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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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gewesen, hätte er nicht bei einer politischen Versammlung die Bekanntschaft eines schwedischen Gelehrten gemacht, der ihn davon überzeugte, daß man der UdSSR helfen mußte, wenn einem die Sache des Proletariats, des internationalen Sozialismus und des Weltfriedens am Herzen lag.
    Der grausamste Streich, den ihm das Schicksal spielte, war vielleicht, daß Martin, dessen Vater in der Oberschicht, in die er aufgestiegen war, wie die Made im Speck gelebt und ihn auf die teuersten Schulen geschickt hatte, sich einrichten mußte auf die Lebensbedingungen jener Arbeiterklasse, aus der sein Vater aufgestiegen war. Seine Rebellion hatte sich ganz im stillen vollzogen. Die Russen gaben ihm die Möglichkeit, unbemerkt an der Zerstörung einer Gesellschaft zu arbeiten, an der ihm nichts gelegen war. Sein verschwiegenes Wissen gab ihm die Kraft, die Entbehrungen zu ertragen, zu denen ihn seine Verhältnisse zwangen. Die verborgenen Russen und, natürlich, die heimlichen Frauen. In der Tat befriedigte alles die gleiche Begierde, denn wenn kein Ehemann oder Geliebter zu betrügen war, gewährten seine Abenteuer ihm wenig Befriedigung, weder sexuelle noch anderweitige.
    Aus der Nachbarwohnung ertönten plötzlich Klavierklänge.
    Die Häuser waren winzig – vor hundert Jahren für die Landarbeiter der Güter von Kent gebaut – , und die Wände waren dünn. Das Spiel begann mit jenem grandiosen Wühlen in den Tasten, mit dem Kneipenpianisten zur Eröffnung ihrer Darbietungen Eindruck erwecken wollen, dann löste es sich in der Melodie eines Liedes aus dem Ersten Weltkrieg auf, The Roses of Picardy. Das muntere Geklimper bestärkte Fiona in dem Gefühl, das sie schon seit einer Weile irgendwie in eine frühere Zeit zurückversetzte, wo sie, gefangen in der

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    Vergangenheit, abwartete. Es war die lange und
    vielversprechende Frühlingszeit der ersten Jahre des Jahrhunderts, in der sich niemand hatte vorstellen können, daß es jemals kalt werden würde. Nichts wies daraufhin, daß sie nicht in diesem Wohnzimmer zu King Edwards Zeit saßen, im Jahre 1904 vielleicht, als Europa noch jung und unschuldig war, als die Londoner Omnibusse noch mit Pferden bespannt und die HMS Dreadnought noch ungebaut waren, als der permanente Oktober Rußlands noch in der Zukunft lag. »Sie verspäten sich nie«, sagte sie mit einem Blick auf ihre Uhr und legte sich eine Erklärung zurecht, die ihren Ehemann zufriedenstellen würde, wenn der vor ihr zu Hause wäre. »Sie haben ja selten mit ihnen zu tun«, sagte er. »Sie treffen sich ja meistens mit mir, und ich verspäte mich nie.« Sie widersprach nicht. Er hatte recht. Sie traf sich nur sehr selten mit Russen.
    Das Risiko, daß die vom MI5 beschattet wurden, war zu groß.
    »Nimmt man aber mal Kontakt mit ihnen auf, passiert gewöhnlich, was wir jetzt erleben.« Er genoß es, zeigen zu können, wie wichtig er für die Kontakte mit Russen war. Ob sie wollte oder nicht, sie machte sich Sorgen um diesen Russen, der versucht hatte überzulaufen. Er hatte gesehen, daß sie allein war, und sich ihr, wie es schien, einer plötzlichen Eingebung folgend, genähert. Wollte der KGB ihr eine Falle stellen? Sie hatte ihn nur dieses eine Mal gesehen, aber er schien ein so anständiger und aufrichtiger Mann zu sein. »Es muß schwierig sein für jemand wie Blum«, sagte sie.
    »Schwierig in welcher Hinsicht?«
    »In einem fremden Land arbeiten. Jung, ohne seine Frau, einsam. Vielleicht gemieden, weil er Jude ist.«
    »Ich bezweifle das sehr«, sagte er. »Er war dritter Sekretär des Attachés. Er genoß Vertrauen und hatte ein anständiges Gehalt. Das kleine Schwein wollte sich nur wichtig machen.«
    »Ein russischer Jude mit deutschem Namen«, sagte Fiona.
    »Ich frage mich, was ihn motiviert haben mag.«

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    »Den Trick wird er nicht noch mal versuchen«, sagte Martin.
    »Und der Attaché wird einen Anpfiff aus Moskau kriegen, der sich gewaschen hat.« Er belächelte diese Vorstellung zufrieden. »Alles wird über mich laufen, wie es vor Blum üblich war.«
    »Könnte das eine Falle gewesen sein?«
    »Um Ihre Zuverlässigkeit zu testen? Um rauszukriegen, ob Sie Doppelagentin sind und vielleicht doch den Herrschaften vom SIS gehorchen?«
    »Ja«, sagte sie. »Um mich auf die Probe zu stellen.« Sie beobachtete Martin sorgfältig. Bret Rensselaer, ihr Führungsoffizier, der dieses Doppelleben, das sie führte, organisierte, sagte, er sei sich ganz sicher, daß Blum auf Weisung Moskaus handelte.

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