Geliebter Unsichtbarer
entwickeln begann. „Sobald Pearce Daten für uns hat, machen wir endgültige Pläne. Und ich nehme an, ich muss nicht ausdrücklich erwähnen, dass niemand außerhalb dieser vier Wände erfahren darf, dass Hamish und ich wieder da sind. Ist das klar?“
„Wir sind schließlich keine Anfänger!“ Enya verdrehte die Augen.
Plötzlich sah sich Aiden im Raum um. Verdammt, er war so darauf konzentriert gewesen, seine Freunde über alle Vorkommnisse zu informieren, dass er eine Sache ganz vergessen hatte: „Wo zum Teufel ist Leila?“
Enya erhob sich. „Ich glaube sie hatte sich im Bad übergeben. Sie war weiß wie eine Wand. Also habe ich sie in deinem Quartier hinlegen lassen.“
Aiden schoss aus seinem Sessel hoch. „Du hast was?“
„Keine Angst, ich habe sie eingesp –“
Ohne den Rest zu hören, riss er die Tür auf und stürmte in den Flur hinaus.
***
Leila trocknete sich ihr Gesicht mit einem Handtuch ab, das nach Aiden roch. Es half ihr nicht, sich besser zu fühlen. Wenigstens war ihr Anfall von Übelkeit vorbei: Der schreckliche Angriff der Dämonen und die darauf folgende klaustrophobische Reise durch das Portal hatten das verursacht. Das erste Mal, als sie das Portal benutzt hatte, war ihr nicht übel geworden, aber damals hatte Aiden sie geküsst und sie hatte nicht einmal bemerkt, wie erschreckend es war, durch die Dunkelheit zu fliegen.
Dieses Mal jedoch hatte er sie gemieden und sie konnte es ihm nicht einmal verübeln. Alles, was er ihr an den Kopf geworfen hatte, war wahr: Sie hatte ihn belogen und die Existenz der Daten vor ihm verborgen. Aber er hatte nicht wirklich verstanden, warum sie es getan hatte. Er würde es nie verstehen: Er war nicht in unmittelbarer Gefahr, seine Eltern für immer zu verlieren. Sie würde ganz alleine sein. Es würde Jahre beanspruchen, den Bauplan für das Medikament aus ihrem Gedächtnis heraus zu rekonstruieren. Bis dahin würde die Krankheit ihrer Eltern schon so weit fortgeschritten sein, dass es für sie zu spät wäre, egal ob sie das Mittel schließlich herstellen konnte oder nicht.
Leila verließ das Bad und ging zurück ins Schlafzimmer. Es bestand kein Zweifel darüber, wem dieses Zimmer gehörte. Nicht nur haftete Aidens maskuliner Duft in dem Bett, wo sie sich kurz ausgeruht hatte, es standen auch überall Bilder von ihm und seiner Familie. In einer Art Schrein, der auf dem Kaminsims aufgebaut war, stand das Foto einer schönen dunkelhaarigen Frau. Getrocknete weiße Lilien umgaben den Rahmen. Sie musste kein Hellseher sein, um herauszufinden, wer die Frau war. Offensichtlich hatte Aiden Julia angebetet und nun erinnerte er sich täglich an ihren Tod. Fast so, als wollte er den Schmerz aufrecht erhalten.
Sie streckte ihre Hand nach dem Bild aus, von den schönen Zügen der jungen Frau, die Aiden so sehr glich, angezogen. Gleichzeitig wirkte sie so viel weicher, Schalk blitzte aus ihren Augen, und ein Lächeln lag auf ihrem Gesicht.
„Du hast hier nichts zu suchen.“
Erschrocken fuhr Leila herum und stand Aiden direkt gegenüber. Sie hatte das Öffnen der Tür nicht gehört. Wahrscheinlich hatte er diese überhaupt nicht benutzt.
„Enya hat mich hierher gebracht.“
„Dazu hatte sie kein Recht!“ Aiden funkelte sie an, dann blickte er auf Julias Bild hinter ihr.
„Ich wollte deine Privatsphäre nicht stören. Ich werde gehen.“ Sie machte ein paar Schritte, aber er versperrte ihr den Weg, indem er vor sie trat, sein Körper weniger als einen Meter von ihr entfernt.
„Und wohin willst du gehen?“
„Dir aus dem Weg, bis du dich beruhigt hast.“
„Beruhigt?“ Er kniff die Augen zusammen und kam noch näher. „Ich bin ruhig, ich bin jetzt sehr ruhig.“
Leila schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter. Es war wohl besser, wenn sie sich gleich der Standpauke stellte. Sie sollte es nicht noch länger hinausziehen. „Na los dann. Sag mir, was du von mir hältst: Sag mir, wie sehr du mich für das hasst, was ich getan habe! Ich habe nichts mehr zu verlieren. Ich werde meine Eltern nie wieder zurückbekommen! Bist du jetzt glücklich?“
Aiden packte ihre Schultern. Instinktiv wich sie ein paar Schritte zurück, aber er ließ sie nicht los. Stattdessen drückte er sie gegen die Wand. „Glücklich? Ich wünschte, ich wäre dir nie begegnet! Ich wünschte, ich hätte nie erfahren müssen, wie es sich anfühlt, betrogen zu werden!“
„Was hast du von mir erwartet?“, schrie sie zurück. „Dass ich dir die letzte Kopie
Weitere Kostenlose Bücher