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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Ärgerliche an diesen alten Adelssitzen, sie konnten meist nicht anständig beheizt werden. Bret wünschte, er hätte sich wärmer, wenn auch weniger förmlich angezogen. Ein Tweed-Jackett vielleicht. Sir Henry hätte das vermutlich nicht übel vermerkt, wohl nicht einmal gemerkt.
    Der D.G. sah Bret prüfend an, ob da vielleicht Sarkasmus mit im Spiel war. Das war nicht der Fall. Diese Bemerkung war vielmehr nur ein weiteres Beispiel des immer unmittelbar zur Sache kommenden amerikanischen Stils, der Bret so vorzüglich befähigen würde, einen wirklich vielversprechenden Doppelagenten zu betreuen. Sir Henry ließ Bret den ganzen Zauber seiner Verbindlichkeit fühlen. »Schließlich haben Sie diese Sache in Gang gebracht, Bret. Als Sie vor ein paar Wochen die Idee vom Stapel laufen ließen, habe ich, um die Wahrheit zu sagen, nicht viel davon gehalten. Aber ich habe angefangen, mich nach möglichen Kandidaten umzusehen, und dann ist verschiedenes passiert, in dessen Licht mir, was Sie vorschlugen, zunehmend denkbar erschien. Sagen wir einfach, daß es mit einmal so aussah, als wollte die andere Seite anbeißen. Eine Möglichkeit, das ist alles.«
    Bret glaubte zwischen dem Gesagten heraushören zu können, daß schon in allzu vielen derartigen Situationen die Russen den Köder verschlungen und dem Department nur den nackten Angelhaken gelassen hatten. Alles deutete darauf hin, daß die Russen es besser verstanden, Agenten umzudrehen, als ihre Gegner, Agenten zu führen. »Aber eine Frau …«, sagte Bret, um dem D.G. seinen anderen Vorbehalt in Erinnerung zu rufen. »Eine außerordentliche Frau, eine hochintelligente und schöne Frau«, sagte der D.G.
    »Miss X.« Die hartnäckige Weigerung des D.G. ihm die Identität der für diese Rolle vorgesehenen Aktrice zu enthüllen, fand Bret ziemlich demütigend. Er hatte erwartet, bei der Besetzung zu Rate gezogen zu werden. »Mrs. X. um genau zu sein.«
    »Ein Grund mehr, aus dem die Russkis sie da drüben nicht werden haben wollen. Die haben doch noch ganz patriarchalische Strukturen, und der KGB ist die Institution, wo diesbezügliche Veränderungen am wenigsten zu erwarten sind.«
    »Ich bin mir nicht sicher, da mit Ihnen einer Meinung zu sein, Bret.« Der D.G. erlaubte sich ein kleines Lächeln. »Sie sind schon dabei, sich zu ändern. Wie vermutlich wir alle.« Der bedauernde Ton war unüberhörbar. »Aber mir scheint, daß wir in diesem Fall von ihrer Neigung, am Althergebrachten festzuhalten, nur profitieren können. Sie werden gerade deshalb niemals den Verdacht hegen, daß wir versuchen könnten, ihnen eine Frau in das Komitee zu setzen.«
    »Nein. Ich schätze, Sie haben recht, Sir Henry.« Nun war es an Bret, erstaunt zu sein. Ihm gefiel es, wie der alte Mann die Probleme anging. Es gab ja Leute, die sagten, daß der D.G. nicht mehr ganz auf der Höhe sei – und manchmal schien dieser selbst nach Kräften bemüht, dieses Mißverständnis zu bestätigen –, aber Bret wußte aus eigener Erfahrung, daß der alte Mann, wo es um die großen Züge der Strategie ging, einen Scharfsinn bewies, der verschlungene Pfade und krumme Touren nicht verschmähte. Deshalb hatte Bret die Idee, einen Mann in den Kreml einzuschleusen, ja auch Sir Henry persönlich vorgetragen.
    Der alte Mann beugte sich vor. Die höflichen Präliminarien neigten sich, wie der Abend, dem Ende zu. Nun sprachen sie als Herr und Knecht. »Wir beide kennen die Gefahren und Schwierigkeiten der Arbeit mit Doppelagenten. Das Department liegt voller Leichen von Leuten, die ihre Gedanken mißverstanden haben.«
    »Das folgt fast zwangsläufig aus der Aufgabenstellung«, sagte Bret. »Mit der Zeit fällt es einem Doppelagenten immer schwerer, sich darüber im klaren zu sein, welcher Seite er eigentlich Loyalität schuldet.«
    »Sie vergessen, welche Seite welche ist«, sagte der D.G. mitfühlend. Er griff nach einem Minzbonbon mit Schokoladenüberzug und wickelte ihn sorgfältig aus dem Papier. Dieser teuflische Versuch, nach dem Essen auf die Zigarre zu verzichten. »Deshalb muß ihnen jemand die Hand halten, ihnen in den Kopf kriechen und dafür sorgen, daß sie politisch motiviert bleiben. Das haben wir von den Russen gelernt, Bret, und ich bin sicher, daß es richtig ist.«
    »Aber ich habe nie daran gedacht, selbst Führungsoffizier zu werden«, sagte Bret. »Ich habe keine Erfahrung.« Er sagte das beiläufig, ohne die Betonung, die er auf die Feststellung gelegt hätte, wenn er entschlossen gewesen

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