Geliebtes Landleben
erhofft hatten; viel mehr, als seine beiden Vorgänger uns zugestanden hatten.
In Wirklichkeit war ich bedrückt, obwohl ich dagegen ankämpfte. Die Farm ging nicht sehr gut, und Paul war überarbeitet. Die Kinder wurden aus irgendeinem unerklärlichen Grund ausgesprochen lästig und ungezogen, und ich war nicht glücklich über Tonys Verlobung.
Natürlich war sie sehr mit Oliver Barretts Leben beschäftigt. Sie war oft bei ihm zu Hause, wirkte heimlich als Hausfrau und manchmal auch als Krankenschwester. Das heißt, so oft es ihre Arbeit im Supermarkt erlaubte. Im Moment gab es nicht allzuviel zu tun. Nach einem Jahr Einarbeitungszeit war Caleb in seiner Arbeit ganz gut geworden, und Tantchens Mischlingsmädchen Miranda kam an betriebsamen Tagen und half aus.
Sie war die Tochter eines zurückgekehrten englischen Soldaten, der in den Bezirk gekommen und vor meiner Zeit dort gestorben war. Er hatte in keiner Hinsicht viel getaugt, aber er war so vernünftig gewesen, eine sehr anmutige junge Maorifrau zu heiraten, die seinen Haushalt und seine kleine Farm in wunderbarer Ordnung hielt und ihm ein Kind schenkte. Kurz nach ihrer Geburt war ihr Vater an einem Nierenleiden, dem er keine Beachtung geschenkt hatte, gestorben, aber seine Frau, die ihn treu pflegte und ohne allzu großen Schmerz beerdigte, lebte weiter auf ihrem kleinen Stück Land, wo sie ein paar Kühe molk und den Rahm in die Fabrik schickte. Außerdem baute sie hervorragendes Gemüse an, das sie Miss Adams verkaufte. Sie lebte von dem Erlös sowie von ihrer Witwenrente und dem Kindergeld. Als Miranda siebzehn war, kehrte sie nach drei Jahren Maorischule, für die sie ein Stipendium bekommen hatte, nach Hause zurück. Sie war hübsch und klug, hatte eine herrliche goldene Haut und eine tiefe zauberhafte Stimme. Ihre dunkle Schönheit bildete einen vollkommenen Hintergrund für Tonys herrliche rote Haarpracht, und die beiden waren gute Freunde.
»Bis ich heirate, wird Tantchen mich überhaupt nicht mehr vermissen«, sagte Tony beruhigt. »Miranda wird immer besser, und wenn es einmal ganz schlimm zugeht, kann ich natürlich immer kommen und helfen.«
Ich unterdrückte ein Lächeln bei der Vorstellung, daß Mrs. Oliver Barrett im Supermarkt hinter dem Ladentisch stehen würde, und ich hatte Mitleid mit Tony und ihren kindlichen Träumen.
Sie schenkte ihrem Doktor einen großen Teil ihrer Zeit, und ich fand, daß der junge Mann ein sehr gutes Geschäft gemacht hatte. Ob er am Ende siegen würde, war eine offene Frage, aber inzwischen genoß er die unentgeltlichen Dienste einer Hausfrau, Freundin und Krankenschwester.
»Natürlich arbeitet sie viel zu hart«, sagte Miss Adams, »aber sie scheint dabei aufzublühen, und zumindest bekommt sie eine ungefähre Vorstellung von dem Leben, das eine Arztfrau führt — wenn sie wirklich eine Arztfrau wird«. Das zeigte, daß Tantchen meine Zweifel über die Zukunft teilte.
Der Bezirk war natürlich sehr interessiert. Was sie davon hielten, daß Tony halb im Haus ihres Verlobten lebte, weiß ich nicht, aber ich bin sicher, nicht das Schlechteste. Sie hatten Tony sehr gern und mochten ihren jungen Doktor ungeheuer. Über die Verlobung freuten sie sich, und ich hatte die größten Schwierigkeiten, sie davon abzuhalten, diese schreckliche Folge von Parties zu veranstalten, die mit einer >Verlobungsparty< beginnt, dann unbarmherzig zu einem >Tee in der Küche<, zu einem >Kaffee im Badezimmer< und so weiter übergeht. Eigentlich konnte sich auch niemand so viele Geschenke leisten; Tony brauchte sie auch nicht und hätte nie gewollt, daß die Leute Geld für sie ausgaben, und Oliver stand der allgemeinen Zustimmung ziemlich nüchtern und gleichgültig gegenüber. Ich glaube, er machte sich Sorgen über die Reaktion der Öffentlichkeit, wenn sich herausstellte, daß er nicht für immer bleiben würde, und vor allem natürlich über diese Wirkung auf Tony.
Trotz ihrer ganzen Hingabe für den Doktor änderte sich Tonys Verhalten uns gegenüber nicht. Jedes Wochenende ritt sie nach Hause, widerstand Olivers Drängen, sie zu fahren, und war immer noch das liebevolle, begeisterte Kind, das gern alle ihre Erlebnisse erzählte und sich die unsrigen anhörte. Ihre Freundschaft zu Peter behielt sie auch bei, und dieser ruhige Mann schien damit ganz zufrieden zu sein. Manchmal klagte sie natürlich über ihn: »Ich verliere einfach die Geduld mit Peter«, rief sie eines Tages heftig aus, als sie von seiner Farm zurückkam. »Er
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