Geliebtes Landleben
gebe sehr wenig für mein Make-up aus, und seit mein
Mann gestorben ist, kaufe ich nur gelegentlich eine Flasche Sherry, wenn ich
Freunde erwarte.«
Ich sagte, das würde nichts
ausmachen, sie solle mir die Angaben machen, die sie machen könne, dann
trennten wir uns voller Bedauern und versprachen, uns wiederzusehen.
Inzwischen arbeitete ich mich
die Straße hinunter bis zu dem ärmeren Viertel, und das nächste Haus, an dem
ich anklopfte, war unordentlich und verkommen. Ich hatte einige Mühe, bis ich
gehört wurde, und ich hoffte, daß nicht alles ausgeflogen war. Schließlich
hörte ich Schritte, ein müder unrasierter Mann machte die Tür auf, der mit weit
offenem Mund gähnte. Aber er sah freundlich aus und versuchte nicht, mir die
Tür vor der Nase zuzuschlagen, als ich ihm meinen Auftrag erklärte. Statt
dessen war er ganz herzlich und lachte, als er hörte, daß ich etwas über
Alkohol erfahren wollte. »Kommen Sie ’rein, meine Liebe. Hier sind Sie am
richtigen Ort. Über die Trinkerei kann ich Ihnen viel erzählen und über das
Make-up auch.«
Dann erklärte er, daß sie
gestern abend >eine kleine Party< hatten und die Küche deshalb so
unordentlich war. »Ich glaube kaum, daß es in dem anderen Zimmer viel besser
aussieht, aber kommen Sie mit.« Es sah nicht besser aus, aber das störte mich
nicht, weil der Mann so nett war.
»Ich werde meine Frau aus dem
Bett werfen«, sagte er. »Sie schnarcht noch. Die Party war erst gegen sieben Uhr
zu Ende, und sie ist noch völlig tot.«
Es gelang ihm jedoch, sie zu
wecken, und inzwischen gab er mir ganz bereitwillig einige sehr erstaunliche
Zahlen an. Er erzählte mir alles über ihren Alkoholverbrauch, die Marken, die
sie bevorzugten, und den Betrag, den sie ausgaben. Ich tat mein Bestes, um
keine Überraschung zu zeigen, aber als ich ihn bat, eine Zahl zu wiederholen,
sagte er abwehrend: »Sie sind schockiert, nicht wahr? Aber warum nicht? Wir
arbeiten beide. Wir zahlen unsere Rechnungen. Wir haben keine Kinder, warum
sollten wir uns nicht vergnügen? Wofür sollten wir unser Geld sonst ausgeben?
Ich zahle genug Steuern an diesen verdammten Wohlfahrtsstaat, und ich erwarte,
daß er mich unterstützen kann, wenn ich alt bin.«
Ich sagte, das sei eine sehr vernünftige
Auffassung, und war nur froh, daß Paul mich nicht hören konnte. In diesem
Augenblick kam seine Frau herein; sie war hübsch, leicht mollig, aber trotzdem
noch attraktiv und eigentlich ganz guter Laune, wenn man bedachte, daß ich sie
aus ihrem wohlverdienten Schlaf geholt hatte. Sie war genauso liebenswürdig wie
ihr Mann und meinte, sie müsse unbedingt einen Schluck nehmen, bevor sie meine
Fragen beantwortete, was sie dann auch tat. Obwohl sie mich drängte, trank ich
nicht mit ihnen, denn ich war ziemlich entsetzt, daß man mir zum erstenmal um
zehn Uhr morgens Alkohol anbot. Sie waren wohl ein ziemlich leichtsinniges Paar
und in ihrer Lebensauffassung etwas schockierend, aber ich mochte sie.
Der nächste Besuch verlief ganz
anders. Der Mann, der die Tür öffnete, hatte ein schmales, fanatisches Gesicht
und machte eine saure Miene. Er war nicht gewillt, mich hereinzulassen, und ich
wollte gerade gehen, als seine Frau hinter ihm sprach. »Oh, Robert, laß die
Dame herein. Sie kann nichts dafür, daß sie diese Arbeit machen muß, und wir
werden sie nicht lange aufhalten.«
Das taten sie auch nicht. Der
Mann war ein leidenschaftlicher Abstinenzler und gehörte irgendeiner sehr
strengen Sekte an, die sowohl Alkohol als auch Make-up verbot. Ich füllte
schnell mein Formular aus und war froh, wieder gehen zu können. Sie war eine
hübsche, etwas ängstlich aussehende Frau, die mich bis zum Gartentor brachte
und sich für die Unfreundlichkeit ihres Mannes entschuldigte.
»Sehen Sie, er ist so sehr
gegen jeden Alkohol, daß er glaubt, Sie seien eine von den anderen. Als stünden
Sie auf ihrer Seite, nur weil Sie Fragen darüber stellen.«
Ich lachte. »Das stimmt nicht.
Ich bin zwar nicht gegen Alkohol, aber ich finde es schade, soviel Geld dafür
auszugeben. Diese Umfrage mache ich jedoch nur, um Geld zu verdienen.«
»Das werde ich ihm sagen... Und
wie ist es mit den Schönheitsmitteln?« In ihrer Stimme lag etwas Wehmut, und
ich dachte, wieviel hübscher sie doch mit etwas Make-up sein könnte.
»Halten Sie auch nichts davon?«
fragte ich. »Sie haben mir gesagt, daß Sie nur Reinigungscreme und Puder
benutzen. Ist das wirklich alles?«
Jetzt waren wir am Gartentor
angekommen. Sie
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