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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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eine herrliche Aussicht auf mächtige Bäume, wogende Hügel und Ackerland. Dies war die englische Landschaft, die die großen englischen Landschaftsmaler inspiriert hatte: bedeutungsschwer und geheimnisvoll trotz ihrer hellen Farben. Das frisch gemähte Gras erfüllte die Luft mit seinem kräftigen Duft. Obwohl normalerweise nicht anfällig für Heufieber, verspürte Bret hier eine Schleimhautreizung. Natürlich war das ein Leiden, daß durch nervöse Anspannung verschlimmert wurde, und es wäre töricht gewesen, der Aussicht auf die Begegnung mit dem Director-General keine Bedeutung für das Ausbrechen dieses Anfalls beizumessen. Durch das mit Spinnweben verhängte Fenster sah man zwei Mannschaften weißgekleideter Jugendlicher die geheimnisvollen Leibesübungen absolvieren, aus denen ein Kricket-Match besteht. Passend zu dem sportlichen Ereignis hatte der D.G. weiße Leinenhosen und ein durch Alter vergilbtes Leinenjackett sowie einen Panamahut gewählt. Platz genommen hatte er auf einem Stuhl, von dem aus er das Spiel im Auge behalten konnte. Zu diesem Zweck hatte er auch seine Seite des Fensters blank gewischt, Bret beobachtete die Szene durch die schmutzige Scheibe. Bret stand, den ihm angebotenen gepolsterten Sitz auf einem Ölfaß hatte er dankend abgelehnt. Er versuchte, dem Spiel wenigstens

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    mit einem Teil seiner Aufmerksamkeit zu folgen, denn ab und zu kam der D.G. darauf zu sprechen und erkundigte sich nach Brets Meinung über den Spielverlauf. »Wenn man’s dem Ehemann erzählt«, sagte der D.G. und schüttelte traurig den Kopf, »ist’s kein Geheimnis mehr.« Bret antwortete nicht gleich. Er beobachtete den linken Schlagmann, der in Erwartung des Balls mit dem Schläger auf den Boden klopfte.
    Die Fänger waren in Erwartung scharfer Bälle über das ganze Feld verteilt. Bret wandte sich dem D.G. zu. Er hatte ihm schon deutlich zu verstehen gegeben, daß seines Erachtens Fiona Samsons Mann in alles eingeweiht werden mußte: daß sie Doppelagentin war und demnächst auf die andere Seite wechseln sollte. »Ich sehe sie heute noch«, sagte Bret. Er hoffte, die Einwilligung des D.G. zu erhalten, und würde dann auch Bernard Samson instruieren. Dann würde heute abend alles erledigt sein.
    »Was machen Sie zur Zeit mit ihr?« fragte der D.G. Bret ging ein paar Schritte zur Seite und drehte sich dann um.
    Angesichts dieses charakteristischen Manövers war dem D.G.
    klar, daß er, wenn er ihn nicht gleich im Keim erstickte, nunmehr einen von Brets berühmten Vorträgen würde über sich ergehen lassen müssen. Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück und wartete auf eine Gelegenheit zu unterbrechen. Bret hatte niemand anderen, dem er Sachen erklären konnte. Der D.G. wußte, daß er die Pflicht, sich von Zeit zu Zeit Brets Sorgen anzuhören, nicht delegieren konnte.
    »Wenn wir sie die Rolle spielen lassen wollen, in der sie’s schafft, einen Coup von der Sorte zu landen, der uns beiden vorschwebt, können wir den Gang der Dinge nicht einfach dem Zufall überlassen.«
    »Bravo!« sagte der D.G. was sich auf einen Ball bezog, der eben bis ans fernste Ende des Spielfelds geschlagen worden war. Er wandte sich Bret zu und lächelte. »Wir haben nicht allzuviel Zeit, Bret.«

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    »Wir brauchen Jahre, Direktor, zehn, vielleicht zwölf.«
    »Ist das Ihre wohlerwogene Meinung?«
    Bret sah den alten Mann an. Sie wußten beide, was er dachte. Er wollte, daß Fiona Samson ihre große Rolle spielte, ehe er in Pension ging. Das bescheidene, zurückhaltende Auftreten, das sein Modus operandi war, täuschte, er wollte Ruhm. »Ja, allerdings, Sir Henry.«
    »Ich hatte gehofft, daß es etwas schneller gehen würde.«
    »Sir Henry, was Moskau betrifft, ist Frau Samson nichts weiter als eine Agentin in Stellung. Bisher hat sie nichts geleistet. Sie hat noch nie was geliefert.«
    »An was dachten Sie?«
    »Sie sollte nach Berlin versetzt werden. Ich möchte ihnen Gelegenheit geben, sie etwas mehr aus der Nähe
    kennenzulernen.«
    »Das würde den Gang der Dinge aber beschleunigen. Sie würden anfangen, darauf zu drängen, daß sie rüberkommt.«
    »Nein, sie wollen sie in London haben, wo die großen Sachen laufen.« Bret zog sein Taschentuch und putzte sich verschämt die Nase, wobei er sowenig Geräusch wie möglich machte. »Verzeihen Sie, Sir Henry. Ich glaube, dieses frisch gemähte Gras …«
    »Warum aber dann Berlin …?«
    »Sie wird irgendwas für sie tun müssen.« Der D.G. sah ihn an und verzog das

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