Gelinkt
Mrs. X. da drüben, jemanden, der für uns die geheimen Polizeiakten liest und uns sagt, wo die wirksame Opposition ist, wen wir also ansprechen, wohin wir gehen, wo wir Druck machen müssen.«
»Sagen Sie mir das noch mal. Sie soll also …?«
»Sie soll sich Zugang zu den Akten des KGB über Oppositionsgruppen verschaffen, ermitteln, wie diese sich zusammensetzen und wie sie operieren, Kirchengruppen, Demokraten, Liberale, Faschisten, sogar Reformkommunisten. Das ist der beste Weg, um herauszufinden, mit wem wir zusammenarbeiten sollten und wen wir zu einer echten Opposition aufbauen. Wir müssen auch wissen, wie die russische Armee auf verbreiteten politischen Dissens reagieren würde.«
»Sie sind der richtige Mann für Mrs. X.«, sagte Sir Henry. Er erinnerte sich, den Premierminister einmal sagen gehört zu haben, daß im Grunde seines Herzens jeder Russe Schachspieler ist, jeder Amerikaner ein Public-RelationsExperte. Nun, Bret Rensselaers Eifer widerlegte das keinesfalls. Die Verwegenheit des Plans war im Verein mit Brets Begeisterung schon hinreichend, ihn davon zu überzeugen, daß das Ganze einen Versuch wert war.
Bret quittierte das Kompliment mit einem Nicken. Er wußte, daß noch andere Erwägungen die Entscheidung des alten Mannes beeinflußt hatten. Bret war Amerikaner. Und wenn Sir Henry von Brets Prognosen über die ostdeutsche Wirtschaft überzeugt war, mußte für die Betreuung des Agenten seine Wahl auch auf Bret fallen. Er hatte ein ganzes Büro voller Experten für Statistik, Bankwesen, Wirtschaft, sogar einen Experten für Gruppen- und Permutationstheorie, den er den Spezialisten für Untergrundbewegungen ausgespannt hatte. Brets Abteilung für Wirtschaftsanalyse war ein florierendes Unternehmen. Eine perfekte Tarnung für einen Führungsoffizier. Und da eine Frau im Spiel war, hatte Bret noch einen anderen Vorzug: Er konnte sich jetzt, da er von seiner Frau getrennt war, in Gesellschaft einer »hochintelligenten und schönen Frau« zeigen, ohne daß jemand auf den Gedanken käme, daß sie dienstlich miteinander zu tun hätten.
»Ich nehme an, daß Mrs. X. schon seit einer ganzen Weile ohne Führungsoffizier zurechtkommt?«
»Ja, weil Silas Gaunt sich um sie kümmert. Sie wissen ja, wie Gaunt ist. Er nötigte mir die Zusicherung ab, daß die Sache nirgends aktenkundig sein würde und er der einzige Kontakt.«
»Buchstäblich der einzige Kontakt«, sagte Bret, ohne sich träumen zu lassen, daß sich’s tatsächlich so verhalten könnte. »Buchstäblich.«
»Großer Gott! Aber warum …«
»… soll jetzt jemand anders mit der Sache befaßt werden? Das kann ich Ihnen erklären. Gaunt kommt jetzt nur noch einmal monatlich in die Stadt, und ich habe das Gefühl, daß sogar das eigentlich schon zuviel für ihn ist.«
Und natürlich war Silas Gaunt ein überzeugter Verfechter jenes vom Geist der Public Schools getragenen Amateurethos, das der D.G. inzwischen anscheinend verworfen hatte. »Ist irgendwas passiert?«
Brets Reaktion bestätigte den D.G. in der Überzeugung, daß er für diesen Job der richtige Mann sei. Bret hatte Instinkt. »Ja. Es ist was passiert. Irgendein elender Russe will überlaufen.«
»Und?«
Der D.G. nahm einen Schluck Whisky, ehe er sagte: »Und er hat sich an Mrs. X. gewandt. Er hat sie beiseite genommen auf einem dieser inoffiziellen Treffen, die die Leute vom Foreign Office so gern zwischen uns und unseren russischen Freunden veranstalten. Noch nie ist meines Wissens was Gutes dabei herausgekommen.«
»Ein Mann vom KGB will überlaufen?« Bret lachte.
»Ja, es ist ein guter Witz«, sagte der D.G. bitter. »Ich wünschte, ich wäre in der Lage, mir leisten zu können, da mitzulachen.«
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte Bret. »Handelt sich’s um einen hohen Dienstgrad?«
»Ziemlich«, sagte der D.G. vorsichtig. »Sein Name ist Blum. Dritter Sekretär soll er sein im Büro des Militärattachés. Man kann fast sicher sein, daß er beim KGB ist. Der Kontakt wurde übrigens unter absolut sicheren Umständen geschlossen«, fügte er hinzu.
»Sie wird’s ihnen sagen müssen«, sagte Bret, ohne zu zögern. »Absolut sicher oder nicht, sie wird ihn ans Messer liefern müssen.«
»Hmm.« Bret Rensselaer war durch und durch kaltblütig, dachte der D.G. Das macht einem den Mann nicht gerade sympathisch, empfahl ihn aber um so mehr für den Job. »Jedenfalls wenn Sie nicht all diese Jahre guter Arbeit zum Teufel gehen lassen wollen.«
»Sie kennen noch nicht alle Umstände,
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