auf die Brust des Jungen legte, um zu prüfen, ob er noch atmete, berührten seine Finger für einen Moment Haylas Hand. Hayla war es, als hätte sie glühendes Eisen angefasst. Sie zog ihre Hand schnell zurück, und eine tiefe Röte schoss in ihre Wangen. Bosgard legte sein Ohr auf die Brust des Jungen. Resigniert hob er den Blick.
    »Es ist wahr, der Junge ist tot.«
    Für einen Augenblick zeigte Ralphs Lächeln eine Spur von Unsicherheit, dann hatte er sich wieder im Griff und meinte mit einer knappen Handbewegung: »Was soll’s? Auf einen Angelsachsen mehr oder weniger kommt es nicht an. Er ist selbst schuld, hätte er besser aufgepasst, dann wäre ihm nichts geschehen.«
    Langsam, als wären ihre Glieder aus Blei, erhob Hayla sich und trat vor Ralph Clemency.
    »Mörder!«, spie sie ihm ins Gesicht. »Ihr seid ein grausamer, gemeiner und feiger Mörder!«
    Nur mit Mühe gelang es Hayla, die Worte nicht auf Französisch herauszuschreien, damit alle in der Halle versammelten Normannen sie hören konnten. Aber selbst wenn Bosgard Haylas Worte nicht verstand, ihre Haltung und ihr Blick sagten mehr als genug, darum reagierte Bosgard sofort, als sich Ralphs Hand erneut hob und er Hayla schlagen wollte. Mit einem Satz sprang er zwischen die beiden, und Ralphs Faust krachte statt in Haylas Gesicht auf Bosgards Schulter. Mit einem harten Griff umklammerte Bosgard das Handgelenk seines Schwagers und zischte: »Rühr das Mädchen nicht an, es hat alles Recht der Welt, dich als Mörder zu beschimpfen. Komm mit in meine Kammer, ich muss mit dir sprechen!«
    »Du … du stellst dich auf die Seite dieses Packs?« Ralphs Augen weiteten sich ungläubig. »Du wagst es, mich vor Sklaven zu maßregeln, mich zu erniedrigen und

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