Geliehene Träume ROTE LATERNE - Band 5 (Rote Laterne Roman) (German Edition)
beide wohl kein Leben. Ich denke, von uns muss jeder seinen Weg allein gehen. Du deinen und ich meinen.«
»Vielleicht heiratet dich die Gardibaldi!«, sagte Lilly.
»Na, hör mal!«, rief er entrüstet aus. »Das wünschst du mir doch nicht allen Ernstes, oder?«
»Du hättest ein feines Leben«, sagte Lilly. »Die hat alle ihre Ehemänner reichlich abgefunden, wie ich gehört habe. Sie sind alle reicher aus diesen Ehen herausgegangen, als sie hineingeschlittert sind. Lange hält die es sowieso bei keinem aus. Dann schießt sie dich in den Wind und gibt dir ein paar ordentliche Millionen mit - Lire, meine ich natürlich.«
»Darauf pfeife ich!«, sagte Ronny.
Er hatte diesen Satz gerade zu Ende gesprochen, als an die Kabinentür geklopft wurde. Lilly sprang auf, lief zur Tür und öffnete.
»Mario ...«, sagte sie atemlos. Er stand draußen, trug das Kostüm eines spanischen Toreros und sah darin einfach hinreißend aus. In seiner Hand hielt er einen Strauß mit zwölf dunkelroten Rosen. Lilly war überwältigt.
»Wo um alles in der Welt haben Sie denn diese Blumen hergezaubert?«, fragte sie.
»Das ist kein Geheimnis«, meinte er lächelnd. »Auf dem Schiff gibt es im Zwischendeck einen Blumenladen. Dort kann man von der Orchidee bis zur Rose alles erwerben, Lilly.«
»Ach«, meinte sie. Und dann: »Ich habe ja nicht mal eine Vase.«
»Nimm den Zahnputzbecher«, schlug Ronny vor.
»Du Barbar!«, rief Lilly entrüstet. »Die schönen Blumen in einen Zahnputzbecher! Also nein - kein bisschen Kultur! Ich werde lieber nach einem Steward läuten, der mir eine Vase bringen soll. Bist du so gut und wartest auf ihn, Ronny? Ich geh' unterdessen mit Mario voraus.«
»Ja, ja, geh nur«, murmelte Ronny zerknirscht. »Ich werde die Blumen hübsch ordentlich in eine Vase stellen. Wir sehen uns ja später.«
Mario bot Lilly den Arm.
Der Ballsaal war bunt geschmückt. Girlanden und Lampions zierten den luxuriös eingerichteten Raum. An der Stirnseite befand sich eine Bühne, auf der sich die Musiker platziert hatten. Die glitzernden Jacketts wirkten ungemein festlich. Überhaupt war für Lilly alles faszinierend. Die Stimmung war ausgelassen, fröhlich und beschwingt.
»Kommen Sie, Lilly, dort drüben habe ich uns einen Tisch reservieren lassen. Wir werden allein sitzen. Ganz allein.«
Lilly kam sich vor, als würde sie über Wolken schweben.
»Ein Gläschen Champagner?«, fragte er raunend.
»O ja«, rief sie und klatschte wie ein Kind begeistert in die Hände. »Liebend gern. Champagner ist mein Lieblingsgetränk!«
»Na, wie reimt sich denn das zusammen? Heute Nachmittag haben Sie mir erzählt, dass Ihnen Champagner - verzeihen Sie mir den Ausdruck - quasi zum Hals heraushängt.«
»Das sage ich immer, wenn ich einmal zuviel davon erwischt habe«, wich Lilly aus.
Sie betraten die lauschige Matrosenbar, in der im schummrigen Licht bereits ein paar Pärchen saßen.
»Es ist alles so romantisch«, sagte Lilly. »Einfach bezaubernd romantisch.«
»Ich freue mich, dass es Ihnen gefällt, obgleich Sie wohl Besseres gewöhnt sind, nicht wahr?«
»Das will ich nicht sagen«, widersprach Lilly großspurig. »Die vielen Bla-Bla-Partys, die Papa gibt, können einem den Nerv töten. Nie hat man Zeit für sich. Überall nur diese Eleganz. Ich finde es hinreißend, dass ich heute einmal anders sein darf, als ich bin.«
Diese Worte entsprachen natürlich nur zum Teil der Wahrheit. Es war richtig, dass sie sich ehrlich darüber freute, einmal anders sein zu dürfen, als sie war ...
Der Champagner funkelte in den Gläsern. Wieder einmal betrachtete Lilly die Perlen, die unentwegt nach oben stiegen. Leise klangen die Gläser aneinander.
»Liebe, zauberhafte Lilly«, hörte sie Mario flüstern. »Wissen Sie, dass ich mich rasend in Sie verliebt habe? Schon im ersten Augenblick, als wir uns kennenlernten. Erinnern Sie sich noch ...«
»Ach ja, ich weiß, unterbrach sie ihn. »Das Missgeschick mit der Handtasche.«
Ganz plötzlich bekam sie ein wenig Furcht. Ihr war, als müsste sie sich auf einmal schämen. Sie hatte diese Lügengeschichte angefangen, aber nun hätte sie ihm liebend gern alles gebeichtet. Wenn er sie wirklich liebte, würde er ihr wohl alles verzeihen - oder doch nicht?
Von Zweifeln geplagt beschloss Lilly schließlich doch, mit ihrer Schwindelei fortzufahren. Was blieb ihr dehn anderes übrig? Aber dessen ungeachtet fürchtete sie sich nun ein wenig davor,-ihre Liebe könnte zu groß und zu mächtig
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