Gelinkt
einsperren
lassen«, sagte Renn einfach. Fiona liefs kalt den Rücken
hinunter.
»Haben Sie eine Ahnung, was Oberst Moskwin
vorgeworfen wird?«
»Schwere Verbrechen«, sagte Renn.
»Was sind schwere Verbrechen?«
»Die gegen Oberst Moskwin erhobenen Beschuldigungen
sollten wir lieber nicht erörtern.«
»Ich habe gehört, daß der Oberst zahlreiche einflußreiche
Freunde in Moskau hat«, sagte Fiona.
Renn stand still. Für einen Augenblick dachte Fiona, er
würde mit einer gemurmelten Entschuldigung das Büro
verlassen – wie er’s schon manchmal getan, wenn sie ihn mit
Fragen bedrängt hatte, die er nicht beantworten wollte –, aber
das tat er nicht. Renn ging um den Tisch herum und stellte sich
an ihre Seite. »Major Erich Stinnes ist in London und führt den
englischen Geheimdienst an der Nase herum und stiftet eine
Menge Verwirrung, wovon ich nicht die geringste Ahnung
habe. Oberst Moskwin ist ebenfalls in England zur
Unterstützung der Operation. Moskau war sehr unglücklich
über den Tod des Engländers in dem Haus in Bosham. Oberst
Moskwin hat seine Kompetenzen überschritten. Man hat die
Untersuchung jetzt abgehalten, weil er gegenwärtig nicht
greifbar ist. Der Oberst steht nun vor dem Problem, daß, im
Falle die Londoner Operation gutgeht, dies dem Mut, der
Geschicklichkeit und dem Einfallsreichtum des Majors Erich
Stinnes zugute gehalten werden wird. Geht was schief, wird
man Oberst Moskwin die Schuld geben.« Renn sah sie an und
fuhr dann eilig fort. »Und so sind Sie inzwischen der
mächtigste Offizier in der Sektion.« Renn richtete seinen Blick
auf sie. Sie hatte noch immer nicht vollkommen verstanden,
also erklärte er weiter: »Leutnant Bakuschin weiß das. Er wird
Ihre Aussage anhören unter der Voraussetzung, daß auch Sie
Bescheid wissen.«
»Sie meinen, Bakuschin wird von mir erwarten, daß ich mit
meinen Aussagen helfen soll, Oberst Moskwin, wessen auch
immer er angeklagt ist, zu überführen, um das Kommando zu
übernehmen?«
»Frau Direktor, es laufen alle möglichen wilden Gerüchte
um. So heißt es, daß Oberst Moskwin schon seit langem für die
Briten arbeitet. Auch Mrs. Keller wird beschuldigt. Sie
erinnern sich ihrer vielleicht von meiner
Geburtstagsgesellschaft. Sie ist mit ihrem Sohn in den Westen
geflohen, anscheinend mit Hilfe gefälschter Pässe des
Vereinigten Königreichs.« Renn lächelte, um etwas von der
Spannung zu lösen, die er empfand. »Ich bin überzeugt, daß die
Moskauer Untersuchung Oberst Moskwins Unschuld erweisen
wird. Er hat Freunde und Verwandte in hohen Stellungen in
Moskau. Ich weiß, wie das System funktioniert. Der Leutnant
sammelt Beweismaterial für die Untersuchung. Vorsicht ist
geboten, wenn Sie mit ihm reden.«
Fiona holte tief Atem. »Haben Sie jemals Alice im
Wunderland gelesen, Herr Renn?«
»Ist das ein englisches Buch? Nein, ich glaube nicht.«
Höflich, aber eilig ließ er Alice auf sich beruhen. »Das aber,
Frau Direktor, bedeutet, daß Sie die Entscheidung über das
Treffen in Holland fallen müssen. Niemand sonst hat
Vollmacht, die Anordnungen zu unterzeichnen. Denn Moskwin
und Stinnes sind nicht da. und wir brauchen jemanden in
leitender Stellung, der fließend Englisch spricht. Ich hoffe, daß
man nicht jemanden aus einer anderen Einheit wird mit der
Sache befassen müssen.«
»Das wird nicht geschehen, wenn wir es verhindern
können«, sagte Fiona. »Aber für mein Zögern werden Sie
gewiß Verständnis haben, Herr Renn.«
»Sie gehen also?« fragte Renn.
»Ich glaube nicht«, sagte Fiona. Sie wollte gehen; ein
Ausflug in den Westen – nur um vierundzwanzig Stunden
dessen Luft zu atmen – würde ihr neue Lebenskraft geben.
»Wenn Sie die Verhaftung fürchten, kann ich Ihnen
Diplomatenpapiere besorgen.«
»Nein.«
»Wer kommt sonst in Frage?«
Sie sah ihn an. Sie hatte darüber nachgedacht, und es hatte
sie gereizt, aber nun, da Renn die Frage offen stellte, hatte sie
keine Antwort parat. »Ich werde die Normannenstraße
verständigen müssen. Die sollen das entscheiden.«
Renn nahm von Fionas Schreibtisch eine
Kunststoffschachtel mit weichen Disketten, die dort auf den
Büroboten wartete, und spielte damit. »Davon würde ich
abraten, Frau Direktor«, sagte Renn mit abgewandtem Blick
und rot im Gesicht, angesichts der Peinlichkeit einer so offenen
Rebellion.
»Nur sicherheitshalber. Technisch sind wir ihnen doch
unterstellt.«
»Frau Direktor, wenn Sie Instruktionen in der
Normannenstraße einholen und noch dazu in einer rein
operativen
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